Vor seinem Krebstod ließ Vladimir seine Samenzellen in der Uniklinik Bonn einlagern. Eine Klage um Herausgabe scheiterte in erster Instanz.
Gerichtsstreit um SamenspendeSaskia aus Niederkassel kämpft für ein Kind von ihrem toten Partner
„Ich vermisse ihn immer noch so wie am ersten Tag“, sagt Saskia aus Niederkassel. Ihr Lebensgefährte Vladimir starb vor etwas mehr als zwei Jahren, am 15. Februar 2022, an Krebs. Ein bösartiger Tumor, ein seltenes Synovialsarkom, hatte sich um sein Herz gelegt.
Zusammenziehen, eine gemeinsame Wohnung finden, vielleicht sogar ein Haus, eine Familie gründen: Die Zukunftspläne des jungen Paares wurden jäh zerstört, als der damals 36-Jährige die Diagnose Krebs bekam. Nun kämpft Saskia um die Herausgabe einer Samenspende, die Vladimir vor der ersten Chemotherapie in der Uniklinik Bonn einlagern ließ. Wenige Tage vor seinem Tod hatte er ihr noch eine Vollmacht auf Herausgabe ausgestellt. „Wir haben uns gedacht, damit brauche ich nur hingehen und bekomme die Samenspende ausgehändigt“, sagt Saskia. Doch die Uniklinik lehnte ab.
Der Krebs, ein besonders schnell wachsender und bösartiger Tumor, war zurück
Für die Angestellte am Flughafen Köln/Bonn eine Katastrophe, die zweite, so kurz nach dem Verlust ihres Lebenspartners. 5000 Euro hatte Vladimir ihr hinterlassen, das Geld sollte es ihr ermöglichen, in Holland eine künstliche Befruchtung durchführen zu lassen. So sollte der Traum von einer gemeinsamen Familie trotz allem in Erfüllung gehen. Für Saskia Traum und Trost zugleich: „Zu wissen, dass etwas von ihm bleibt“.
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Obwohl sie jahrelang bereits Arbeitskollegen waren, funkte es zwischen der dunkelhaarigen Frau und dem großen, ruhigen Mann mit dem sarkastischen Humor erst 2020. Es sei wie Liebe auf den ersten Blick gewesen, schildert die 31-Jährige.„ Er war sehr liebevoll, ein Herzensmensch.“
Schnell schon dachte das Paar an die Gründung einer Familie. Doch Vladimir, der bereits eine Krebserkrankung überwunden hatte, litt an Spätfolgen der OP. Das künstliche Zwerchfell machte Probleme, so die Einschätzung der Ärzte damals. Und Vladi tröstete seine Freundin: Nach der OP sei auch noch Zeit.
Doch bei der Voruntersuchung zum Eingriff kam der Schock: Der Krebs, ein besonders bösartiger und schnell wachsender Weichteiltumor, war zurück und hatte sich bereits durch den Oberkörper gefressen. Es folgten Chemotherapie und Operationen: Der linke Teil der Lunge und eine Rippe mussten entfernt werden, auf das angegriffene Herz wurde ein Patch gesetzt. Die anschließende Bestrahlung hatte schlimme Nebenwirkungen: „Er konnte schlecht essen, hatte Schmerzen, nichts blieb drin“, erinnert sich Saskia.
Saskia aus Niederkassel: Die erste Klage auf Herausgabe wies das Gericht ab
Mit Astronautenkost und Babynahrung versuchte sie gemeinsam mit Vladimirs Mutter, den zunehmend abgemagerten Mann aufzupäppeln. Stattlich sei er gewesen, beschreibt sie ihren Partner; 1,90 Meter groß, 130 Kilo. Zuletzt wog er nicht einmal mehr die Hälfte.
Dennoch habe besonders diese schlimme Zeit sie noch enger zusammengeschweißt, beschreibt es Saskia. Ihr Sohn aus einer früheren Beziehung, heute fünf Jahre alt, und Vladimir seien sich nah gewesen, auch Vladimirs Familie habe sie liebevoll aufgenommen. „Ich war die erste Frau, die er seiner Mutter vorgestellt hat!“ Den Ärzten im Krankenhaus hatte der Todgeweihte gesagt, nur Saskia und seine Mutter wolle er im Sterben an seiner Seite haben. Wenige Wochen vor seinem 38. Geburtstag starb er.
Seitdem kämpft Saskia darum, den gemeinsamen Kinderwunsch umzusetzen. Große Unterstützung erfahre sie dabei von Vladimirs beiden Brüdern und seiner Mutter, berichtet die 31-Jährige. Besonders die Mutter habe sich auf Enkelkinder von ihnen gefreut.
Eine Klage gegen die Uniklinik auf Herausgabe der Samenzellen wies das Bonner Landgericht im vergangenen Juni ab: Die junge Frau habe keinen Anspruch, weil sie die Vollmacht – anders als vertraglich geregelt – erst nach dem Tod ihres Lebensgefährten vorgelegt hatte. Auch hätte die Herausgabe gegen das Gesetz zum Schutz von Embryonen verstoßen, das eine Befruchtung mit dem Samen eines Toten unter Strafe stellt.
Das Geld, das ihr toter Partner Saskia vererbte, ist durch das erste Verfahren bereits verbraucht
Die Klinik und ihr Anwalt seien aber dennoch sehr unterstützend gewesen, berichtet Saskia. Man habe angeboten, die Samenspende weiter einzulagern, möglicherweise gebe es irgendwann eine Gesetzesänderung, die eine Befruchtung doch erlaube.
Saskias Anwältin legte dennoch Revision ein. Das Oberlandesgericht in Köln ließ jedoch bereits durchblicken, dass auch hier eine positive Entscheidung wenig Aussicht habe. Ihr Anliegen möchte Saskia bis zum Bundesgerichtshof tragen. Rund 10.000 Euro werde sie der Gang durch die Instanzen wohl kosten, so die Flughafen-Mitarbeiterin. Den Gerichtsstreit habe sie mit ihren eigenen Mitteln finanzieren wollen, berichtet sie, doch die 5000 Euro, die Vladimir ihr vererbte, seien durch das erste Verfahren bereits aufgebraucht. Daher riet ihr eine Freundin, die fehlenden Gelder über Crowdfunding zu generieren.
Viele positive Reaktionen habe sie erfahren, sagt Saskia, aber sie sei auch angegriffen worden. Sie wolle sich aber nicht beirren lassen, auch anderen Frauen in einer solchen Situation Mut machen: „Ich habe das angefangen, ich muss weitermachen.“