Leverkusen – Das bislang überwiegend schöne Frühlingswetter und die mangelnde, coronabedingte Auswahl an Aktivitäten hinterlassen Spuren: Die Ärzte der Klinik für Orthopädie, Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie am Klinikum in Schlebusch haben aktuell verstärkt mit Freizeitunfällen zu tun. „Das alte Skateboard, die Inline Skates oder das Fahrrad werden für Touren aus den Kellern und Garagen geholt und nach Jahren mal wieder benutzt. Ich kann nur empfehlen, sich langsam an die alte Sportart heranzutrauen und Gelenkschoner zu tragen“, sagt Leonard Bastian, Direktor der Orthopädischen Klinik.
Er operierte kürzlich eine Patientin am Sprunggelenk, die beim Longboardfahren gestürzt war. Eine andere Patientin hatte ihren Mann beauftragt, den Kellerschacht zu reinigen und war dabei selbst in den offenen Schacht gefallen, berichtet das Klinikum. Die Konsequenz war ein komplizierter Oberschenkelbruch, der operiert werden musste.
Doch das sind nicht die einzigen Entwicklungen: In den vergangenen Wochen verzeichnet das Klinikum Leverkusen mehr Fälle von älteren Menschen in Corona-Isolation, die tagelang unbemerkt verletzt in ihrer Wohnung gelegen haben. „Teilweise beunruhigend“ empfindet Florian Walrafen, Leiter der Zentralambulanz, diese Tendenz. Es habe Fälle gegeben, wo eine Person bis zu zwei Tage in ihrer Wohnung ausharren musste, bis es jemandem auffiel. So etwas gebe es in normalen Zeiten auch, betont er, doch man könne eine leichte Zunahme beobachten.
Die Folgen: Nicht nur Knochenbrüche, Druckstellen, Muskelzerfall, Dehydrierung oder Unterkühlung, sondern auch „massive Verängstigung“, wie er erklärt. „Zu den körperlichen Verletzungen kommt noch eine große psychische Belastung hinzu. Die Erfahrung hilflos auf dem Boden zu liegen und sich nicht bemerkbar machen zu können, müssen die älteren Menschen zusätzlich verarbeiten.“ Walrafen appelliert an die Bürger: „Wir müssen aktuell besonders gut auf ältere Menschen aufpassen und vermehrt nachschauen, ob alles in Ordnung ist“ – natürlich unter Hygienemaßnahmen.
Die Notfallambulanz des Klinikums verzeichnet wieder „zunehmende Zahlen“, man sei jetzt auf einem Niveau von 60 bis 80 Prozent im Vergleich zu Vor-Corona, erklärt Walrafen und begründet das mit den gelockerten Maßnahmen in der Öffentlichkeit, aber auch damit, dass seiner Meinung nach mittlerweile durchgedrungen sei, dass man sich durch den Besuch der Ambulanz keiner erhöhten Gefahr einer Corona-Ansteckung aussetzt. Aktuell betreten sowieso nicht mehr vorrangig Leute mit Symptomen, die befürchten, sich infiziert zu haben, die Notfallambulanz. Hier greifen die mittlerweile etablierten veränderten Strukturen für Corona-Verdachtsfälle. Aktuell würden mehr Patienten mit schweren Erkrankungen der Verletzungen in die Notaufnahme kommen. „Die Zahl der Menschen, die sonst mit kleineren »Wehwehchen« oder leichteren Erkrankungen zu uns gekommen wären, ist deutlich vermindert“, erläutert Walrafen.
Doch auch nach wie vor ist die gegenteilige Entwicklung zu beobachten: „Patienten haben mit Beschwerden, die klar auf einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt hinweisen, zum Teil erst viel zu spät ihren Arzt oder den Rettungsdienst alarmiert“, sagt er. Auf Nachfrage sei Angst vor dem Coronavirus als Ursache angegeben worden. Der Leiter der Notfallambulanz wird nicht müde zu betonen: Im Zweifelsfall sei es ihm lieber, wenn zu viele Patienten mit leichten Erkrankungen kämen, als wenn die, die schwer erkrankt sind, zu Hause blieben.