Der FC Köln zieht Bilanz nach dem Spanientrip: Trotz auskurierter Krankheiten und Abwesenheiten nutzte Trainer Timo Schultz die Zeit, um an Offensive und Zusammenhalt zu arbeiten. Die Hoffnung auf den Klassenerhalt bleibt.
Geist von Algorfa1. FC Köln steigert Teamfähigkeit und Offensivleistung während Spanientrip
Am Freitagvormittag stand in Algorfa erstmals auch Dejan Ljubicic auf dem Rasen, der Kölner Mittelfeldspieler studierte nach auskuriertem Infekt mit Luca Waldschmidt ein paar Pass- und Laufwege inklusive Abschluss ein. Timo Schultz beobachtete das dezent aus der Ferne. Nach dem Anschwitzen seiner Mannschaft für das Testspiel am Nachmittag gegen den isländischen Erstligisten Breidablik Kópavogur hatte der Chefcoach sichtlich Spaß beim Kleinfeld-Spiel mit Trainerteam und Mitarbeitern. Zum Abschluss trafen sich die Profis noch zu einem Mannschaftsabend, am Samstagvormittag fliegen die Kölner wieder in die Heimat.
Wie steht es also nach knapp sechs Tagen um den „Geist von Algorfa“? Als einziger Erst- und Zweitligist nutzte der FC die Länderspielpause für einen Trip in den Süden. Eine Antwort liegt bereits vor: Es hat in jedem Fall nicht geschadet.
„Auch wenn uns einige Spieler in Spanien gefehlt haben, haben wir die Zeit gut genutzt. Wir haben den Reset-Knopf gedrückt und wollten die Sinne schärfen, um mit Anlauf den Saison-Endspurt einzuläuten“, sagte Schultz und nahm alle in die Pflicht: „Vom Trainer bis zum Zeugwart weiß jeder, worum es in den nächsten zehn Wochen gehen wird. Wir stehen nun einmal auf einem Abstiegsplatz, aber wir haben noch alles in der Hand und können es in der Crunchtime für uns regeln. Das Restprogramm gibt das her, auch eine Serie ist möglich.“
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Der Ostfriese, seit dem 4. Januar im Amt, strahlte in diesen Tagen großen Optimismus aus. Schultz förderte und forderte seine Spieler. War freundlich, oft locker, aber in der Sache bestimmt. Der Coach gab einige Interviews, in denen er von seiner „coolen“ Mannschaft, den vielen Talenten und der Perspektive des FC beinahe schwärmte. Aber er negierte auch die Probleme nicht. Es hat Gründe, warum die Kölner nach einer guten und einer soliden Saison abgestürzt sind.
Christian Keller nutzte Zeit für Gespräche
Schultz, aber auch Sport-Geschäftsführer Christian Keller und Lizenzspielleiter Thomas Kessler nutzten die Zeit für Gespräche. Doch auch Arbeit auf dem Platz war angesagt. Schultz stellte – reichlich spät in dieser Saison – das Spiel mit dem Ball in den Vordergrund der bisher so offensivschwachen Mannschaft. Aber es ging auch darum, den Zusammenhalt zu stärken und dem angeschlagenen Team Selbstvertrauen einzuimpfen.
In dieser Saison zeigte sich, dass die Spieler offenbar Probleme mit Druck haben, der im Abstiegskampf auf ihnen lastet und den sie beim FC in den vergangenen beiden Spielzeiten nicht gewohnt waren. Die Mannschaft hat oft Angst vor dem Verlieren. Selbst nach Führungen. Die sollten eigentlich Sicherheit und Auftrieb geben, doch meist war das Gegenteil der Fall. Gegen Heidenheim (1:1), in Wolfsburg (1:1), bei der TSG Hoffenheim (1:1) oder sogar gleich zweimal im Derby in Gladbach (3:3) reichten Führungen nicht zum Sieg. Zuletzt beim 1:5 gegen Leipzig brachen die Kölner nach Adamyans zwischenzeitlichen Ausgleich in der zweiten Halbzeit in sich zusammen.
Die Mannschaft, auch das bestätigte sich in Algorfa, ist keine Ansammlung von Ich-AGs, von Egomanen. Es gibt keine auffällige Cliquen-Bildung, kein Abkapseln Einzelner. Diese Mannschaft ist eine Einheit von überwiegend freundlichen Charakteren, der es aber sportlich an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und an der Qualität fehlt. Die aber auch von den Persönlichkeiten nicht gut zusammengestellt ist. Denn viele Spieler ticken sehr ähnlich. Folge: Es gibt kaum Reibung.
Die letzte Sommer-Transferperiode war ein Schuss in den Ofen, das gab Sportchef Keller zuletzt im Grunde selbst zu. Und im Winter durfte der FC wegen der Transfersperre nicht nachlegen. Auffällig ist zudem, dass es der Mannschaft an der Fähigkeit zur Selbstregulation fehlt. Sie nimmt nur selten Dinge selbst in die Hand, sondern muss dazu angeleitet werden. Die Verantwortlichen haben in den letzten Wochen noch einmal getan, was sie in der Situation des FC machen konnten. Sie haben den Trainer gewechselt, für manchen vielleicht zu spät. Sie haben die Spieler kritisiert, dann auch wieder gestreichelt. Sie haben ein Trainingslager organisiert. Und fordern jetzt ein, dass die Mannschaft mit Leistung zurückzahlt. Das durchaus machbare Restprogramm lässt ihr dazu noch die Chance. In normalen Bundesliga-Jahren wäre ein Verein mit nur 18 Punkten aus 26 Spielen längst verloren.
Für einen Selbstreinigungsprozess des Teams ist eigentlich auch der Mannschaftsrat verantwortlich, den Kapitän Florian Kainz, seine Stellvertreter Mark Uth und Marvin Schwäbe sowie Benno Schmitz, Timo Hübers und Davie Selke bilden. Doch deren Mitglieder haben zum Teil sportlich mit sich zu kämpfen, sind verletzt außen vor oder ohnehin keine Lautsprecher. Der werdende Vater Schwäbe und der weiter um sein Comeback kämpfende Uth waren an der Costa Blanca gar nicht dabei, Kainz reiste nach der Geburt seines Sohnes nach. Der ruhige Österreicher hat registriert, dass sich etwas ändern muss und suchte die Gespräche mit seinen Kollegen.
Finkgräfe vorzeitig abgereist
Nicht optimal war neben den vier Länderspielabstellungen (Jan Thielmann, Leart Pacarada und gleich beide defensive Mittelfeldspieler Eric Martel und Denis Huseinbasic), dass Dejan Ljubicic und Linton Maina gehandicapt waren. Sie kurierten ihre Infekte aus, nur ein individuelles Programm war möglich. Doch jetzt werden sie zurückkehren. Auch Luca Waldschmidt könnte nach dem Augsburg-Spiel am 31. März endlich wieder zu einer Option werden. Bitter war hingegen, dass Senkrechtstarter Max Finkgräfe vorzeitig abreisen musste. Noch gibt es keine veröffentlichte Diagnose, warum der 19-jährige Linksverteidiger an starken Rückenschmerzen laboriert.
Ab Montag bereitet sich der 1. FC Köln dann auf die Partie in Augsburg vor. Sollten die Kölner bei ihrer Rettungsmission scheitern, würde Trainer Timo Schultz mit dem FC auch mit in die 2. Liga gehen, das machte er deutlich. Und was entscheidend ist: Auch Sportchef Keller kann sich das offenbar gut vorstellen. Doch vorerst hofft der FC, dass er die Dinge noch für sich selbst regeln kann. Zum Guten.