Sport ist ihr Leben: Marathonläuferin Olesja Scherrer will mit einem künstlichen Kniegelenk weiter Langstrecken bewältigen.
Im Klinikum Leverkusen operiert43-jährige Olympiateilnehmerin läuft jetzt mit künstlichem Knie

Olesja Scherrer (links), Marathonläuferin, hat im Klinikum Leverkusen ein künstliches Knie bekommen und führt Rehaübungen aus. Carmen Wagner-Haberstock, Leitende Physiotherapeutin vom Medilev, gibt Hilfestellung.
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Nach zwölf Knie-Operationen hat Olesja Scherrer die Reißlinie gezogen. Die vierfache Olympiateilnehmerin, die seit ihrem 15. Lebensjahr Leichtathletik macht, hatte jahrelang Schmerzmittel genommen und Darmprobleme in Kauf genommen: Alles, solange sie weiter laufen konnte. Doch irgendwann ging es nicht mehr. „Wenn man mir den Sport nimmt, ist mein Leben vorbei“, sagt die 43-Jährige. Und entschied sich im vorigen Herbst, sich ein künstliches Kniegelenk einsetzen zu lassen.
Dass ihr Knie die Sportlerin nicht ein Leben lang tragen würde, war klar, seit sie mit 19 einen Unfall auf einer Schlittschuhbahn hatte. Scherrer trug die Einsicht damals mit Fassung: „Dann ist das halt so, jeder hat eine Last zu tragen. Ich wusste, ich kann es weit schaffen.“ Und ihr Knie trug sie weit: Viermal nahm sie an den Olympischen Spielen teil und lief den Marathon, Bestzeit 2:36 Stunden. Als sie sich für Paris 2024 qualifizieren wollte, reichte es aber nicht: Sie hatte Schmerzen im Knie. Also entschied sie sich zur Operation. Scherrer, die in Köln wohnt, aber als Fachkinderkrankenschwester im Klinikum Leverkusen arbeitet, beschloss, sich direkt bei ihrem Arbeitgeber behandeln zu lassen.
Leverkusen: Läuferin will auch beim EVL-Lauf teilnehmen
Mithilfe eines Roboterarms, den das Klinikum mittlerweile seit knapp einem Jahr im Einsatz hat, bekam sie bei der OP Ende November ein neues Gelenk. Nach zwei Wochen konnte sie auf Schmerzmittel verzichten, berichtet Scherrer. Schon zwei Stunden nach der Operation begann sie mit ersten Mobilisierungsübungen. Da sie neben ihrem Job im Krankenhaus auch als Personal Trainer und Sporttherapeutin selbstständig ist, konnte sie die Rehaübungen meist im eigenen Studio machen.
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Olesja Scherrer bei einem früheren EVL-Halbmarathon
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Nach einem Snowboardurlaub im Februar, wo sie ihr neues Knie getestet hat, will sie im März wieder mit Laufen anfangen: damit sie im Frühsommer beim „Night Marathon“ in Luxemburg und pünktlich zum EVL-Halbmarathon in Leverkusen im Juni wieder an der Startlinie stehen kann.
Einschränkungen sind für die Sportlerin kein Thema. Braucht sie auch nicht. Mit dem künstlichen Knie kann sie alles machen, auch wenn man durch eine größere Belastung damit rechnen müsse, dass die Prothese nicht so lange hält. Das erklärt Leonard Bastian, Leiter der Orthopädischen Klinik in Schlebusch. Und ja, es sei auch möglich, dass eine Prothese locker werde, sagt er. Olesja Scherrer will es aber riskieren: Das Gefühl, „am Ziel anzukommen und sich selber zu toppen“ sei einfach toll, erzählt sie.
Roboterarm auch bei Hüft-OPs im Einsatz
Das Klinikum will den robotergestützten Arm demnächst auch bei Hüftoperationen einsetzen, so Leonard Bastian, Leiter der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er rechnet mit knapp 500 Hüft- und Knieoperationen in seinem Haus in diesem Jahr. Dass seine Klinik solche Operationen durchführen darf, hat sie einem Bewusstseinswandel im NRW-Gesundheitsministerium zu verdanken.
Ursprünglich hatte es im Zuge der Krankenhausreform dem Klinikum nicht zuerkannt, dass es weiterhin künstliche Knie- und Hüftprothesen einsetzen dürfe. Die Nachricht aus Düsseldorf kam kurz nachdem das Klinikum den Roboterarm für knapp eine Million Euro geleast hatte. „Das ist schlecht, hab ich gedacht“, räumt Bastian ein. Dann wurde wenige Monate später doch noch grünes Licht gegeben, allerdings ist die Zusage befristet, nur bis Ende 2026, was das Klinikum unter Druck setzt.
In der Vergangenheit gab es immer wieder Diskussionen, ob in Deutschland nicht zu viele künstliche Hüft- und Kniegelenke eingesetzt werden. Laut OECD belegt Deutschland in den vergangenen Jahren regelmäßig Spitzenplätze bei den Fallzahlen sowohl im europäischen als auch im weltweiten Vergleich und liegt sehr deutlich über dem OECD-Länderdurchschnitt. Selbst, wenn man statistisch versucht, das Alter der Bevölkerung herauszurechnen, bleiben die Zahlen in Deutschland vergleichsweise hoch, darauf weist die OECD in ihrem Gesundheitsreport von 2023 hin. Ein Faktor könnte ein finanzieller sein: Hüft- und Knieoperationen gelten als relativ lukrativ für Kliniken. (aga)