Leverkusen – Wenige Trainer in der Fußball-Bundesliga, die nicht für den FC Bayern München arbeiten, sind mit einem Überfluss an Personal und Talent konfrontiert, wie ihn Hannes Wolf in Leverkusen angetroffen hat. Der Nachfolger von Peter Bosz muss einen Kader, der für drei Wettbewerbe zusammengestellt wurde, durch die letzten Spiele der Saison navigieren. Der Haken an diesem Geschenk: Ein Verfehlen des einzig verbliebenen Ziels, der Europa League, ist undenkbar. Das verpflichtet den 39-Jährigen zu einem Höchstmaß an fußballerischem Realismus, wie er beim schmucklosen 2:1-Auftaktsieg gegen den Tabellenletzten Schalke 04 bereits praktiziert wurde.
Daran wird sich auch im vorläufig letzten Montagsspiel der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim nicht ändern. „Das wird ein schweres Spiel gegen einen guten Gegner. Wir werden unsere beste Leistung brauchen, und ich rechne mit einem knappen Ergebnis“, sagt der Interimstrainer, der sein gegen Schalke einigermaßen solides Grundgerüst kaum ändern wird. Vor der Abwehr-Dreierkette (Jonathan Tah, Sven Bender, Edmond Tapsoba) werden zwei defensive Mittelfeldspieler (Aranguiz, Palacios) für Kompaktheit in der Spielzentrale sorgen. Die Außenspieler sind angehalten, bei Ballverlusten schnell eine Fünferkette zu erzeugen, und für Torchancen im Offensivspiel wird auch die individuelle Qualität verantwortlich sein.
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Dass der Gegner mit dem Negativerlebnis von drei in Folge verlorenen Spielen mitten in einer Krise steckt, beeindruckt Wolf nicht. „Das ist eine Mannschaft mit hoher fußballerischer Qualität und Geschwindigkeit, vor diesen Niederlagen haben sie Wolfsburg geschlagen, jeder weiß, dass sie Fußball spielen können“, erklärt er. Da kann er jede Option im eigenen Kader gut gebrauchen. Acht Tage mehr mit seiner neuen Mannschaft haben ihm sehr geholfen. „Die Nationalspieler, die erst kurz vor dem Schalke-Spiel zurückkamen, haben erstmals richtig mit trainiert“, sagt Wolf, der sich darüber freuen darf, dass es keine weiteren Ausfälle durch Verletzungen und Corona gegeben hat. Dailey Sinkgraven wird als Alternative für den notorisch wackligen Wendell wieder in den Kader kommen. Paulinho ist nach überstandenem Kreuzbandriss voll belastbar, aber noch kein Thema für Hoffenheim.
Hannes Wolf ist klar, dass er mit seiner Mannschaft tendenziell mehr klare Torchancen kreieren muss als die drei, die zu einem 2:1-Sieg gegen Schalke genügt haben. Allerdings will er das nicht zum Preis eines unkalkulierbaren Risikos tun. „Wir wollen das eine, ohne das andere zu verlieren“, erklärt der Fußball-Lehrer. Auf die Frage, an was er in den zurückliegenden acht Tagen gearbeitet hat, antwortet Wolf: „An allem. Defensive, umschalten, Offensive, Standardsituationen. Einfach an allem.“ Dabei hat er den Kader, der unter Peter Bosz eher kurze, teilweise sehr harte Einheiten mit Ball und regelmäßige Pausen gewohnt war, nicht geschont: „Wir haben relativ viel trainiert, aber auf eine Art, dass alle frisch sein sollen im Spiel.“
Zu den Gewinnern der Woche dürfte Florian Wirtz gehören. Der 17-Jährige hat seinen neuen Trainer schon beim Kurz-Einsatz gegen Schalke und der Vorbereitung des zwischenzeitlichen 2:0 überzeugt, wohingegen der Ex-Hoffenheimer Nadiem Amiri nach zuletzt enttäuschenden Leistungen wohl eine Pause bekommen wird.