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Neuer Aufbruch nach unbefriedigender SaisonJan Thielmann will beim 1. FC Köln mehr Führung übernehmen

Lesezeit 4 Minuten
Jan Thielmann vom 1. FC Köln hat im Testspiel gegen Poll die Kapitänsbinde übernommen.

Auch wenn es „nur“ im Testspiel war: Jan Thielmann mit der FC-Kapitänsbinde

Der immer noch erst 22-jährige Jan Thielmann geht in seine bereits sechste Profi-Saison beim 1. FC Köln. 

Er ist immer noch erst 22 Jahre alt, doch er geht bereits in seine sechste Profi-Saison beim 1. FC Köln. Jan Thielmann ist mittlerweile sogar nach Florian Kainz der dienstälteste Spieler des Bundesliga-Absteigers. Und einer, auf den neue Aufgaben warten.

Thielmann hätte den Weg in die 2. Bundesliga aufgrund einer Ausstiegsklausel nicht mitgehen müssen, Alternativen hätte es für den zehnfachen U21-Nationalspieler sicherlich gegeben. Doch ihm war schnell klar, dass er dem Klub treu bleiben würde. Zwar habe er den Gang in die Zweitklassigkeit erst einmal verarbeiten müssen, doch sein Entschluss stand dann doch schnell fest. „Eine lange Bedenkzeit im eigentlichen Sinne habe ich mir aber nicht genommen. Ich habe mich relativ schnell dafür entschieden, den Weg mit dem FC weiterzugehen. Der FC ist kein Verein, den man einfach so hinter sich lassen kann. Deswegen kann ich es gut verstehen, dass die meisten Spieler mit Ausstiegsklausel geblieben sind. Genauso wie ich – weil der FC einfach eine Herzensangelegenheit ist. Jetzt zu gehen, wäre ein bisschen so, als würde man den FC im Stich lassen. Und das macht keiner gerne“, sagt Thielmann.

Erst recht nicht nach der vorherigen Saison, die nicht nur für seine Mannschaft, sondern auch für ihn selbst kein Ruhmesblatt und überhaupt nicht nach Wunsch verlaufen war. Das Dilemma begann schon im vergangenen Juni: Thielmann hatte sich kurz vor der U21-EM am Knie verletzt. Die fand dann genauso ohne in statt wie die Vorbereitung im Verein und der Saisonbeginn. Er benötigte danach seine Zeit, um wieder in den Fluss zu kommen. Nicht förderlich war sicherlich auch, dass er auf dem Platz nie eine feste Position hatte: Thielmann kam erst unter Trainer Steffen Baumgart, dann unter dessen Nachfolger Timo Schultz als Mittelstürmer, Rechtsaußen, im rechten Mittelfeld und später auch als Rechtsverteidiger zum Einsatz. Anfang März hatte er sich zudem im Derby gegen Leverkusen (0:2) eine Rote Karte eingehandelt, die ihn erneut zum Zuschauen zwang.

Bisweilen wirkte es manchmal dann fast so, als wollte es der extrem ehrgeizige Thielmann erzwingen, die Grenzen zwischen großer Motivation und Übermotivation waren bei ihm fließend. Am Ende stand eine dürftige Bilanz: 22 Pflichtspiele, ein Tor, keine Torvorlage.

1. FC Köln: Thielmann verspürt trotz des Abstiegs wieder Vorfreude

Doch beim 1. FC Köln weiß man, was man an einem (fitten) Thielmann hat. Umgekehrt genauso. Die Fans sehen in ihn sogar eine Identifikationsfigur. 124 Pflichtspiele als Profi hat er mittlerweile für den FC absolviert, da wird es Zeit für neue Aufgaben. Eine ist, noch mehr Verantwortung zu übernehmen, das sieht er selbst so: „Man wächst so langsam in die Führungsrolle rein. Gerade den jungen Spielern kann ich den ein oder anderen Tipp geben. Für mich ist es gut, jetzt ein bisschen mehr Erfahrung zu haben und mehr vorangehen zu können.“

Und zwar auf einer defensiveren Position. Der neue Cheftrainer Gerhard Struber hat Thielmann ebenfalls als Rechtsverteidiger eingeplant – auch wenn das noch nicht final entschieden sei. „Aber Jan zeigt stabile Leistungen auf dieser Position, er trainiert dort auch gut und bringt von seinem Profil her viel für die Position mit“, sagt Struber. Auch Thielmann kann sich mit dieser offenbar gut arrangieren, sie werde unter dem neuen Trainer ohnehin relativ offensiv ausgelegt, sagt der FC-Profi: „Man hat dort viel Drang nach vorne. Wir wollen viel Ballbesitz haben, deswegen ist es eine Position, mit der ich mich zu hundert Prozent identifizieren und einige Meter gehen kann. Offensiv werde ich immer wieder meine Aktionen haben.“

So merkwürdig es für Fußballfans außerhalb der FC-Bubble auch klingen mag: Trotz des Abstiegs und der selbst eingehandelten Transfersperre ist die Atmosphäre rund um das Geißbockheim viel besser als gedacht und noch vor ein paar Wochen, manch einer hat sogar eine Aufbruchstimmung ausgemacht. So auch Thielmann – auch wenn man sich die vergangene Saison natürlich anders vorgestellt habe: „Aber der FC lebt von seinen Fans, und die sind auch in schlechten Zeiten für den FC da. Wir freuen uns, dass so viele Fans bei den Trainingseinheiten dabei sind. Ich glaube, auch für sie macht es wieder mehr Spaß.“

Vorfreude auf den Zweitliga-Auftakt gegen den HSV mit Steffen Baumgart

Und da der befürchtete Spieler-Exodus ausgeblieben ist, der FC die meisten Leistungsträger halten konnte und das Team den höchsten Kader-Marktwert der Liga hat, sehen einige Experten und Kontrahenten die Kölner sogar als Aufstiegsfavoriten an. „Es ist natürlich unser Ziel, schnellstmöglich wieder aufzusteigen“, entgegnet Thielmann.

Und am ersten Spieltag der 2. Bundesliga weht ohnehin schon wieder der Hauch großer Spiele durch Müngersdorf, schließlich kommt der Hamburger SV mit Trainer Baumgart nach Köln. Thielmann frohlockt schon: „Da ist einiges an Extra-Motivation dabei. Die Vorfreude darauf ist groß, es sind zwei große Traditionsvereine, bei denen wir uns alle einig sind, dass sie in die Bundesliga gehören. Es ist das größte Duell in der 2. Liga. Deswegen wird es am ersten Spieltag womöglich ein Feuerwerk geben.“