Der Weg eines Pakets: Durch ein Labyrinth aus Förderbänderm zum richtigen Flugzeug. Wie der UPS-Air Hub in Köln/Bonn als ein Tor zur Welt funktioniert.
Über Köln in die WeltRiesige Anlage sortiert am Flughafen nachts bis zu 190.000 Pakete pro Stunde
Nachts schläft Köln, größtenteils. Ein Ort in Wahn fährt jetzt erst richtig hoch. 38 Kilometer Förderband rollen dann los: Die Paketsortieranlage des United Parcel Service, UPS. Sie ist das Herz des Air Hubs, dem wichtigsten außerhalb der USA für den US-amerikanischen Logistiker. Und er macht Köln zum Drehkreuz für Luftfracht weltweit.
Es ist 23 Uhr, die Hauptumschlagszeit beginnt. Ein LKW fährt rückwärts an eine der Luken. 300 Fahrzeuge von Kleintransporter bis Sattelzug fahren hier jede Nacht vor. Auf der anderen Seite der Luke, im inneren der Halle „Fracht West“, verschlingt eine riesige Anlage aus Förderbändern dessen Ladung. Mitarbeiter laden Paket für Paket aus dem Auflieger und sortieren nach Größe auf die Bänder. Sie fördern die künftige Luftfracht tiefer in das Labyrinth aus Bändern und Rutschen. Bis zu 190.000 Pakete pro Stunde rasen durch dieses Netz, angetrieben von 9600 Motoren.
„Die Anlage darf in dem engen Zeitfenster von drei Stunden nicht stehen bleiben“, sagt Unternehmenssprecher Jan Heitmann. Denn bis 2.30 Uhr muss ein Großteil der Fracht fertig sortiert sein, dann starten viele der Flugzeuge. Die Anlage überwachen Mechaniker und Ingenieure vom Kontrollzentrum aus, dem Gehirn des Hubs. Sie werden von UPS eigens ausgebildet und kennen jeden Zentimeter Förderband. Über Videokameras und Daten von Sensoren haben sie die Pakete im Blick. „Ein Stillstand in der Nacht ist das Schlimmste, was passieren kann“, sagt Heitmann. Gibt es Störungen, rücken Reparaturtrupps umgehend aus.
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Als erstes läuft die Ladung des LKW durch die UPS-eigene Kontrolle. Röntgengeräte durchleuchten sie auf der Suche nach Sprengstoff. Öffnen dürfen die Mitarbeitenden von UPS die Pakete nicht, dazu ist nur der Zoll berechtigt. Die Beamten sehen sich ausgewählte Fracht an oder werden hinzugerufen. Sie prüfen zum Beispiel auf verbotene Substanzen. Zur Abwicklung mit dem Zoll gehört auch ein bürokratischer Aufwand. Dafür sind allein 500 der 3600 Köln/Bonner Angestellten von UPS zuständig, allerdings nicht wie ihre Kollegen nachts an den Anlagen, sondern in einem Bürogebäude am Flughafen.
Sind die Pakete unauffällig, transportieren die Bänder sie weiter. Teilweise sogar über Brücken in andere Hallen. Sieben betreibt UPS am Air Hub. Unter dem Hallendach „Fracht West“, 19 Meter über dem Boden, kommen besonders kleine Päckchen an. Geschosse mit Gitterboden sind verschachtelt in die Höhe gezogen. Ganz oben kommen die Päckchen an, die leichter als fünf Kilogramm sind, zu leicht, um alleine weiterzufliegen. Fälle für die Kleinsortierung.
Hier fallen die Umschläge und kleinen Lieferungen aus Schütten, Mitarbeitende legen sie von Hand auf ein anderes Band, diesmal eins mit Kippschalen. Mit dem Strichcode nach oben kommt jedes in eine eigene Schale und rattert nur wenige Meter später durch einen Scanner, der den Zielort erfasst. Durch die ganze Ebene schlängelt sich das Band und wirft regelmäßig Päckchen an den richtigen Stellen ab: Dort hängen Säcke unter dem Band, in die die Schalen kippen. Denn weiter, auf die Bänder für größere Pakete, kommen sie nur noch gebündelt.
