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So war das JahrFlut, Corona, Zanders – Ein Überblick über alles, was 2021 wichtig war

Lesezeit 9 Minuten
Hochwasser Rhein-Berg Auto 311221

Die Flut zerstört Existenzen. An der Odenthaler Straße in Bergisch Gladbach bietet sich am Tag nach der Katastrophe ein Bild der Verwüstung.

Rhein-Berg – 2021 stand 2020 in nichts nach, wenn man bedenkt, wie viele außergewöhnliche Ereignisse das Leben der Menschen berührten. In Rhein-Berg waren das nicht nur die allgegenwärtige Corona-Pandemie und die schweren Hochwasser im Juli, sondern auch das endgültige Zanders-Aus, Wolfssichtungen und natürlich die Bundestagswahl. Wir haben einen chronologischen Überblick über die wichtigsten Themen des vergangenen Jahres zusammengestellt.

Januar

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  2. 14.
  3. 15.
F106EinheitSteinenbrück

Feuerwehrleute untersuchen den Granaten-Fundort in dem Wald zwischen Bergisch Gladbach und Overath.

Handgranatenfund, Brückenpartys und einige Verkehrstote

Beim Spielen auf dem Tütberg finden Kinder Mitte Januar Handgranaten aus dem Zweiten Weltkrieg, die kontrolliert vor Ort gesprengt werden. Verletzt wird niemand. Nach einem Brand in einem Wärmeschrank stirbt ein 79-jähriger Mann am 15. Januar in Voiswinkel. Gefährliche illegale Partys im Inneren von A4-Talbrücken fliegen im Frühjahr auf. Am 11. Juni kommt ein 63-jähriger Radfahrer aus Rösrath bei einem Verkehrsunfall bei Hommerich ums Leben. Anfang November sterben zwei Fußgänger binnen weniger Tage: ein 79-Jähriger in Immekeppel und eine 69-Jährige in Hebborn. Anfang Dezember wird ein Familienvater bei einem Kohlenmonoxid-Unfall in Heidkamp lebensgefährlich verletzt.

Februar

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  3. 26.

März

  1. 3.
  2. 20.
  3. 25.

April

  1. 12.
  2. 14.
  3. 24.

Ein europäischer Wolf (Symbolbild)

Wolf könnte im Königsforst heimisch werden

Nach mehreren Kotfunden eines zu Beginn des Jahres offenbar aus dem Engelskirchener Raum nach Rhein-Berg zugewanderten männlichen Wolfs im Königsforst halten es Wolf-Experten für gut möglich, dass der Rüde mit der Kennung GW1804m in dem Waldgebiet heimisch werden könnte. Bislang waren immer nur Spuren durchziehender Wölfe gefunden worden, nachdem am 19. April 2016 erstmals ein Wolf im Kreis durch den Riss von zwei Ziegen in Rösrath aufgefallen war und am 27. Juli 2019 ein Wolf auf der Wildbrücke über die A3 zwischen Königsforst und Wahner Heide fotografiert wurde. Im Herbst wird ein Wolf im Gierather Wald gesichtet, ob es der aus dem Königsforst war, ist bisher offen.

Eine Sammlung von Maschinenteilen.

Werkstore bei Zanders sind dicht

Die Papierfabrik Zanders ist endgültig geschlossen. Mit dieser Entscheidung vom 30. April ist es ein historisches Jahr für die Stadt Bergisch Gladbach. Noch zum Jahresbeginn jagte eine Konferenz die andere. Am Überlebenskampf von Zanders waren viele Akteure beteiligt. Die Stadt, der Betriebsrat, der Verwalter aus der ersten Insolvenz und vor allem der Eigentümer aus Schweden, die Jool-Gruppe mit ihrem jungen Chef Tom Olander. Was hatte sich Olander vom Einstieg bei Zanders versprochen? War das Schicksal von Zanders wirklich unabwendbar?

