Dr. Wolfgang Hübner nutzt im Unruhestand sein persönliches Netzwerk für wirksame Hilfe in das ukrainische Kriegsgebiet.
Ukraine-NothilfeLeverkusener Arzt besorgt medizinische Geräte für Charkiw und Bachmut
Es ist nicht der erste Hilfstransport dieser Art in die Ukraine. Der erste ging schon vier Wochen nach Beginn des russischen Angriffskrieges in eine Dorfambulanz in der Nähe von Kiew, damals mit Medikamenten und Verbandmaterial, die dort dramatisch fehlten. Anfang Mai geht ein weiterer größerer Transport mit medizinischen Hilfsmitteln von Leverkusen in die Ukraine, diesmal nach Charkiw im Osten des Landes. Das Besondere daran: Es steckt keine große Hilfsorganisation dahinter, sondern ein überschaubarer Kreis engagierter Mediziner um den Leverkusener Arzt Dr. Wolfgang Hübner.
Soziales Engagement treibt den Mediziner seit Langem um, der bis vor wenigen Jahren eine Hausarztpraxis in Bergisch Neukirchen betrieb und der immer noch als Notfall- und Palliativmediziner tätig ist, unter anderem das Leverkusener Corona-Impfzentrum in den Luminaden geleitet hat und weiterhin beim Verein Palli-Lev im Einsatz ist. Als er über ganz persönliche Kontakte mitbekam, was der Krieg in der Ukraine für verheerende Auswirkung auf die medizinische Versorgung der Menschen dort hat, entdeckte er für sich ein neues Aufgabengebiet.
„Nach über drei Jahrzehnten als Hausarzt in Leverkusen kenne ich die meisten Handelnden im medizinischen Bereich“, erklärt er sein „persönliches Netzwerk“, das er für sein Hilfsprojekt motivieren konnte. So um die 50 Personen seien es, die ihn dabei nachhaltig unterstützten, Medikamente und Hilfsgüter in die betroffenen Regionen zu versenden.
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Persönliche Kontakte genutzt
Dabei sind es vor allem direkte Kontakte in die Ukraine, die ihm helfen, die dortigen Verhältnisse und Notlagen zu erkunden. Per Telefon, E-Mail und vor allem per WhatsApp kommen die detaillierten Hilfsbitten bei Hübner an, der im Kolleginnen- und Kollegenkreis nachfragt, wer etwas zur Verfügung stellen oder zu dessen Finanzierung beitragen kann.
Bereits geliefert worden sind 2000 sterile OP-Kittel, Endoskopie-Instrumente, ein YAG-Laser, OP-Instrumente, spezifizierte Arzneimittel, medizinische Verbrauchsgüter, Rollatoren, Unterarm-Gehstützen, EKG-Geräte, Notfall-Ausstattungen, Kleidung, Baby-Nahrung und Hygiene-Artikel. „Mitunter – da kommt man hier erst gar nicht drauf – sind es auch ganz einfache Alltagsgegenstände, die dort nicht mehr verfügbar sind, wie Putzeimer, Papier oder Kugelschreiber“, berichtet Hübner.
Der aktuelle Transport wird gerade auf einem Hof im Gewerbegebiet Fixheide zusammengestellt und soll Ende des Monats, mit einem Umweg über Euskirchen, wo weitere Hilfsgüter aufgeladen werden, über Polen in die Ukraine gehen. Den Lkw dafür, ein 18-Tonnen-Fahrzeug, hat Hübners Nachbar und Freund Uwe Dann bereitgestellt, der einen Maschinenbaubetrieb leitet.
Und Dann leiht den Laster nicht nur aus. Dieser soll als Geschenk in der Ukraine bleiben. Nachdem ein Großteil der Ladung an einem Kinderkrankenhaus in Charkiw abgeladen sein wird, fährt der Laster, dorthin gelenkt von einem Berufskraftfahrer aus dem Sauerland, weiter nach Bachmut. Dort, im derzeit schwer umkämpften Frontgebiet im Osten der Ukraine, soll er für alltägliche Versorgungsfahrten eingesetzt werden.
Rollstühle und Krücken gespendet
So hat der Laster diesmal nicht nur Medikamente, Blutdruckmessgeräte, einen Gynäkologen-Stuhl mit an Bord. Das Leverkusener Sanitätshaus Recara hat außerdem fünf neuwertige Rollstühle und 150 Paar Unterarm-Gehstützen (Krücken) gespendet. Sie sollen zum Großteil nach Bachmut gehen. Eine Ärztin aus dem Klinikum Leverkusen, die aus Charkiw stammt, hat die Kontakte zum Kinderkrankenhaus dort und nach Bachmut vermittelt, wo ihr Bruder als Soldat im Fronteinsatz ist.
Dorthin sollen auch die rund 300 Wasserkanister gehen, die schon auf der Ladefläche von Danns Lkw verstaut sind. Sie waren ursprünglich für das Ahr-Gebiet nach der Hochwasserkatastrophe dort bereitgestellt, dann aber nicht mehr gebraucht worden. Zwischenzeitlich lagerten sie zur späteren Entsorgung bei der Avea in Leverkusen. „Ich habe sie gerade noch vorm Schredder bewahren können“, erzählt Hübner schmunzelnd.
Für alle Waren sind Packzettel mehrsprachig auszufüllen, damit sie Grenzen passieren dürfen, in Englisch, Polnisch und Ukrainisch, die außerdem noch amtlich beglaubigt werden müssen. Am Zielort angekommen, das hat Hübner vom ersten Transport an so organisiert, werden Fotos von den eingetroffenen Paketen gemacht und nach Leverkusen übermittelt: „Wir wollen ganz sicher sein, dass unsere Hilfsmittel tatsächlich die Menschen und Einrichtungen erreichen, die unsere Unterstützung benötigen und verdient haben.“
Das soll auch Anfang Mai wieder der Fall sein, in Charkiw und Bachmut. Und wenn es nach Dr. Wolfgang Hübner geht, wird dies nicht der letzte medizinische Hilfstransport dieser Art aus Leverkusen sein.