Die Anlage sortiert automatisch nach Destination. Jeder Sack steht für einen Ort weltweit, also fast. „Paris hat einen eigenen“, sagt UPS-Sprecher Holger Ostwald neben der ratternden Anlage, „Dörfer in Mecklenburg-Vorpommern teilen sich einen.“ Ein ausgeklügeltes System: „Wir haben über Jahre erarbeitet, wie man das am besten aufteilt“, sagt Ostwald.
Zurück auf Bodenebene spuckt die Anlage die größeren Pakete 15 Minuten nach Ankunft schon wieder aus. Über eine von 509 Wendelrutschen. Da nimmt Diman Najmaldin sie an.
Nachtschicht am Flughafen: Am frühen Morgen starten die meisten Frachtmaschinen in Köln/Bonn
Sie ist eine von 2000 Mitarbeitenden, die abends für die Paketsortierung auf den großflächigen Asphalt-Parkplatz oder kommen mit dem Linienbus, der sogar aufs Flughafengelände fährt. Von Sonntag bis Freitag geht Najmaldin jede Nacht durch die Sicherheitsschleusen zu ihrem Arbeitsplätzen. Auch die Logistikmitarbeiter am Flughafen werden streng kontrolliert.
Seit drei Jahren arbeitet die junge Frau am Flughafen. Sie habe bewusst einen Job mit Nachtschicht gesucht: „Da verdient man besser und ich bin flexibel“, sagt sie. Bis vier Uhr steht sie noch hier, heute an der Rutsche mit den Paketen, die nach Irland weiterfliegen. Sie scannt sie, und packt sie in einen Frachtcontainer hinter ihr. Als würde sie Tetris spielen, nur in echt und schwerer, stapelt Najmaldin die Pakete bis unter die Decke.
Die gepackten Container sind zwar schwer, gleiten aber wie von Zauberhand. Der Trick: Der Boden ist übersät mit Rollen. Scheinbar mühelos ziehen Najmaldins Kollegen die vollen Boxen wieder an Luken in der Hallenwand. Diesmal auf der Seite zum Rollfeld hin. Von hier aus werden sie direkt in Flugzeuge verladen.
Der Flughafen ist bei der Fracht an der Kapazitätsgrenze, jetzt sind neue Parkplätze für Flugzeuge genehmigt und UPS nimmt eine siebte Frachthalle derzeit in den Testbetrieb. Der Hub ist Teil der globalen Lieferketten und verschafft Köln und der Region einen Wettbewerbsvorteil. Auch durch die Nachtfluggenehmigung, die wegen der Lärmemission und Umweltauswirkungen besonders von Anwohnenden kritisiert wird.
Den Hub in Köln nutzt der Logistikkonzern als Drehkreuz, um Pakete in Europa umzuladen. Was in Mailand aufgegeben wird und nach Madrid soll, landet in Köln zwischen. Bis 18 Uhr können Unternehmen im Umkreis noch Ware aufgeben, die um 21 Uhr in die USA fliegt und am nächsten Tag zugestellt wird. In Louisville in Kentucky befindet sich der einzige noch größere Umschlagort von UPS. Dorthin fliegen die meisten der Kölner Maschinen. Auch alle Container mit Ziel Südamerika gehen diesen Weg. Zwei der allnächtlichen Flüge haben noch innerdeutsche Ziele: Berlin und München. „Wir versuchen möglichst viel aus den Flugzeugen auf die Straßen zu verlagern“, sagt Heitmann.
Über die Container, die weiter fliegen, hat zum Beispiel Jörg Dreyer das Kommando. Der Ramp Supervisor erklärt: „Für jede Position im Flieger gibt es einen Container.“ Die Frachtcontainer sind leicht gebaut, trotzdem stabil und vor allem: brandsicher. Sie werden luftdicht verschlossen. Sollte ein Feuer im Inneren entfachen, strömt kein Sauerstoff von außen nach. Dreyer und sein Team ent- und beladen in der Nacht 49 Maschinen für UPS in Köln. Von hier aus fliegt die Fracht in die ganze Welt.