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Klimaaktivisten legen Airport lahmWie konnte das am Flughafen Köln/Bonn nur passieren?

Lesezeit 4 Minuten
Mitarbeiter des Flughafens sichern den beschädigten Zaun: Hier hatten sich fünf Aktivisten unbefugt Zutritt verschafft und den Flugbetrieb lahmgelegt.

Mitarbeiter des Flughafens sichern den beschädigten Zaun: Hier hatten sich fünf Aktivisten unbefugt Zutritt verschafft und den Flugbetrieb lahmgelegt.

Rund drei Stunden ging auf dem Flughafen Köln/Bonn nichts mehr. Wie haben es die Klimaaktivisten auf das Gelände geschafft?

Wer am frühen Mittwochmorgen vom Flughafen Köln/Bonn in den Urlaub starten wollte, hatte schlechte Karten. Gegen 5.30 Uhr durchschnitten Klimaaktivisten den 19 Kilometer langen Maschendrahtzaun, der das Flughafengelände umgibt, und klebten sich auf dem Rollfeld fest. Bundes- und Landespolizei rückten an, dazu Flughafensicherung und -feuerwehr. Rund drei Stunden dauerte es, bis sie die Aktivisten entfernt hatten. Währenddessen stand der Flugbetrieb still: 31 Flieger fielen aus, sechs wurden umgeleitet, hinzu kamen zahlreiche Verspätungen. Der Flughafen erwartete am Mittwoch eigenen Angaben zufolge knapp 38.000 Fluggäste.

Aktivisten hatten Zeit für Fotos

Die „Letzte Generation“, die für die Aktion verantwortlich zeichnete, versendete gegen Mittag eine Pressemitteilung inklusive Bildmaterial. Es zeigt drei Aktivisten auf dem Rollfeld des Köln/Bonner Flughafens, mit festgeklebten Händen, orangen Warnwesten und einem Plakat mit der Aufschrift „Öl tötet“. Auf Instagram gibt es sogar Videos der Aktivisten, die ihre Forderungen an die Klimapolitik vortragen.

Was daran erstaunt, ist nicht nur die Marketingtaktik der Gruppe, sondern dass sie überhaupt Zeit für solche Aufnahmen hatten. Die Aktion sei eine mehreren internationalen Aktivitäten gewesen, heißt es von der Gruppe. Mit einem entscheidenden Unterschied: In Barcelona beispielsweise hatten Klimaaktivisten Ähnliches vor – und wurde auf dem Rollfeld gestoppt. Auch in Oslo schafften sie es aufs Rollfeld, aber klebten sich nicht fest. Und noch eine weitere Frage stellt sich: Wieso kommt man durch ein Loch im Zaun auf ein Flughafengelände? Und zwar so unbeobachtet, dass die Aktivisten dem Vernehmen nach sogar noch ihre Fahrräder durch den Zaun bugsieren konnte, um zum Rollfeld zu fahren.

Flughafen: Sicherheitskonzept funktioniert

Der Flughafen Köln/Bonn äußerte sich am Nachmittag zu dem Vorfall. „Der widerrechtliche Zutritt zum luftseitigen Bereich des Flughafens ist absolut inakzeptabel und stellt eine Gefährdung für den Flugbetrieb dar“, sagte Flughafenchef Thilo Schmid. „Von der Unterbrechung waren Tausende Reisende betroffen, von denen heute viele in den Sommerurlaub starten wollten. Am Standort finden Ambulanzflüge statt, zudem sind die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung sowie Rettungshubschrauber in Köln/Bonn stationiert.“

Die Meldeketten zwischen dem Flughafenbetreiber und den zuständigen Sicherheitsbehörden hätten funktioniert, heißt es weiter, sodass polizeiliche Maßnahmen unverzüglich eingeleitet und die unbefugten Personen umgehend lokalisiert werden konnten. Übersetzt heißt das: Ja, die Aktivisten haben es bis auf das Rollfeld geschafft, aber wir haben sie schnell entdeckt.

Gleiche Taktik wie in Düsseldorf

In der Vergangenheit war es immer wieder zu ähnlichen Zwischenfällen gekommen. Vor einem Jahr legten Aktivisten den Flughafen Düsseldorf lahm, auch hier kamen sie durch den Zaun. Haben Flughafenbetreiber und Behörden nichts gelernt? Ein Sprecher des Flughafens Köln/Bonn bittet um Verständnis, dass er zu den Sicherheitsvorkehrungen nicht öffentlich sprechen könne, sie seien geheim. Nur so viel: Die Sicherheitskonzepte würden stetig angepasst. Es ist also davon auszugehen, dass die Diskussionen rund um die Sicherung von Flughafengeländen an Fahrt aufnehmen dürften.

Das Verkehrsministerium des Landes NRW teilt auf seiner Website mit, wer wofür zuständig ist: Das Luftfahrtbundesamt soll Gefahren von außen frühzeitig erkennen und beseitigen. Die Verkehrsflughäfen müssen ihr Gelände sichern, insbesondere sollen sie den unberechtigten Zutritt zu den Sicherheitsbereichen verhindern. Die Flughafenbetreiber müssen ein Luftsicherheitsprogramm vorlegen, das die Aufsichtsbehörde genehmigt – im Fall von Köln/Bonn ist das das Verkehrsministerium.

Bundesregierung will Strafen verschärfen

„Ich habe keinerlei Verständnis für solche Aktionen. Das hat mit legitimem Protest nichts zu tun; das ist dumm und kriminell und gefährdet Menschenleben“, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er begrüße ausdrücklich, dass die Bundesregierung einen Gesetzentwurf eingebracht hat, der die Strafen für solche Aktionen deutlich verschärfen soll. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren für das Eindringen auf Flughäfen verhängt werden können. „Ich hoffe, das schreckt vor solchen gefährlichen Eingriffen in den Luftverkehr ab.“ Rückfragen zum Sicherungskonzept des Flughafens ließ der Minister unbeantwortet.

Auch NRW-Innenminister Herbert Reul äußert sich gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Ich bin kein Klimaforscher, aber mit Kleber Klima schützen, klappt nicht. Was diese Leute da veranstalten, hat nichts mit Protest und Meinung zu tun, sondern das sind gleich mehrere Straftaten. Dazukommt, dass sich für viele tausende Urlauber die Reise ins Ungewisse verschiebt, weil sie nicht wegkommen. Das ärgert nicht nur, sondern erweist dem Klimaschutz einen Bärendienst“, teilte er mit. Für die Kölner Klimaaktivisten gab es Strafanzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, gefährlichen Eingriffs in den Luftverkehr und Hausfriedensbruchs.