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Gerhard Richter und Sigmar PolkeDie „Giganten des Rheinlands“ im Museum Morsbroich

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Leverkusen – Es ist ein bemerkenswerter Satz, der genau zeigt, wie diese beiden Typen zu Beginn ihrer Karriere tickten: „Wir können uns nicht darauf verlassen, dass eines Tages gute Bilder gemalt werden“, sagten Gerhard Richter und Sigmar Polke im Jahre 1966 unisono und schlussfolgerten: „Wir müssen die Sache selber in die Hand nehmen.“ Aus diesen Worten sprechen junge Freigeister. Aus ihnen sprechen Draufgängertum, die Lust am Provozieren, eine gehörige Portion Humor, ein wenig Naivität. Und Seher-Fähigkeiten.

Vor allem die, denn: Damals waren die beiden Freunde Richter und Polke als Studenten der Düsseldorfer Kunstakademie zwar noch gänzlich unbekannte Kreative, deren späterer Status in der Kunstwelt noch nicht abzusehen war. Wer indes mit dem Wissen um das Heute – um das, was später geschehen sollte – in die Ausstellung „Schöne Bescherung“ geht, der muss erkennen, dass sich schon zur Zeit, als dieser geradezu unverschämte Satz fiel, abzeichnete, wie groß Richter und Polke einmal werden würden.

Rückkehr des Tigers

Die „Giganten des Rheinlands“, wie sie Museumsdirektor Markus Heinzelmann nennt, waren letztlich wohl ein bisschen wie der Scheinriese Herr Tur Tur aus Michael Endes Jugendbuch „Jim Knopf“: Wenn sie vor einem standen, sah das Gegenüber ganz normale Kunstbeginner. Doch je weiter das Duo in Richtung Horizont – gleichzusetzen mit der Zukunft – ging, desto größer wurden die beiden.

Alles zum Thema Gerhard Richter

„Schöne Bescherung“, die am morgigen Sonntag eröffnet wird, zeigt frühe Arbeiten der Künstler aus den 60er- bis 80er-Jahren. Die Ausstellung umfasst dabei zu einem Drittel Arbeiten aus der hauseigene Sammlung des Museums und zu zwei Dritteln Leihgaben von Privatsammlern aus Nordrhein-Westfalen sowie Italien. Und all das zusammengenommen ergibt ein Feuerwerk der Ideen. „Schöne Bescherung“ ist ein Blick in die Köpfe zweier Kreativer, die miteinander als Kumpel mangelten, sich aneinander rieben und sich gegenseitig inspirierten und denen dabei die Synapsen im Hirn vor lauter Lust am Zeichnen, Malen, Collagieren reihenweise explodiert sein müssen.

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Polke bearbeitete Comicbücher, indem er deren Seiten mit Zeitungsausschnitten beklebte und die Protagonisten somit in verrückte, völlig aus dem Zusammenhang gerissene Geschichten versetzte. Richter wiederum rückte schon damals die Fotografie in den Vordergrund seiner Kunst – und das mitunter auf radikale Weise: Er lichtete sich und Polke per Selbstauslöser beim Herumlümmeln in Hotelzimmern ab und schuf damit eine Art frühes Selfie. Er zeigte das diffuse weil unscharfe Gesicht der britische Queen und nahm damit schon früh den in den Medien um sich greifenden Starkult aufs Korn. Seine „Teyde-Landschaft“ wiederum von 1971 lässt aus banaler Fotografie eine Hommage an die Romantik eines Caspar David Friedrich werden.

Und auch der „Tiger“ in all seiner Anmut und von Richter 1965 auf die Leinwand gebannten Ästhetik ist nun dabei. Das Bild aus der Sammlung des Museums wanderte in den vergangenen Jahren – wenn es nicht gerade als Schmuckstück isoliert in der Vorstandsetage der hiesigen Sparkasse hing – als Leihgabe durch die Museen der Welt. Und es forderte genau deshalb hysterische Diskussionen darüber hinaus, inwiefern eine solche millionenschwere Kostbarkeit den Leverkusener Bürgern dauerhaft offen zugänglich gemacht werden müsse. Jetzt hängt er da. Schon beim Besichtigungstermin für die Presse klicken die Kameras wie wild. Und alle können fortan einen Blick auf das Tier werfen.

Dennoch ist trotz des Tigers die Gegenüberstellung von Polkes Klecksografien und Richters späten „November“-Bilder an den Wänden des knapp 20 Meter langen Raumes im Obergeschoss des Museums der Höhepunkt dieser Schau: Polke sammelte in den 80ern zufällig entstanden Muster aus Farbklecksen auf den Blättern eines abgewetzten Spiralblocks, wo aus ihnen stellenweise kleine, cartoonartige Geschichten wurden. Richter ließ Jahre später, 2008, Tinte durch saugfähiges Papier dringen und stellte die dadurch auf Vorder- wie Rückseite entstandenen Muster gegenüber.

Auch wenn Richter und der 2010 verstorbene Polke mit der Zeit immer weniger miteinander zu tun hatten und davon auszugehen ist, dass aus Freundschaft Bekanntschaft wurde: Hier im Museum, bei dieser Gegenüberstellung, springen Gemeinsamkeiten, gegenseitige Inspiration und Bruderschaft im Geiste von Wand zu Wand.

„Schöne Bescherung“ wird am Sonntag, 13. März, um 12 Uhr eröffnet. Gerhard Richter ist derzeit auf Reisen und wird nicht anwesend sein. Die Ausstellung in der Grafiketage des Museums ist bis zum 28. August zu sehen. Alle Informationen dazu gibt es im Internet (siehe unten). Auf der Facebook-Seite des Schlosses im Internet findet sich zudem der Link zu einer Online-Petition für den Erhalt des Museums, das ja zuletzt im Rahmen der Spardiskussion in der Stadt in die Diskussion geraten war.

www.museum-morsbroich.de