Kein Lebenslauf, keine Bewerbungsmappe, sondern nur ein Test und ein Gespräch: So kamen jetzt acht junge Leute zu einem Platz.
„Meet & Match“So besorgt sich Lanxess im Chempark Leverkusen neue Auszubildende
Bewerbungen schreiben, das fällt den wenigsten leicht. Der Prozess vom Anschreiben über Eignungstest bis zum Kennenlerngespräch ist häufig zeitaufwendig: Für Leute, die einen Ausbildungsplatz suchen. Und für die Unternehmen.
Muss das so sein? Nicht unbedingt, lautet die Antwort beim Spezialchemie-Konzern Lanxess. Also wurde am Samstag ein anderer Weg zum Ausbildungsplatz ausprobiert. Bei „Meet & Match – Dreh dein Ding!“ wurden im Chempark offene Ausbildungsstellen als Industrie- oder Anlagenmechaniker angeboten.
Es wird alles schneller
„Früher hat man noch mit der Hand geschrieben, heute können künstliche Intelligenzen Bewerbungsunterlagen zusammenstellen“, sagt Ursula Weißhaupt, Ideengeberin und Ausbildungsreferentin für technische und kaufmännische Berufe bei Lanxess. Dass man sich den neuen Umständen anpassen muss, da ist sie sich sicher: „Bei Jugendlichen wird alles schneller. Die Welt lebt von kurzen Whatsapp-Nachrichten“. Anschreiben und Lebenslauf seien zweitrangig, „wichtig ist, wie jemand ist“.
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Klassische Bewerbungsunterlagen, ein allgemeiner und fachlicher Test und ein Vorstellungsgespräch – das ist der traditionelle Weg. „Das kann mehrere Monate dauern“, berichtete die Referentin. Zum Ausbildungsvertrag in rund einer Stunde, das ermöglichte die neue Variante. Seit 2017 teste Lanxess alternative Formate, das Speed-Dating kam in diesem Jahr dazu.
Wer zuerst kommt ...
Zum Ablauf: Interessierte meldeten sich online und bekamen binnen weniger Tage einen Termin. 50 Personen meldeten sich, 24 davon lud Lanxess am Samstag ein. Alles nach dem Motto „first in, first out“ oder auf Deutsch: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.
Es wurde nach Reihenfolge der Anmeldung entschieden, nicht nach Kompetenz vorsortiert. Ein Formular ausgefüllt mit Name, Noten in den relevanten Fächern Deutsch, Mathe, Chemie und Physik und einer Begründung für das eigene Interesse an der Ausbildung mussten zum rund 30-minütigen Gespräch mitgebracht werden. Fehlzeiten oder die Schulform mussten nicht angegeben werden. Es folgte ein kurzer mathematischer Fachtest.
Nach einer Woche ist die Zusage da
Als das Ergebnis feststand, entschied das Interviewer-Team gleich, ob es für einen Ausbildungsplatz reicht. Der 16 Jahre alte Fabian Pekala ist einer der Glücklichen an diesem Tag. Vor knapp einer Woche beworben, hat er nun die Zusage zur Ausbildung als Anlagenmechaniker in den Händen. Über Instagram stieß er auf das Angebot. „Ich hatte noch nie ein Vorstellungsgespräch“, sagte er.
Ab September zählt auch Jan Ruthenbeck zu den neuen Azubis. Der 26-Jährige beschreibt den Vorteil der Methode wie folgt: „Es ist persönlicher. Man kann direkt mehr erfragen, auch spezifischer. Ich bin sehr offen reingegangen. Es war nicht dieses stramme Antreten, Hinsetzen, Fragen beantworten.“ Für den jungen Mann aus Bergisch Gladbach ist es die erste Bewerbung in seinem Leben. Seinen ersten Ausbildungsplatz zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechniker habe er über Bekannte bekommen und bis heute in dem Beruf gearbeitet. Die größte Herausforderung war für ihn nervlich der Test: „Ich bin ja schon zehn Jahre aus der Schule raus.“
Mündlich schlägt schriftlich
Für den 17-Jährigen angehenden Anlagenmechaniker Jonas Kleineick überwiegt die mündliche Vorstellung klar über der schriftlichen: „Man kann persönlich mehr über die Person erfahren, da kann man auch noch so viel schreiben.“ Die alternative Bewerbungsvariante hat sich an diesem Tag bewährt, acht von neun offenen Stellen waren bis zum frühen Nachmittag besetzt.
Insgesamt 14 Azubis galt es für dieses Jahr zu gewinnen im Bereich Metalltechnik in Leverkusen und Dormagen, fünf schafften es über traditionellen Weg. „Wir müssen uns den Gegebenheiten am Markt schnell und flexibel anpassen. Denn der Markt ist hart umkämpft im Chempark. Hier werben viele um die gleichen Menschen“, betonte Weißhaupt.
Die Methode wird jedoch nur bei eher schwer zu besetzenden Stellen eingesetzt. Bei beliebteren Berufen wie Chemikant und Chemielaborant, die laut Weißhaupt von jungen Leuten eher wahrgenommen werden, reichen die traditionellen Bewerbungen zur Besetzung der Stellen aus. Anders gesagt: Die Interessenten müssen den langen Weg gehen.