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Das Köln-BarometerVerkehr, Umwelt, Wohnen — Das ist nach der Wahl zu tun

Lesezeit 10 Minuten
Solaranlage

Solaranlagen auf Dächern sind ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz.

  1. Im Köln-Barometer blickt die Kölner Lokalredaktion in regelmäßigen Abständen unter anderem auf die Politik, den Verkehr, die Wohnsituation, die Wirtschaft und die wichtigsten größten Bauprojekte.
  2. In einer Spezialausgabe nach der Kommunalwahl blicken wir auf mögliche Bündnisse im neuen Stadtrat.
  3. Die Grünen als stärkste Kraft und Oberbürgermeisterin Henriette Reker müssen jetzt liefern — vor allem beim Klimaschutz.

Köln – Schwarz-Grün im Rathaus? Wird es nicht mehr geben. Rot-Grün? Ebenso unmöglich. Nachdem die Wählerinnen und Wähler am 13. September sowohl die SPD als auch die CDU auf einen historischen Tiefstand drückten, hat die über Jahrzehnte eingeübte Hierarchie politischer Farben ihre Gültigkeit verloren.

Unabhängig davon, welches Bündnis die Fraktionen im Stadtrat bilden werden: Grün wird fortan an erster Stelle stehen und mindestens für die kommenden fünf Jahre den Ton angeben. 28,52 Prozent für die Grünen, 21,58 Prozent für die SPD, 21,49 Prozent für die CDU.

Vor allem Großstädter fordern mehr Klimaschutz

Für die beiden Volksparteien, die zwar nach wie vor für alle Bevölkerungsgruppen wählbar sein wollen, dabei aber stark an Überzeugungskraft eingebüßt haben, würde es nicht einmal in einer „Großen Koalition“ für die Mehrheit reichen; selbst dann, wenn sie sich mit der FDP oder der Linken auf eine Zusammenarbeit verständigen könnten, blieben sie unter der erforderlichen Zahl von 46 der 91 Sitze. Und irgendwelche Vierer-Bündnisse unter Führung der SPD und der CDU sind allenfalls rechnerisch möglich.

Alles zum Thema Henriette Reker

Vor allem Großstädter, das haben die Kommunalwahlen landesweit gezeigt, halten den Klimaschutz und die damit einhergehende Verkehrswende für eine vorrangige Aufgabe der Gesellschaft. Davon haben in Köln außer den Grünen mit ihren 26 Sitzen die Wählergruppen „Gut“ und „Klima Freunde“ profitiert. Beide erreichten mehr als zwei Prozent und damit jeweils zwei Mandate. Und auch die junge, europäisch ausgerichtete Partei Volt, mit knapp fünf Prozent und vier Mandaten der Überraschungssieger der Wahl, betrachtet den Umweltschutz als einen ihrer Schwerpunkte.

Das ist das Köln Barometer

Viermal im Jahr wirft der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Form einer Bestandsaufnahme einen Blick auf Entwicklungen, den Stand von wichtigen Bauprojekten, politische Trends und Herausforderungen des vergangenen Quartals. Die Vierteljahresbilanz prüft, was aus politischen Absichtserklärungen, Planungen und Beschlüssen geworden ist, und zeigt, wie die Stadt mit ihren Zukunftsaufgaben umgeht.

Die erste Ausgabe des Köln-Barometers erschien vor rund dreizehn Jahren, im April 2006. Es erscheint immer am ersten Samstag nach dem Ende des jeweiligen Quartals. Die Schwerpunkte der regelmäßigen Analyse können wechseln. Fester Bestandteil des Barometers ist die Darstellung des Fortschritts der zehn wichtigsten Bauprojekte der Stadt.

Wenn eines fertiggestellt ist oder Planungen beendet werden, werden neue Projekte ins Ranking aufgenommen. Außerdem präsentiert die Redaktion regelmäßig die Gewinner und Verlierer des jeweiligen Quartals.

Mittlerweile deutet sich an, dass Grün-Schwarz seine Kooperation fortsetzen wird – zumal das auch das Wunschbündnis der im Amt bestätigten Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist. Die Grünen werden alles daran setzen, den Gedanken des Klimaschutzes stärker als bisher in die Stadtpolitik einzuweben. Das ist der Auftrag, den sie von ihren Wählern erhalten haben – und der das Stadtbild verändern dürfte.

