Auf der Hauptversammlung geriet auch das Vergütungssystem in den Fokus. Dividende Fehlanzeige.
Leverkusener KonzernCovestros Vorstand auf der Gehalts-Achterbahn

Covestros Vorstand mit dem Vorsitzenden Markus Steilemann, Vertriebschefin Sucheta Govil, Technikchef Thorsten Dreier, Finanzchef Christian Baier und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats, Richard Pott (von links).
Copyright: Covestro
Aktionärstreffen nur im Internet? Dagegen gibt es sogar bei den Aktionären von Covestro deutlichen Widerstand. Obwohl die Veranstaltungen seit der Abspaltung von Bayer immer ruhig waren – ganz anders als beim früheren Mutterkonzern, der seine Anteilseigner für den kommenden Freitag, 25. April, eingeladen hat. Wiederum auch nur virtuell, was einen Gegenantrag nach sich zieht. Auf der Covestro-Hauptversammlung lehnten am Donnerstag gut 22 Prozent der Aktionäre ab, auch 2026 wieder nur virtuell zusammenzukommen. Dieser Antrag traf damit auf den größten Widerstand.
Vorstand und Aufsichtsrat wurden entlastet; bei den erforderlichen Wahlen für den Aufsichtsrat traf Patrick Thomas auf den größten Widerstand. Covestros erster Vorstandschef nach der Abspaltung von Bayer verbuchte knapp acht Prozent Gegenstimmen. Der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Richard Pott, bekam 5,3 Prozent Nein-Stimmen.
Vergütungssystem trifft auf erkennbaren Widerstand
Erkennbare Kritik gab es bei den Aktionären auch an der Bezahlung des Vorstands. Der Vergütungsbericht und die Systematik, nach der Konzernchef Markus Steilemann, Vertriebschefin Sucheta Govil, Technikchef Thorsten Dreier und Finanzvorstand Christian Baier bezahlt werden, wurde nur von jeweils gut 93 Prozent der Anteilseigner gebilligt.
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Steilemann hat im vorigen Jahr so viel verdient wie noch nie: Der Fünfjahresvergleich weist knapp 4,5 Millionen Euro aus, das sind gut 16 Prozent mehr als 2023, in dem der Chef von Covestro indes von einer noch viel deutlicheren Gehaltssteigerung profitierte: Gut 3,8 Millionen Euro bedeuteten ein Plus von 128 Prozent gegenüber 2022, das allerdings fast den Tiefpunkt in der Steilemann-Ära an der Konzernspitze ausmachte. Knapp 1,7 Millionen Euro bedeuteten einen empfindlichen Rückgang gegenüber 2021: Da lag die Vergütung des Vorstandschefs bei knapp 4,3 Millionen Euro. Das Auf und Ab der Konzernergebnisse in den vergangenen Jahren zeichnet sich auch deutlich im Gehalt des Vorstandschefs ab. Steilemanns Kollegen und seine Kollegin Sucheta Govil, die Covestro bald verlässt, erlebten eine vergleichbare Gehalts-Achterbahnfahrt.
Covestro wird umgekrempelt, um effizienter zu werden
Was das gesamte System Covestro angeht, sieht Steilemann große Aufgaben: „Wir drehen buchstäblich jeden Stein um, um bislang ungenutzte Effizienzpotenziale und Wachstumsmöglichkeiten zu entdecken und umzusetzen.“ Der Kunststoff-Konzern wolle „noch agiler, schlanker und zielgerichteter“ agieren: „Arbeitsweisen und Abläufe werden umfassend neu durchdacht.“
Bis 2028 sollen sich Leistungssteigerungen und Strukturverbesserungen jährlich mit 400 Millionen Euro Ersparnis in der Bilanz bemerkbar machen. Steilemann benannte vor den Aktionären vier Handlungsfelder: die laufende Transformation, nachhaltiges Wachstum, Digitalisierung und Innovation sowie die konsequente Umsetzung ambitionierter Nachhaltigkeitsziele.
Covestro soll durch bessere Steuerung seiner Werke effizienter werden. Investitionen in innovative und nachhaltige Werkstoffe und der Ausbau von Schlüsselstandorten will das Unternehmen wettbewerbsfähiger in zukunftsweisenden Märkten werden. Dabei müsse der Wandel zur Kreislaufwirtschaft forciert werden. Und der ökologische Fußabdruck müsse durch mehr Einsatz erneuerbarer Energien und die Entwicklung innovativer Recycling-Technologien kleiner werden. Im Einsatz künstlicher Intelligenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette sieht der Vorstand Potenzial für effizientere Prozesse und neue Wachstumschancen.
2024 war ein Jahr anhaltender Marktschwäche
2024 bezeichnete Steilemann als ein Jahr anhaltender Marktschwäche, intensiven Wettbewerbs und geopolitischen Unwägbarkeiten. Finanzvorstand Christian Baier illustrierte die globale Einschätzung mit Zahlen. Zwar habe Covestro „weltweit höhere Produktionsmengen absetzen“. Aber sinkende Verkaufspreise hätten dennoch den Umsatz um 1,4 Prozent auf 14,2 Milliarden Euro gedrückt. Die Konsequenz sei ein rückläufiges Konzernergebnis, trotz eines stabilen Ergebnisses vor Steuern und Abschreibungen.
Für die Aktionäre bedeutet das: Auch Covestro schüttet für 2024 keine Dividende aus. Vorbei die Zeiten kurz nach der Abspaltung von Bayer, als der damalige Vorstand das Covestro-Papier als „Dividenden-Titel“ bezeichnete.
Auch zur Übernahme durch die Abu Dhabi National Oil Company (Adnoc) nahm Vorstandschef Markus Steilemann Stellung. Die Partnerschaft mit dem neuerdings unter XRG firmierenden Konglomerat sei „der richtige Schritt zur richtigen Zeit“. Der Vollzug der Transaktion wird für die zweite Jahreshälfte erwartet.