Leverkusen – Es geht los. Natürlich tat sich schon in den vergangenen zwölf Monaten so allerhand im und ums Schloss in Morsbroich. Neu-Direktor Jörg van den Berg war angetreten, um nach eigenen Worten aus einem Museum für Gegenwartskunst ein gegenwärtiges Museum zu machen. Doch wenn nun am kommenden Wochenende, von Freitag bis Sonntag, 16. bis 18. September, in Morsbroich die dritten Kunsttage anstehen, dann wird dieses Credo zum Manifest, weil nun erstmals alle Räume des Museums öffentlich zugänglich sein werden. Und weil ein Blick auf das geworfen werden kann, was hier in den kommenden Jahren passieren soll: die Metamorphose eines starren Kunstbetriebshauses hin zu einem Ort des Dialoges und der jederzeit für alle Besuchenden möglichen Meinungsäußerung und Ideen-Einbringung.
Ein Skulpturen-Tisch im Spiegelsaal
Das bereits vor Wochen aktivierte Parklabyr im Erdgeschoss ist nach wie vor das Herz dieses neuen Konzeptes. Hier können Gäste jederzeit ihre eigenen Vorschläge und Ansichten und Wünsche dazu äußern und schriftlich fixieren, wie sie sich das Museum mitsamt Umgebung in Zukunft so vorstellen. Aber drumherum hat sich jetzt noch Anderes getan.
Die aus der Schweiz stammende Künstlerin Andrea Wolfensberger etwa erstellte aus Wellpappe und Schellack einen Skulpturentisch, der fortan im Spiegelsaal stehen wird. Das ist die gute Stube des Schlosses, die aber abseits der Kunst häufig für Empfänge und vor allem Trauungen genutzt wird. Von Menschen, denen mitunter gar nicht bewusst ist, dass es sich um einen Raum in einem Haus der Kunst handelt. Der Tisch – er stellt die Schallwellen eines laut ausgesprochenen „Ja“ dar – soll ihnen das nun zeigen. Gleichzeitig soll er zum Daransetzen und Diskutieren einladen.
Perlmutt und Zinnoberrot
Das gesamte Treppenhaus ist überdies gänzlich neu gestaltet: Die Decke in Rubinrot. Die Wände in Perlmutt. Zwei Farben des Rokoko, die das Museum in ein ganz anderes, extrem einladendes und neugierig aufs Drinnen machendes Licht tauchen. Mehrere Werke der Künstlerin Larissa Fassler setzen sich mit der Kartographie urbaner Gegenden auseinander und ziehen die Parallele zu Leverkusen als Stadt, deren Menschen nun ein Bewusstsein für das Kleinod Museum vor der eigenen Haustüre entwickeln sollen.
Antje Schiffers wiederum knüpfte Kontakt zum anliegenden Obstgut Morsbroich, arbeitet an einem Dokumentarfilm dieser besonderen Schlossnachbarn – und lässt sich wiederum von diesen bei ihrer Kunstarbeit begleiten. Sprich: Die Leute vom Obstgut nehmen direkt Einfluss auf das Museum. Der Künstler und Verleger Gerhard Theewen präsentiert in einem Kunst- und Sammelraum seine Sammlung von kleinen Kunstwerken, Kunstkatalogen und Nippes, die zum Selbersammeln anregt. Direktor Jörg van den Berg ist im „Public Office“-Jagdzimmer für Gäste regelmäßig bei der Arbeit anzutreffen und anzusprechen.
Und es ist streng genommen lediglich das Obergeschoss, die Grafiketage, des Museums, in dem es um klassischen Museumsbetrieb geht, denn: Hier werden Arbeiten des aus Leverkusen stammenden Fluxuskünstlers Wolf Vostell – er wäre im kommenden Oktober 90 geworden – aus der Sammlung des Hauses gezeigt. Eine Etage als Hommage an diesen mit der Stadt und ihrem Schloss eng verknüpften Weltkünstler – ein wunderschöner Zug.
Morsbroicher Kunsttage
Erstmals begutachtet werden kann das, wenn man so will, neue Museum bei den dritten Morsbroicher Kunsttagen. Der Freitag steht von 17 bis 21 Uhr mit Gesprächsrunden zwischen Ratspolitikern, Kuratierenden, Museumsdirektor und anderen Kunstexperten und -expertinnen unter dem Motto „Der Abend der Politik“. Der Samstag ist überschrieben mit „Der Morgen der Ökonomien“ und bietet Vorträge, Beiträge und Dialoge zwischen Museumsteam und Menschen aus der (lokalen) Wirtschaft (11 bis 15.30 Uhr). Am Sonntag schließlich geht es um den „Tag der Künste“ (11 bis 22 Uhr), wenn Musik geboten wird und sich unter anderem die Kunstvermittlung, der Museumsverein und der Kreis der „Freundinnen des Museums“ einbringen. Der Eintritt ist frei.