Die Oberbürgermeisterin muss liefern

Mehr Raum für Fahrradfahrer und Fußgänger, weniger Spuren für Autos, mehr Tempo-30-Zonen, begrünte Fassaden, Solaranlagen auf den Dächern von Schulen und anderen öffentlichen Gebäuden. Die parteilose Oberbürgermeisterin hat im Wahlkampf ebenfalls mit grünen Zielen geworben. Sie muss liefern; in gewissem Maß den Grünen und der CDU als ihren Unterstützerparteien, aber mehr noch den Bürgerinnen und Bürgern.

Ein Bündnis mit der SPD und der Linken, wie es beispielsweise in Thüringen, Berlin und Bremen besteht, trifft bei den Grünen auf grundsätzliche Vorbehalte; weniger aus programmatischer Sicht, denn aus pragmatischer Erwägung. Die Sozialdemokraten im Stadtrat gelten den Grünen als schwer berechenbar und nicht so verlässlich. Dass SPD-Spitzenkandidat Andreas Kossiski und Fraktionschef Christian Joisten noch am Abend der Stichwahl in Streit gerieten, trug jedenfalls nicht dazu bei, das Bild einer in Lager gespaltenen Partei zu korrigieren.

Die wichtigsten Bauprojekte

Gerling-Quartier Die Umgestaltung der Gebäude des Areals ist weit gediehen. Der Ärger über die Eigentümer der neuen Wohnungen, die Passanten den Aufenthalt auf dem Gereonshof per Sicherheitsdienst verbieten wollten, ist beendet. Jeder darf den Platz nutzen. Hier lesen Sie mehr zum Gerling-Quartier

Archäologische Zone Die Stadt erhielt vom Land einen Scheck über einen Zuschuss von vier Millionen Euro – ein kleiner Lichtblick für das 95 Millionen Euro kostende Museum, dessen Eröffnung sich bis 2024 verzögert. Hier lesen Sie mehr zur Archäologischen Zone

Messe-City Der Umzug der Zurich-Versicherung mit 2800 Beschäftigten in das neue Büroviertel in Deutz ist abgeschlossen. Ein weiterer Mieter wird der Kautschukhersteller Arlanxeo mit 350 Mitarbeitern sein. Hier lesen Sie mehr zum Messegelände

Porz-Mitte Die Vollendung der neuen Porzer Innenstadt schreitet voran. Neue Gebäude wachsen, für andere sind nun Baugenehmigungen erteilt worden. Bis alles fertig ist, wird es jedoch noch einige Jahre dauern. Hier lesen Sie mehr zu Porz-Mitte

Rudolfplatz Die beiden neuen Bürogebäude am Rudolfplatz wachsen Stück für Stück heran. Die sogenannten Wallarkaden des Hamburger Investors Momeni Immobilien sollen bis zum zweiten Quartal 2021 fertig sein. Hier lesen Sie mehr zum Rudolfplatz

Stadtarchiv Der rund 80 Millionen Euro kostende Neubau des Stadtarchivs am Eifelwall soll Ende des Jahres bezugsbereit sein. Der Eifelwall, an dem sich das Archiv befindet, wird zu einer Fahrradstraße umgewidmet. Hier lesen Sie mehr zum Stadtarchiv

Nord-Süd-Stadtbahn Der 600-Millionen-Euro-Vergleich, auf den sich Stadt und Baufirmen im Zusammenhang mit dem Archiveinsturz geeinigt haben, ermöglicht den Weiterbau der U-Bahn. Eröffnung: frühestens 2027. Hier lesen Sie mehr zur Nord-Süd-Stadtbahn

Sanierung Oper/ Schauspiel Bis zum Jahresende wollen die Bühnen eine konkrete Kostenprognose und einen genauen Zeitplan vorstellen. Die Schlüsselübergabe ist zurzeit für das dritte Quartal 2023 vorgesehen. Hier lesen Sie mehr zur Kölner Oper

Stadtmuseum Roncalliplatz Stadt und Hohe Domkirche haben eine gemeinsame Gesellschaft zum Bau der Historischen Mitte gegründet. Es fehlt allerdings noch ein Baubeschluss, den der neue Stadtrat treffen müsste. Hier lesen Sie mehr zum Stadtmuseum am Roncalliplatz

Erweiterung Wallraf-Richartz-Museum Der Erweiterungsbau muss kleiner ausfallen, weil ein seit Jahren verhandelter Grundstückstausch für das Projekt nun endgültig gescheitert ist. Die Stadt muss jetzt umplanen. Hier lesen Sie mehr zur Erweiterung des Wallraf-Richartz-Museums

Gewinner und Verlierer

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Die alte und neue Oberbürgermeisterin: Henriette Reker

Die Gewinnerin

Selten war diese Kategorie des Köln-Barometers so einfach zu bestimmen. Henriette Reker hat die Wiederwahl geschafft und bleibt fünf weitere Jahre Oberbürgermeisterin.

