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Prozess21-jähriger Leverkusener Dealer muss vier Jahre ins Gefängnis

Lesezeit 3 Minuten
Ein Hinweisschild am Kölner Justizzentrum

Das Amts- und Landgericht in Köln

Der junge Mann aus Lützenkirchen bekommt außerdem eine lange Therapie und bleibt zunächst in Haft.

Alles „minderschwere Fälle“ im Sinne des Strafgesetzbuches? Nein, findet die Staatsanwältin mit Blick auf Navid M. (Name geändert). Auch die Jugend des Mannes gibt für die Anklagevertreterin nur wenig Ausschlag. Und das Geständnis, das der 21-Jährige am Mittwoch zu Beginn des Prozesses wegen Besitz von und Handel mit Marihuana und Kokain abgelegt hatte, habe auch so seine Makel: Vor allem mit Blick auf die Waffen, die bei drei Hausdurchsuchungen gefunden wurden. Eine Zwille und Messer waren das. Für die Staatsanwältin sieht es so aus: Der junge Mann ist nicht so friedliebend, wie er es behauptet hatte.

Das alles führt zu einer Forderung, die von der Mutter und der neuerdings mit Navid M. verlobten jungen Frau mit Bestürzung aufgenommen wird: Sechseinhalb Jahre soll der 21-Jährige hinter Gitter; die ersten 18 Monate sollen für eine Drogentherapie reserviert sein.

Die 8. Große Strafkammer am Kölner Landgericht folgt dem nicht in Gänze. Das Urteil lautet vier Jahre. Aber es heißt auch mit Blick auf die Einschätzung der Staatsanwaltschaft: Es sei „alles andere als fernliegend“. Außerdem muss sich der junge Mann einem Drogenentzug unterwerfen.

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Ohne Therapie hat der junge Mann keine Chance

Dazu hatte Gutachter Christian Borgböhmer zuvor dringend geraten. Der Leverkusener sei außergewöhnlich früh mit Drogen in Kontakt geraten. Auch, dass die Kontakte mit der Polizei ihn nicht vom Konsum abhielten, sei ein schlechtes Zeichen. Bis zu seiner Inhaftierung habe er weiter Marihuana und Kokain genommen, wobei die weichere offenbar die Alltagsdroge war. Fünf bis sieben Gramm am Tag war nach Aussage von Navid M. die Dosis; Kokain habe er alle zwei Tage genommen – dann ein bis eineinhalb Gramm.

Zum Handel mit Drogen sei er gekommen, um seine Sucht zu finanzieren, hatte Navid M. ausgesagt. Sonderlich professionell scheint er tatsächlich nicht gedealt zu haben. Fast das gesamte Kokain habe er offenbar selbst konsumiert – vom Marihuana wurde offenbar die Hälfte verkauft. Darauf deutet zumindest die Aussage einer Nachbarin von gegenüber hin. „Das war Scheiß-Ware“, habe ein Mann auf der Straße mal gerufen. Dass es dabei um Drogen geht, sei ihr spätestens da klar geworden, als die Polizei von ihrem Haus aus die Wohnung von Navid M. oberservierte. Was sie noch gesehen habe: Eine Menge Leute, die vom Balkon aus mit Tütchen versorgt worden seien. So lief offenbar das Geschäft auf der Lützenkirchener Straße.

Dass Navid M. dermaßen abhängig war, dass ihm die Dealerei mangels Zurechnungsfähigkeit nicht zur Last gelegt werden kann, schloss Gutachter Borgböhmer aus. „Es besteht überhaupt kein Zweifel, dass er wusste, dass man das nicht darf.“ Andererseits vollzog der Psychiater nach, dass der junge Mann die Kraft nicht aufgebracht hatte, von den Drogen abzulassen: „Allein durch Willenskraft von einer Sucht wegzukommen, ist erfahrungsgemäß schwierig.“ Gespräche mit der Drogentherapie hatten daran nichts geändert.

Mit einer vergleichsweise langen, stationären Entwöhnung sei das aber in den Griff zu kriegen, schätzt der erfahrene, 74 Jahre alte Gutachter. „Er ist noch jung genug, um auf einen anderen Lebensstil umzuschwenken.“ Dass zur Therapie nach dem Urteil vom Freitag vier Jahre Gefängnis dazukommen, könnte die Sache für Navid M. erleichtern. Es sei denn, er kommt im Knast wieder mit Drogen in Kontakt.