AboAbonnieren

ReaktionenStadt Troisdorf zieht im Rennen um DN-Gelände Kürzeren – Munitionsfabrik gesichert

Lesezeit 4 Minuten
Verhandlungen zwischen Diehl und der Stadt Troisdorf werden nur noch hinter verschlossenen Türen geführt. Das ist ein Ergebnis eines Treffens in der Staatskanzlei am Donnerstagvormittag

Der Rüstungskonzern hat nicht nur das Grundstück gekauft, sondern auch den bisherigen Eigentümer, die Dynamit Nobel GmbH. (Archivbild)

Der Streit zwischen Stadtverwaltung und Rüstungskonzern geht zu Ende. So reagieren das Unternehmen, der Bürgermeister und die Parteien im Stadtrat.

Vertraulich und verschwiegen wurde seit Monaten verhandelt, das Ende überraschte am Donnerstag auch die Vertreter der Kommunalpolitik in Troisdorf: Der Rüstungskonzern Diehl Defence mit Sitz in Überlingen am Bodensee hat das Rennen um den Kauf des ehemaligen DN-Grundstücks im Troisdorfer Industriepark gemacht. Wie das Unternehmen auf seiner Internetseite mitteilt, hat Diehl Defence aber nicht nur das Gelände, sondern auch 100 Prozent der Anteile am bisherigen Eigentümer, der Dynamit Nobel GmbH, gekauft.

Interesse am Kauf hatte auch die Stadt Troisdorf gehabt: Bürgermeister Alexander Biber (CDU) hatte sich gegen den „Bau einer großen Munitionsfabrik“ gewandt und neben seiner eigenen Fraktion unter anderem die Grünen und die Linke im Stadtrat als Unterstützer gewonnen. Mit dieser Mehrheit verabschiedete das Gremium im November 2023 eine Vorkaufsrechtssatzung.

Dynitec produziert am Standort Troisdorf für militärische Kunden

Die werde allerdings den Verkauf nicht verhindern können, erklärte auf Anfrage David Voskuhl, Sprecher von Diehl Defence: Derartiges Satzungsrecht greife nur bei einer Grundstückstransaktion, nicht aber in diesem Fall, wo die Eigentümergesellschaft samt Grundstück den Besitzer wechselte. „Unser Ziel war ja, diesen Standort langfristig zu sichern“, sagte Voskuhl.

Alles zum Thema Stadtrat Köln

Nun habe Diehl die „höchstmögliche Planungssicherheit“. Denn auch die Troisdorfer Genehmigungshaltergesellschaft (TGHG) gehört zum erworbenen Paket – und damit auch die zwingend erforderlichen Betriebsgenehmigungen. Vorstandsvorsitzende Helmut Rauch habe Bürgermeister Alexander Biber informiert, sagte Voskuhl. „Wir sind weiter offen für Gespräche“.

Auf Gespräche setzt auch der Bürgermeister: „Wir sind nach wie vor im Kontakt mit Diehl“, sagte er am Donnerstagnachmittag. Es gehe darum, zu klären, „ob die Möglichkeit besteht, irgendwann Eigentümer der Flächen zu werden.“ Sein Ziel wäre es dann, schon jetzt eine vertragliche Vereinbarung zu treffen, wie ein solcher Übergang aussehen könne.

Betriebsratsvorsitzende der Dynitec zeigt sich „überglücklich“

„Nach wie vor eine Chance“, sieht Alexander Biber schon jetzt: Während DN bislang immer nur „ganz oder gar nicht“ habe verkaufen wollen, könnte man nun mit Diehl vielleicht ins Gespräch über Teilflächen kommen, die der Konzern nicht brauche. Damit, Biber nannte fünf bis sechs Hektar, „könnte man schon einiges machen.“

Wie mehrfach berichtet, hatte die Firma DynItec, eine Tochter von Diehl und Rheinmetall, einen bis Ende 2026 befristeten Mietvertrag. „Wir wollen raus aus der Position des Mieters“, hatten die Verantwortlichen stets erklärt. „Das Heft des Handelns in die Hand bekommen“ wollten die Befürworter eines Kaufs seitens der Stadt. Ein Kaufpreis wurde am Donnerstag nicht genannt, dem Vernehmen nach soll Diehl aber allein für das Grundstück bereits ein Vielfaches dessen geboten haben, was die Stadt anzubieten hatte. Thema war auch immer wieder die offene Frage, wer für eine notwendige Altlastensanierung aufkommen müsste.

„Überglücklich“ zeigte sich am Donnerstag der Betriebsratsvorsitzende von DynItec, Metin Bozkurt. „Richtig harte Monate“ lägen hinter den fast 150 Beschäftigten von DynItec, die Zündmittel und elektronische Zündsysteme für militärisch Abnehmer herstellen. „Wir haben viele junge Mitarbeiter, die nicht wussten, ob es hier weitergeht oder nicht“, so Bozkurt.

FDP und Grüne in Troisdorf sind zufrieden mit der Entscheidung

Aus der Sicht von Diehl sei der Kauf „vermutlich nicht mehr als konsequent“, kommentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende Harald Schliekert die Entscheidung. Und: „Für mich fühlt es sich im Moment richtig an“. Die SPD hatte mit Hinweis auf ein unwägbares finanzielles Risiko sowie den Verlust von Arbeitsplätzen gegen ein städtisches Engagement gestimmt. Noch lieber hätte er gesehen, wenn die Stadt mehr in die Verhandlungen mit einbezogen worden wäre.

„Super“ entfuhr es spontan dem FDP-Fraktionschef Dietmar Scholtes, den diese Zeitung über den Abschluss informierte, „Es entspricht unserer Intention“. Auch die Liberalen hatten vor den hohen Kosten gewarnt und auch die rüstungspolitische Bedeutung des Standorts betont. Bis in den Bundestag war das Thema gelangt.

Für Thomas Möws, den Vorsitzenden der Grünen-Fraktion im Troisdorfer Stadtrat, ist die Entscheidung „folgerichtig“: Der wirtschaftlich stärkere Partner sei nun einmal Diehl; eher sei die Dauer der Verhandlungen erstaunlich. Die Grünen hatten im November 2023 für die Aufstellung eines Bebauungsplans und eine Vorkaufsrechtssatzung gestimmt.

CDU-Fraktionsvorsitzender in Troisdorf von DN-Nachricht überrascht

Die Käufer hätten zugesagt, die Grundstücke zu sanieren, sagte Möws. „Da stehen sie jetzt im Wort“, die Sanierung sei ja ein Grund für das Kaufinteresse der Stadt gewesen. Mit diesem Thema werde man nun auf die Stadt und den Kreis zugehen. In der Verantwortung sieht übrigens auch Bürgermeister Alexander Biber die neuen Eigentümer, was eine mögliche Altlastenbeseitigung angeht: Als Rechtsnachfolger der Dynamit Nobel GmbH habe Diehl neben den Rechten auch die Pflichten übernommen.

Überrascht von der Nachricht wurde auch Friedhelm Herrmann, der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Troisdorfer Stadtrat: „Am Montag hatten wir noch 'mal nachgefragt bei der Verwaltung“; ihm sei nicht bekannt, dass es nun einen Verkaufsabschluss gebe. Dass die Stadt nun aus dem Rennen sei, würde er aber nicht sehen.

Man habe sich das Vorkaufsrecht gesichert; wenn die Pläne mit den städtebaulichen Zielen nicht zusammenpassten, „haben wir die Möglichkeit zu reagieren.“ Es sei „nicht ausgeschlossen, dass alle Interessen befriedigt werden.“