Natürlich, sie war die Favoritin, sie ist bei vielen Kölnern beliebt, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie Wert darauf legt, auf mehr repräsentativen Terminen zu erscheinen als es eine Verwaltungschefin vielleicht sollte. Dennoch wollte sie nichts dem Zufall überlassen. Sie engagierte ein vergleichsweise üppiges Wahlkampfteam. Und die parteilose, von Grünen und CDU unterstützte Kandidatin hatten viele prominente Unterstützer, von Bundeskanzlerin Angela Merkel bis Grünen-Posterboy und -Bundesvorsitzender Robert Habeck. Zurecht nahm sie den Wahlkampf an, denn Herausforderer Andreas Kossiski kam ihr bei der Stichwahl näher als mancher erwartete.

Weder ihre Kehrtwende bei den Ausbauplänen des 1. FC Köln im Grüngürtel, die sie inzwischen ablehnt, noch ihre Vorliebe für eine Tunnellösung für die Ost-West-Stadtbahn, die unter anderem die Wahlsieger der Grünen verhindern wollen, konnten ihr schaden. Und mit ein bisschen Glück kann sie sich in ihrer zweiten Amtszeit einen Herzenswunsch erfüllen: Als Oberbürgermeisterin die fertig sanierte Oper zu eröffnen. (og)

Andreas Kossiski (1)

Andreas Kossiski

Der Verlierer

Im Kampf um das Oberbürgermeisteramt hat sich Andreas Kossiski gegen die übermächtig erscheinende Amtsinhaberin Henriette Reker achtbar geschlagen. Dennoch steht der Sozialdemokrat nun mit ziemlich leeren Händen da – in mehrfacher Hinsicht.

Als Team mit seiner Partei SPD gehe er in den Wahlkampf, sagte er vor einigen Monaten. Doch seine Partei hat das Team gleich nach der verlorenen Stichwahl schleunigst verlassen. Der Posten des Fraktionsvorsitzenden, den Kossiski gern gehabt hätte, wurde ihm verwehrt. Offenbar konnte der Kandidat a.D. nicht einmal die eigene Ratsfraktion von sich überzeugen. Nun bleibt ihm immerhin die Rückkehr in den Landtag.

Stattdessen wurde Christian Joisten als Fraktionschef wiedergewählt, der eine geschwächte SPD, die sich in internen Lagerkämpfen aufreibt und deshalb viel um sich selbst kreist, nicht befrieden konnte. Kossiski hätte für die Sozialdemokraten ein Neuanfang sein können. Jetzt muss jenes Personal die Partei einen, das es schon in der Vergangenheit nicht schaffte. Die SPD wird von anderen Ratsfraktionen als weiterhin wenig verlässlich angesehen. Das dürfte die Zusammenarbeit erschweren. Kossiski ist also nicht der einzige Verlierer. Die Kölner SPD ist es auch. (og)

Umwelt in Köln

Radspur Rheinuferstraße

Radweg an der Rheinuferstraße

Wenn man der Corona-Krise irgendetwas Gutes abgewinnen möchte, dann vielleicht das: Mehr Menschen bewegen sich mit dem Fahrrad durch die Stadt. Das Auto wird öfter einmal stehen gelassen, auch wenn es wohl vor allem Bahnfahrgäste sind, die auf das Rad umsteigen. Die Luftschadstoffwerte jedenfalls sind aktuell alle im Rahmen des erlaubten.

Der Bestand an Fahrrädern steigt, auch der an Lastenrädern, die offenbar immer mehr Menschen für sich entdecken. Die Stadt subventioniert den Kauf von Transporträdern und hat dafür zum zweiten Mal ein Förderprogramm aufgesetzt, dessen Budget innerhalb kurzer Zeit aufgebraucht war. Paradoxerweise steigt aber auch der Bestand an Autos weiter an. Doch der motorisierte Verkehr wird zumindest in manchen zentralen Bereichen der Stadt künftig Abstriche zugunsten von Verkehrsprojekten für Radfahrer und Fußgänger machen müssen.

Starke Umwelt-Lobby im Rat

Das Ergebnis der Kommunalwahl hat Parteien in den Stadtrat gebracht, die Umweltschutz und Klimawandel als ihre Kernthemen begreifen. Die Grünen sind stärkste Fraktion, hinzu kommen Volt, Klima-Freunde und die Ratsgruppe Gut. Und auch die meisten anderen Parteien haben mehr oder weniger ausgeprägte Umweltschutz-Punkte im Programm.

