Die Bürgerinitiative Rheintunnel hat sich aufgelöst. Der Verein wollte für Leverkusen einen erträglichen Autobahnausbau erreichen.
„Hat sich erledigt“Leverkusener Bürgerinitiative Rheintunnel löst sich auf
Nein, von Resignation wollen sie nicht sprechen; Enttäuschung und auch Verärgerung schwingt allerdings im Gespräch mit den Mitgliedern der Bürgerinitiative Rheintunnel mit. Sie habe die Auflösung ihres Vereins öffentlich gemacht.
Der Kern der 2016 gegründeten kleinen Gruppe waren die Wiesdorfer Klaus Stamm (63), Rainer Welte (81) und der Bürriger Norbert Fischer (62). Den Rheintunnel wird es nicht geben, damit habe sich das grundlegende Anliegen, der Zweck der Vereinigung erledigt. Die Sache sei gelaufen, sagt Welte, die einzige Möglichkeit, noch etwas für Stadt zu tun, wäre ein langer Tunnel gewesen.
Interessierte sollten sich jetzt mal an der Nobelstraße die Baumaßnahmen an der Autobahn ansehen. Da bekomme man eine gute Vorstellung davon, in welcher Breite sich die Baustelle in Zukunft entlang der Autobahn und dann entlang der Stelze über drei Kilometer mitten durch die Stadt in Richtung Stadion ziehen werde, sagt Klaus Stamm.
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Die drei wollen weiter wachsam sein, was den Bau angeht. In den vergangenen Jahren haben sie vor allem bei Institutionen, wie Handwerkskammer oder IHK, im Landtag und im Stadtrat vorgesprochen, sie waren im Fernsehen und sprachen über die Autobahn.
Die Enttäuschung im Nachhinein: Alles schien schon früh festzustehen
Der Chemiker Rainer Welte ist Gründungsmitglied und ehemaliges Ratsmitglied der ersten Stunde für die Grünen. Lange schon aus seiner Partei ausgetreten, hält er die FDP im Bund für das große Übel, das den Leverkusenern die letzte Hoffnung auf einen Schwenk in der Verkehrspolitik genommen hat. Für seine Ex-Partei hat er aber auch Kritik: „Die Grünen sind für mich die Umfaller des Jahres“.
Er spielt auf darauf an, dass der nordrhein-westfälische grüne Landesverkehrsminister Oliver Krischer dem beschleunigten Ausbau der Leverkusener Autobahnen im vergangenen April zugestimmt hat, was in der Stadt ganz allgemein als Einknicken bewertet wird. Ein Grund für die Enttäuschung Weltes: Das Vorhaben, die Megastelze und den oberirdischen A3-Ausbau voranzutreiben und Tunnelbauten nur zu erwägen, um die Leverkusener ruhig zu halten, habe von Anfang an bei den Planern festgestanden, glaubt er.
Mails aus dem Ministerium
Dass er damit recht zu haben scheint, belegen E-Mails aus dem Landesverkehrsministerium, die dem „Leverkusener Anzeiger“ vorliegen. Dem damaligen Chefplaner von Straßen NRW war 2015 in einem öffentlichen Gespräch herausgerutscht, dass eine neue Stelze „die Idealvorstellung“ sei. Wegen der Reaktionen in Leverkusen entstand ein reger Emailverkehr zwischen Straßenbauern und der Behörde, in der recht offen darüber geschrieben wurde.
Man beriet, wie zu reagieren sei. In das Ringen um die Sprachregelung band man auch den damaligen Landesbauminister Michael Groschek (SPD) ein. Er schrieb 2015: „Zusammengefasst: Der Tunnel ist doppelt so teuer, die Bauzeit doppelt so lang und er ist nicht uneingeschränkt für Gefahrguttransporte frei … Wenn man die Fakten in Summe betrachtet und abwägt, ist aus fachlicher Sicht anzuraten, möglichst frühzeitig für alle Beteiligten Klarheit und Planungssicherheit zu schaffen und die Tunnelvariante für die weitere Planung auszuschließen. Der Bund wird/kann den Bau nicht finanzieren, weil er nicht zwingend erforderlich ist.“
Aus den E-Mails wird auch deutlich, dass 2015 der Verband der Chemischen Industrie (VCI) Einfluss auf die Kommunikation des Ministeriums nahm. Die Industrie hatte wegen ihrer Gefahrguttransporte keine Sympathie für eine Tunnellösung in Leverkusen.
Wenn auch die erste Initiative sich nun zurückgezogen hat; es wird auch weiterhin viel zu tun geben. An der politisch-juristischen Leverkusener Autobahn-Front wird es womöglich 2025 oder 2026 heiß. Dann könnte das Planfeststellungsverfahren nach einer Schätzung aus dem überparteilichen Bündnis „Keinen Meter mehr!“ eröffnet werden.
Zunächst wird es dann um Widersprüche im Planfeststellungsverfahren und um Hilfe für von Enteignung bedrohten Bürgern gehen. Gibt es dann einen Beschluss zugunsten des Ausbaus, soll die Stadt Leverkusen dagegen klagen, weil die Baustelle und die Folgen eines Ausbaus der A1 zur Mega-Stelze und der oberirdisch verbreiterten Autobahn 3 die Stadt nachhaltig schädigen werden. An der Vorbereitung wird bereits gearbeitet.
Ebenfalls hat die Stadtverwaltung von der Politik den Auftrag für eine Verfassungsklage erhalten. Grundlage dafür sollen die Auswirkungen des Autobahnausbaus auf die künftigen Generationen sein, die Auswirkungen auf den Klimawandel und die vorhandenen Klimaschutzziele und Klimaschutzabkommen.