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Demokratie schützen, Nadelstiche setzenWie Richrath und Reul Clans in NRW bekämpfen

Lesezeit 3 Minuten
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Uwe Richrath, Moderator Werner Sonne, Olaf Sundermeyer und Herbert Reul (v. links) diskutierten über Clans.

  1. Clankriminalität ist in Nordrhein-Westfalen ein großes Thema.
  2. Auch in Leverkusen gibt es eine stadtbekannte Großfamilie, die nach typischen Strukturen handelt.
  3. Uwe Richrath und Herbert Reul erklärten am Donnerstag, wie sie gegen solche Clans vorgehen wollen.

Leverkusen – Die Kinder sind der Schlüssel. Da waren sich alle einig: Landesinnenminister Herbert Reul, Oberbürgermeister Uwe Richrath, der ARD-Journalist Olaf Sundermeyer. Sie diskutierten am Donnerstagabend in der Wiesdorfer Agentur Haarhoff über Clans und Kleinkriminalität in NRW.

Das Problem gibt es auch in Leverkusen. Eine stadtbekannte Großfamilie muss sich inzwischen immerhin häufiger vor Gericht verantworten. „Uns ist die Situation, wie sich bestimmte Familien entwickelt haben, sehr bekannt“, sagte Oberbürgermeister Richrath. „Es geht darum, das Problem zu bekämpfen, ohne zu generalisieren.“

Bei den Kindern anfangen

Die Generalisierung ist oft ein Problem. Sobald ein bestimmter Name auftaucht, gibt es Abneigung. Auch gegenüber den Kindern. „Ich gebe die Kinder nicht auf, nur weil sie zu einer Familie gehören“, unterstrich Richrath. Man müsse „sehr früh anfangen, Demokratie zu erläutern“. Der OB betonte: „Wenn wir generalisieren, verlieren wir, was Demokratie ausmacht.“ Er erklärte, dass es wichtig sei, Familienstrukturen zu verändern und die Sicherheit, die die Familie für viele Kinder bedeutet, aufzubrechen. „Ich kann mir nichts anderes vorstellen, als bei den Kindern anzufangen.“

Sundermeyer pflichtete ihm bei. „Die Kinder kriegen Anerkennung für das Klauen“, sagte er. „Ein Schulabschluss ist in den Familien meistens nichts Anerkennenswertes.“ Jedes Familienmitglied werde genutzt, „um die Kassen des Clans zu füllen“. Das fängt an bei klauenden Kindern, geht über junge Frauen, von denen sich manche prostituieren, und endet bei den großen Geschäften der Männer. „Wer aus Clans aussteigt, hat keine soziale Perspektive. Das ist das Ende. Es zählt nur die Familie“, sagte Sundermeyer.

Reul hält Nadelstiche für notwendig

Doch die Clans sind nicht dadurch kleinzukriegen, dass man Kinder an demokratische Strukturen gewöhnt. Kriminalität ist in den Familien tief verwurzelt. Auch die großen Geschäfte müssen bekämpft werden. „Null Toleranz ist die inhaltliche Ausrichtung“, meinte Innenminister Reul. Der 67-Jährige war sichtlich erleichtert darüber, dass das Thema nun auch medial auf der Agenda steht. „Es gab lange Sorge, zu stigmatisieren, und daher auch Angst, das Thema anzusprechen“, sagte er. Nun gelte es, immer wieder Nadelstiche zu setzen. „Man muss langfristig rangehen und Strukturen erkennen.“ Reul forderte aber auch Geduld: „Man darf nicht anfangen und sagen: «Morgen ist das Ding gelöst».“

Froh waren sowohl Reul als auch Richrath darüber, dass nun mehrere Gewalten zusammenarbeiten: Polizei, Ordnungsamt, Steuerfahndung. Alle Behörden bündeln ihre Kräfte, um gegen die Clankriminalität vorzugehen. „Das führt zu Unruhe in der Szene“, hat der Innenminister beobachtet. Diese Zusammenarbeit der Kräfte habe Auswirkungen über einen Abend – beispielsweise eine Razzia – hinaus. „Ich habe sehr entschlossene Menschen, die helfen wollen“, meinte Richrath. „Wir müssen deutlich machen, dass wir es schaffen wollen. Wir sind bereit, diesen Weg langfristig zu gehen.“ Der Oberbürgermeister versprach: „Ich mache all das, was in meiner Kraft steht, um die Demokratie zu schützen. Unabhängig davon, ob ich persönliche Nachteile habe.“

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Für die Leverkusener von großer Relevanz ist vor allem eine Familie, die mit ihrem Besitz geradezu prahlt. Tolle Wohnungen, teure Autos – und auf der anderen Seite Hartz IV. Wie sowas sein kann? „Wir sind nicht doof als Stadt“, sagte Richrath. Das Problem sei, dass die Familie offiziell als „unbesitzend“ gelte, weil nirgends der Name auftauche. „Ich brauche eine rechtliche Grundlage“, betonte Richrath. Bescheide für Sozialleistungen könnten sonst nicht einfach eingestellt werden.

Sundermeyer versicherte: „Das ist ein faktisches Problem von Verwaltung. Das hat Leverkusen nicht exklusiv. Die Clans sind von Anfang an darauf aus, in die Weichteile unseres Rechtsstaats einzudringen.“ Sobald es eine rechtliche Grundlage gibt, „fordern wir jeden Cent zurück“, betonte Richrath.