Diese Fragen werden wohl nie abschließend beantwortet werden können. Tatsache bleibt, dass eine Firmengeschichte, die 1829 begann, im Jahr 2021 zu Ende ging. Der Insolvenzverwalter Mark Boddenberg schloss die Werktore, für rund 350 Zandrianer bedeutete das der Verlust ihres Arbeitsplatzes. Bergisch Gladbach, die Papierstadt, hat nun die Aufgabe, eine 36 Hektar große Industriebrache im Herzen der Stadt zu entwickeln – ein Projekt für Jahrzehnte.

In einer wirtschaftlich kritischen Lage befinden sich viele Firmen in Rhein-Berg zum Jahresbeginn. Gastronomie-Betriebe versuchen, sich mit der Lieferung außer Haus über Wasser zu halten, für die Veranstaltungsbranche gibt es keinen Lichtblick. Im Aufwind sind einige Automobilfirmen: Die Bergland-Gruppe aus Wipperfürth hat in Bergisch Gladbach im März eine neue Ford-Niederlassung mit zunächst zehn Arbeitsplätzen eröffnet. Die Kamps-Gruppe verkündet im November den Ausbau des Porsche Zentrums Bensberg: Für mehr als 13 Millionen Euro entstehen bis Ende 2023 zwei Anbauten, eine neue Fassade und der Neubau einer Werkstatt.

Ein aktives Jahr im Wohnungsbau war es wieder für die Rheinisch-Bergische Siedlungsgesellschaft (RBS): Ein Haus mit 16 geförderten Wohnungen für Menschen mit geringem Einkommen ist in Rösrath entstanden. Zwei Häuser mit 42 Wohnungen sind in der Märchensiedlung in Bergisch Gladbach bezogen worden. Dort investierte die RBS insgesamt 7,2 Millionen Euro.

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Mai

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Juni

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  3. 30.

Juli

  1. 1.
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  3. 14.
  4. 23.
Aufräumarbeiten 3 150721

In Hoffnungsthal stand auch noch am Tag das Wasser der Sülz in den Straßen. Dort ertrank ein 80 Jahre alter Mann in seinem Keller. Eine weitere Person wurde in Hoffnungsthal noch vermisst. 

Die gnadenlose Flut

Tiefdruckgebiet „Bernd“ bringt am 14. Juli Regen, Regen, Regen. Für Stunden gießt es aus Kübeln, so wie nie zuvor. Eine der schlimmsten Naturkatastrophe in Deutschland nach 1945 lässt auch im Bergischen kleine Bäche zu reißenden Flüssen werden. Es gibt ein Todesopfer: In Rösrath-Hoffnungsthal stirbt ein Anwohner in seinem Keller. Meteorologen sprechen später von einem 2- bis 3000-jährlichen Regen.In Bergisch Gladbach treten nahezu alle Gewässer über die Ufer, Strunde und Lerbach besonders heftig. Der Hebborner Bach springt vor dem Hochwasserbecken an der Bundesstraße 506 aus seinem Bett und flutet alle Häuser an der oberen Odenthaler Straße.

Museum auch betroffen

Die Gewalt des Wassers reißt ein Auto mit, es wird durch die Wand eines Hauses gedrückt. Ein Seniorenheim an der Strunde wird evakuiert, rund 100 Menschen verbringen die Nacht in der Notunterkunft Schulzentrum Kleefeld. Das Industriemuseum Alte Dombach wird schwer beschädigt. Die Stadt richtet ein Spendenkonto für die Flutopfer ein, binnen weniger Tage kommen über 170.000 Euro zusammen.

Zwischen Untereschbach und Rösrath trifft es besonders die Sülz. Im Rösrather Stadtgebiet sind rund 2000 Haushalte betroffen, die ganze Hoffnungsthaler Ortsmitte steht unter Wasser, auch Keller und Erdgeschoss im historischen Rathaus und Bürgerforum. Im Wöllner-Stift legt die Flut die Technik lahm, alle dort wohnenden Senioren müssen evakuiert werden – zum Glück ist kurzfristig Platz im Geno-Hotel in Forsbach, das eigentlich gerade in Betriebsferien gehen will. Die Liste der Schäden lässt sich fast endlos fortsetzen, in Gang gekommen ist jedenfalls eine lebhafte Diskussion, wie Vorsorge zu treffen ist.

