Um die Ausbaupläne des 1. FC Köln im Grüngürtel gibt es seit langem Streit.
Nun hat das neue Kölner Ratsbündnis von Grünen, CDU und Volt ein Moratorium vereinbart.
Der Kölner Stadt-Anzeiger hat mit FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle über die Vorgänge gesprochen.
Herr Wehrle, der FC versucht seit sechs Jahren, drei neue Trainingsplätze zu bauen. Was ist in Ihnen vorgegangen, als Sie erfahren haben, dass Grüne, CDU und Volt ein Moratorium vereinbart haben?
Wir haben das leider aus den Medien erfahren und waren erstmal überrascht. Für uns gilt nach wie vor, dass wir einen gültigen Ratsbeschluss haben, der demokratisch legitimiert ist. Von daher halten wir uns an die Fakten. Aber selbstverständlich ist der Dialog in einem für die Stadtgesellschaft so wichtigen Projekt immer wichtig.
Wie verärgert waren Sie über die 180-Grad-Wende der CDU?
Für mich ist ganz generell Verlässlichkeit in der Politik ein sehr hohes Gut. Aber das gilt für jeden Investor und Vorhabenträger, nicht nur für den FC. Es ist wichtig, dass man sich nach einem so langen Prozess auf einmal gefasste Ratsbeschlüsse schon noch verlassen kann. Ich gehe auch nach wie vor davon aus, dass die CDU zu der Ratsentscheidung steht.
CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau hat gesagt, dass der Verein das Thema Pachtvertrag selbst versemmelt habe.
Darüber war ich in der Tat irritiert. Schließlich kann nur die Verwaltung darüber entscheiden, ob sie einen Pachtvertrag in den Rat gibt. Wir haben einen sehr guten und intensiven Kontakt zu der Verwaltung. Wir haben mit der Verwaltung darüber gesprochen, ob es nicht ratsam sei, diesen Pachtvertrag noch vor der Kommunalwahl in die Abstimmung zu geben.
Und es war eine Entscheidung der Verwaltung, dass dann nicht zu machen. Zum einen, weil erstmal die Bezirksregierung eine Entscheidung über den Flächennutzungsplan treffen sollte. Und zweitens haben wir ja einen städtebaulichen Vertrag, der vor der Juli-Sitzung von der Verwaltung unterschrieben wurde. Darin ist klar geregelt, dass der Pachtvertrag nach einem Satzungsbeschluss umzusetzen ist. Und der Satzungsbeschluss kam dann ja auch im Juli.
Wir als Vorhabenträger können hier gar nichts selber entscheiden. Wir müssen dem folgen, was die Verwaltung uns vorgibt. Deshalb kann ich nicht nachvollziehen, dass uns von Herrn Petelkau ein Managementfehler vorgeworfen wird – wir hatten es gar nicht in unserer Hand.
Was unternehmen Sie, falls Ihnen der Stadtrat den Pachtvertrag verwehrt?
Wir werden nun erstmal mit der Verwaltung die weitere Vorgehensweise abstimmen.
Die Bürgerinitiative hat gegen den Ratsbeschluss Klage eingereicht. Es ist mit einem jahrelangen Rechtsstreit zu rechnen. Wie lange kann der FC mit dem Bau warten?
Es war angekündigt, dass die Bürgerinitiative so vorgeht. Wir bedauern das natürlich, weil wir einen Ratsbeschluss und eine Baugenehmigung haben. Aber wir müssen im Rechtsstaat akzeptieren, dass Gerichte darüber mitentscheiden.
Wenn wir über Alternativen nachdenken, die uns über die Medien angetragen wurde, dann würde das bedeuten, dass wir an einem anderen Standort wieder komplett bei Null beginnen. Wir müssten in ein neues Bebauungs- und Flächennutzungsplanverfahren gehen, das erneut fünf bis sechs Jahre dauern würde. Und es besteht die Gefahr, dass sich auch an dem neuen Standort Bürgerinitiativen gründen. Ich weiß nicht, was man dadurch gewinnen würde nach einem sechsjährigen Prozess.
Was hier gerade passiert, ist generell kein gutes Zeichen für jede Art von Investoren und Bauvorhabenträger. Die Stadt Köln sollte in der Lage sein, ein Projekt, dass sie sechs Jahre lange mit verfolgt hat, auch zu Ende zu bringen.
Bauaktivitäten während der Klage sind ausgeschlossen?
Wir werden selbstverständlich auch mit unserem Rechtsexperten über die Situation sprechen. Das müssen wir erst einmal intern bewerten. Wir werden sicherlich mit der CDU auch Gespräche führen.
Erhoffen Sie sich in der verfahrenen Situation etwas von der Oberbürgermeisterin?
Ich gehe davon aus, dass wir uns zu dieser Thematik noch einmal intensiv austauschen werden. Ich bin mir sicher, dass die OB jede Lösung unterstützen wird, die der Stadtgesellschaft zugute kommt.
Wäre es nicht besser, als Kompromiss mit den Trainingsplätzen für die Jugend nach Marsdorf zu ziehen?
Gespräche und Kompromisse sind wichtig. Die sind wir auch in den vergangenen sechs Jahren immer wieder eingegangen. Sonst wäre der Beschluss im Rat gar nicht möglich gewesen.
Hat sich die finanzielle Situation des Vereins mit dem Teil-Lockdown verschärft?
Im Juli war nicht absehbar, dass wir mindestens bis in den Januar keine Zuschauer haben werden, von daher hat sich unsere interne Planung verschärft. Wenn wir beide Spielzeiten bis Februar zusammennehmen, kommen wir auf 40 Millionen Umsatzverlust. Im worst case werden wir im März, April und Mai auch keine Zuschauer haben, dann würden noch einmal fünf bis sechs Millionen Umsatzverlust hinzukommen.
Ist das ein Anlass, finanzielle Hilfen für Vereine zu fordern?
Man muss über den gesamten professionellen Mannschaftssport nachdenken. Es geht auch um Eishockey, Basketball, Handball. Wenn die Einnahmen komplett wegbrechen, dann ist es legitim, über Unterstützungsvarianten nachzudenken.
Wie groß ist die Gefahr von Pleiten im Profisport?
Ich würde das insbesondere für Indoor-Sportarten nicht ausschließen. Wir alle sind angehalten, die Zahlungsfähigkeit sicherzustellen und die Liquiditätsplanung und die Eigenkapitalsituation zu fokussieren. Aber je länger wir mit der Pandemie zu tun haben, umso problematischer wird es.
Aber in akuter Gefahr befindet sich der FC nicht?
Wir haben für diese Saison schon frühzeitig entsprechende Kreditzusagen erhalten und wir haben auch zum 30. Juni dieses Jahres ein noch immer deutlich positives Eigenkapital. Unsere Zielsetzung ist es, dass wir auch zum 30. Juni 2021 über ausreichendes wirtschaftliches Eigenkapital verfügen.