Will NRW bis 2045 klimaneutral sein, muss die Energie-Infrastruktur angepasst werden. Die Landesregierung startet ein Gemeinschaftsprojekt der Versorger.
Klimaneutralität in NRW bis 2045Energie-Versorger kommen nur gemeinsam zum Ziel
Der Ausbau der Energie-Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen, also von Strom, Gas, Wärme und Wasserstoff, soll ab sofort gemeinsam geplant werden. Das ist nach Auffassung von NRW-Wirtschafts- und Energieministerin Mona Neubaur (Grüne) dringend erforderlich, um das im Klimaschutzgesetz festgeschriebene Ziel der Klimaneutralität Deutschlands bis 2045 zu erreichen.
Der komplette Umbau des Energiesystems innerhalb von 22 Jahren könne nur gelingen, wenn „wir bereits heute die Infrastruktur für das Energiesystem von morgen planen“, sagte Neubaur am Montag in Düsseldorf.
Gemeinsam mit den Unternehmen Open Grid Europe und Thyssengas, die Gasfernleitungen betreiben, dem Übertragungsnetzbetreiber Amprion und dem Verteilnetzbetreiber Westnetz hat die Landesregierung deshalb das Forschungsprojekt „Integrierte Netzplanung NRW“ ins Leben gerufen.
Ziel ist die erstmalige Erprobung einer systemübergreifenden Betrachtung der unterschiedlichen Energie-Infrastrukturen für das einwohner- und industriestärkste Bundesland mit einem bisher einzigartigen Detailierungsgrad der Untersuchungen und Ergebnisse.
Bisher wurde der Ausbaubedarf für Gasleitungen und Stromnetze in getrennten Prozessen und nach unterschiedlichen Vorgaben ermittelt. Wie groß und detailliert eine Wasserstoff-Infrastruktur im Industrieland NRW ausfallen muss, wurde bisher noch gar nicht grundlegend ermittelt.
„Das Ziel der Klimaneutralität kann auf unterschiedlichen Pfaden erreicht werden, so dass mit robusten Infrastrukturmaßnahmen wie der Wasserstoff-Infrastruktur begonnen werden muss, die wir in allen Szenarien brauchen“, sagte Neubaur. „Ein solch umfassender Prozess zur Bedarfsermittlung für Energieinfrastrukturen sollte kurzfristig auch auf Bundesebene angestoßen werden. Nur so können wir das Klimaneutralitätsnetz bis 2045 realisieren.“
NRW will beim Umbau des Energiesystems Vorreiter sein
Eine Vorreiterrolle des bevölkerungsreichsten Bundeslands bei der Transformation des Wirtschaftsstandorts wünscht sich auch Hendrik Neumann, technischer Geschäftsführer der Amprion. Die neu zu schaffende Infrastruktur für Wasserstoff mit ihren Elektrolyseuren müsse „von Anfang an sowohl an den Erfordernissen der Industrie als auch des Stromnetzes ausgerichtet werden“, sagte Neumann.
Amprion plane die direkte Anbindung großer Mengen von Offshore-Windenergie aus dem Norden in NRW. Um das möglichst schnell umzusetzen, sei eine Bündelung in Energiekorridore sinnvoll.
Der Aufbau eines Wasserstoff-Startnetzes muss nach Auffassung von Thomas Gößmann besonders schnell erfolgen, damit Deutschland die selbstgesteckten Klimaziele auch erreiche. „Die Fernleitungsnetzbetreiber haben bereits aufgezeigt, dass sie eine Wasserstoff-Infrastruktur effizient aus der bestehenden Erdgas-Infrastruktur heraus entwickeln können.“
Gleichzeitig habe auch der Prozess zur „Integrierten Netzplanung NRW“ belegt, „dass wir Betreiber von Strom- und Gasnetzen für die Bewältigung des erheblichen Anpassungsbedarfs in den verschiedenen Energie-Infrastrukturen gut zusammenarbeiten können. Wir müssen das Methan-Transportnetz gemeinsam mit der zukünftigen Wasserstoff-Infrastruktur betrachten und die Schnittstellen zum Stromsystem einbeziehen.“
Das neue gemeinsame Projekt zeige „den Pioniergeist an Rhein und Ruhr“, sagte Jörg Bergmann, Sprecher der Geschäftsführung von Open Grid Europe: „Wir in NRW haben einen klaren Plan für das Energiesystem der Zukunft.“
Die bereits vorhandenen Strom- und Gasverteilnetze „seien das Rückgrat der Energiewende“, so Patrick Wittenberg, Mitglied der Geschäftsführung bei Westnetz. Sie seien das Bindeglied zwischen den erneuerbaren Energien, den Verbrauchern und den überregionalen Netzen. In Zukunft „könnten die Erdgasverteilnetze als Schnittstelle zum Wasserstoff-Startnetz für die Versorgung mit grünen Gasen genutzt werden.“ Das sei wichtig, weil 70 Prozent der mittelständischen Industriebetriebe ihre Produktion aus technischen Gründen nicht elektrifizieren können. Diese Unternehmen seien „auf gasförmige Energieträger wie Wasserstoff angewiesen, um ihre Prozesse zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern.“