In der Gemeinde Odenthal reißen die Dhünn und ihre Nebenläufe, die plötzlich zu reißenden Wildbächen wurden, Hänge und Brücken mit, setzen Keller unter Wasser und zerstören die Grundschule auf dem Campus. Es bleibt aber bei Sachschäden. Die Schüler müssen nun jahrelang in Containern unterrichtet werden, bis ein Neubau steht. Das touristische Zentrum Altenberg verwandelt sich in eine Seenlandschaft. Der Dom wird geflutet, der Keller läuft voll. Weil hier die Technikzentrale des Bauwerks untergebracht ist und die Gefahr von Kurzschlüssen besteht, bleiben die Pforten der gotischen Kirche wochenlang geschlossen.

August

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  2. 16.
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September

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  3. 11.
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Rutschte einen Platz zurück: Christian Lindner (FDP).

Bundesminister aus Rhein-Berg

Das hat es seit dem Bundesbau- und späteren Bundesinnenminister Paul Lücke, 1949 bis 1972 für die CDU im Bundestag, nicht mehr gegeben: Mit FDP-Chef Christian Lindner aus Wermelskirchen kommt wieder ein Bundesminister aus Rhein-Berg. Das rheinisch-bergische Direktmandat hat bei der Bundestagswahl am 26. September zwar der CDU-Abgeordnete Dr. Hermann-Josef Tebroke verteidigt, der ebenfalls erneut in Rhein-Berg angetretene Lindner zog aber über die Liste seiner Partei ins Parlament ein und wird in der Ampel-Koalition Bundesfinanzminister.

Neu aus Rhein-Berg im Bundestag ist der Bergisch Gladbacher Grüne Maik Außendorf, der über die Liste seiner Partei gewählt wird. Seinen Sitz im Parlament an der Spree verteidigt zudem der AfD-Politiker Dr. Harald Weyel, der ebenfalls über die Liste seiner Partei in den Bundestag einzieht.

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Klassischer indischer Tanz mit dem Duo AlSura zeigen Marion Puhlmann und Sandra Jasmin.

Ein kurzer, hoffnungsvoller Sommer

Mit enormer Energie stürzen sich die Kulturschaffenden wieder ins Geschäft. Über 50 Veranstaltungen stellen Bergisch Gladbach und der Kreis mit dem „Kultursommer“ auf die Beine und entdecken die ungewöhnlichsten Spielorte für Theater, Musik, Tanz und Literatur – ein Fördertopf des Landes macht’s möglich. Eine Projektreihe zum Gedenkjahr „1700 Jahre jüdisches Leben“ bietet spannende Vorträge, die Kulturmanager Roman Salyutov mit Konzerten garniert, eine gelungene Mischung. Das Kunstmuseum Villa Zanders holt geplante Ausstellungen nach. Im Rösrather Schloss Eulenbroich finden wieder Konzerte statt, auch das Kabarettfestival wird nachgeholt. Im historischen Spiegelzelt gastieren Kabarettisten, Musiker und Gaukler. Eine Open-Air-Kunstaktion bringt Hoffnung in das flutgebeutelte Hoffnungsthal. Und dann ist wieder Schluss. Es darf zwar noch gespielt werden, aber die Besucher sagen reihenweise ab, Corona. Alles wieder auf Anfang, bitter!

Oktober

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Schloss Lerbach 2015 nach dem Auszug der Althoff-Gruppe (oben) und 2021.

Schloss Lerbach ist verkauft

Schloss Lerbach hat einen neuen Eigentümer. Die Familie von Siemens verkauft das 26,4 Hektar große Anwesen mit den Gebäuden und dem Schlosspark an die Kölner Unternehmerfamilie Reißdorf, die dort wieder Hotel und Gastronomie einrichten möchte. Ende 2014 hatte Pächter Thomas Althoff Hotel und Sterne-Restaurant geschlossen. Seitdem stand die renovierungsbedürftige Immobilie im Lerbacher Wald leer.

November

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Dezember

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Insbesondere die Preise für Gas steigen immer weiter – die Rösrather Stadtwerke reagieren mit einer Kundenauswahl.