Denn es gibt noch vieles zu tun. Natürlich der Ausbau des Radwegenetzes und des Öffentlichen Nahverkehrs. Es müssten aber zum Beispiel auch mehr Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen auf die Dächer der Kölner Häuser, zuvorderst auf die städtischen. Doch ob solche Projekte den Wald noch retten können, ist ungewiss. Die Klimaerwärmung und die damit die bisweilen extrem trockenen Sommer haben Kölns Bäumen schwer zugesetzt. (og)

Verkehr in Köln

Stau Innere Kanalstraße

Stau auf der Inneren Kanalstraße (Symbolbild)

Das Verkehrsdezernat hat die viel gepriesene Mobilitätswende zwar eingeleitet, wirklich vorangekommen ist die Stadt damit aber auch in den zurückliegenden drei Monaten nicht. Der Umstieg auf das Fahrrad ist trotz des Booms für viele Menschen wenig attraktiv, besonders für die Pendler aus den weiter außen gelegenen Stadtteilen. Es mangelt an Radschnellwegen, das sieben Jahre alte Projekt zwischen Frechen und der Universität lässt weiter auf sich warten. Die vorhandenen Radwege auf den Bürgersteigen sind zudem meist marode und völlig veraltet. Für Radfahrer ist das ein unzumutbarer Zustand, der sich dringend ändern muss.

Beim Bau neuer Stadtbahn-Trassen bewegt sich nichts

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat in den letzten zwei Wochen ihres Wahlkampfs immerhin angekündigt, die Radwege schnell sanieren zu wollen und auch die äußeren Viertel besser anzubinden. Bleibt zu hoffen, dass dieses Versprechen dazu führen wird, die Situation endlich zu verbessern.

Mit dem Bau neuer Trassen für die Stadtbahn sieht es ähnlich schlecht aus – es bewegt sich zurzeit nichts. Da der KVB zurzeit zudem aufgrund der Corona-Pandemie die Fahrgäste fehlen, befindet sich der öffentliche Nahverkehr in einer handfesten Krise.

Corona sorgt dafür, dass viele Menschen lieber weiter ihr Auto benutzen und auf einen Umstieg auf andere Verkehrsmittel verzichten. Die Staus in der Innenstadt nehmen drastisch zu – selbst außerhalb des Berufsverkehrs reihen sich auf vielen Ausfallstraßen die Pkw dicht aneinander. Die Mobilitätswende tritt auf der Stelle. (att)

Wohnen in Köln

Bauen Wohnungen

Tausende Wohnungen fehlen in Köln (Symbolbild)

Im Wahlkampf übertrumpften sich die Oberbürgermeisterin und ihr Herausforderer mit Versprechungen, den Wohnungsbau anzukurbeln. Die Zahlen sehen seit Jahren düster aus – seit die Stadt das Ziel von 6000 neuen Wohnungen pro Jahr ausgerufen hat, ist dieses nicht auch nur ein einziges Mal erreicht worden. Im Gegenteil reiht sich ein schlechtes Jahr nach dem anderen ein. An dieser Situation hat sich nichts geändert.

Politik und Verwaltung verweisen in ihrer Not seit Jahren auf die stets selben Großprojekte, die den Wohnungsmarkt entspannen sollen. Kreuzfeld im Norden der Stadt, die Parkstadt Süd, Mülheim-Süd und der Deutzer Hafen sind die Namen, die sie ständig wiederholen. Abgesehen von den ersten Gebäuden in Mülheim existiert all das bislang aber lediglich auf Plänen. Die konkrete Umsetzung lässt weiter auf sich warten.

Die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage klafft weit auseinander

Dabei sind sich Kenner der Immobilienbranche einig, dass selbst die vier Vorzeigeprojekte nicht auch nur im Ansatz ausreichen werden, um den Wohnungsmarkt zu beruhigen. Die Lücke zwischen den benötigten Wohnungen und dem tatsächlichen Angebot klafft stattdessen weiter auseinander. Besonders hart trifft es diejenigen, die über ein geringes Einkommen verfügen. Der Bau zusätzlicher Sozialwohnungen bleibt trotz aller Bemühungen weiterhin auf der Strecke.

Es bleibt eine der großen Aufgaben für Stadtspitze, Verwaltung und Politik, das Wohnungsproblem in Köln zu lösen. Dafür braucht es neue Ansätze und einen starken Willen zur Umsetzung. (att)