Stadtwerke wählen Kunden aus

Rösrath macht die Schotten dicht bei Strom und Gas. Im Dezember erklären die Stadtwerke, dass sie ihre Energielieferungen bei Neukunden auf das Rösrather Stadtgebiet beschränken werden. Wegen steigender Verbraucherpreise bei anderen Energieversorgern können sich die Rösrather Stadtwerke vor Anfragen nicht retten. Sie ziehen die Reißleine, neue Kunden müssen aus der Sülztalstadt kommen.

Impf-Drive-in  Feuerwehr 090921

Ein Piks durchs Autofenster: Der Impf-Drive-In der Feuerwehr in Bergisch Gladbach-Heidkamp ist jeden Samstag von 9 bis 16 Uhr geöffnet.

Impfen am laufenden Band

Zu Beginn des Jahres war zwar gerade mal wieder Lockdown, die Hoffnung aber doch groß, mit den gerade angelaufenen Impfungen die Pandemie doch „irgendwann bis zum Herbst“ überwunden zu haben. Zwölf Monate später hat sich die Zahl der Todesfälle im Vergleich zum Jahresbeginn mehr als vervierfacht, läuft gerade die dritte Impfung auf Hochtouren und hat die Inzidenz gerade auch in Rhein-Berg einen neuen Höchstwert geknackt (siehe Grafik) – und dabei ist die noch ansteckendere Omikron-Variante des Coronavirus noch gar nicht komplett angekommen. Wenn die Pandemie eines in diesem Jahr zuverlässig gelehrt hat, dann, dass man nichts zuverlässig voraussagen kann.

Grafik Corona-Entwicklung Rhein-Berg 311221

Die Entwicklung der Corona-Fallzahlen 2021 in Rhein-Berg

Mit großem Engagement aller Beteiligten wurde das Impfen im Frühjahr angeschoben – trotz des großen Impfstoffmangels. Bundesweit für Schlagzeilen sorgte die Initiative des Kreises im Schulterschluss mit dem leitenden Impfarzt im Impfzentrum, Dr. Christian Meyer, Spezialspritzen zu beschaffen, mit denen sich zuverlässig sieben statt der sonst üblichen sechs Impfdosen aus jeder Biontech-Impfstoffampulle gewinnen. Dabei versuchte ausgerechnet das NRW-Gesundheitsministerium die Initiative auszubremsen, indem es Bedenken wegen der erfolgten CE-Zulassung der Spritzen ins Feld führte. Selbst NRW-Ministerpräsident Armin Laschet sprach in der Sache ein Machtwort.

Hatte Landrat Stephan Santelmann die Spritzenbeschaffung noch tatkräftig unterstützt, so entglitt ihm das Krisenmanagement danach gewaltig: Zunächst hatte er gegen die Expertise des Krisenstabs andere Entscheidungen in der Pandemiebekämpfung getroffen, dann nach einer Entpflichtungsbitte des Krisenstabsleiters selbst übernommen übernommen und den Krisenstab faktisch außer Kraft gesetzt. In der Folge entglitt die Nachverfolgung und Meldung von Fällen, so dass die für weitere Öffnungen herangezogene Zahlenlage nicht mehr annähernd der tatsächlichen Gefahrenlage entsprach.

Die Krise im Kreishaus offenbarte tief sitzende Zerwürfnisse zwischen Landrat und Verwaltung, die bis zum Jahresende noch nicht endgültig aufgearbeitet sind. Nachdem das Land die Impfzentren Ende September schließen ließ, danach die Pandemie aber wieder Fahrt aufnahm, halfen viele ehrenamtliche Initiativen, um das Impftempo wieder zu erhöhen.

Neben den mobilen Impfteams wurden der Impf-Drive-In der Gladbacher Feuerwehr für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht, entstand ein weiterer in Overath, und engagierten sich zahlreiche Initiativen von Sportvereinen über das DRK bis zu Kirchengemeinden mit eigenen Impfaktionen – im Kampf gegen das Virus, dessen weiterer Verlauf am Ende des Jahres ungewisser ist als zu Jahresbeginn.