Die Versuche, Straßenflächen neu aufzuteilen, emotionalisierte zuletzt in Köln heftig. Wo steht Köln beim Verkehr? Eine Einordnung.
Dauer-DiskussionVerkehrsversuche, Anwohnerparken – In Köln wird die Verkehrswende zum Kulturkampf
Es ist Anfang Juni, als die Vorsitzende der Grünen, Katja Trompeter, nach Monaten voller Emotionen und Streit sagt: „Wir wollen bei der Verkehrswende keinen Kulturkampf, sondern dieses wichtige Thema sachlich und pragmatisch vorantreiben und auch gemeinsame Diskussionsangebote für die Bevölkerung machen.“
Trompeter sagt diesen Satz nach Monaten, in denen die Verkehrspolitik das bestimmende Thema in der Stadt war – und häufig eben doch als Kulturkampf daherkam. Auf der einen Seite diejenigen, die das Auto zurückdrängen wollen. Auf der anderen Seite diejenigen, die sich damit schwertun.
Reker unzufrieden mit Kommunikation
Vor allem die Verkehrsversuche auf der Venloer Straße in Ehrenfeld (Tempo 20), der Deutzer Freiheit (weitgehend autofrei) und der Trankgasse am Dom (auch weitgehend autofrei) empöre viele Gewerbetreibenden, viele Anwohner und unter anderem die CDU. Inzwischen attackieren die Christdemokraten den von den Grünen eingesetzten Verkehrsdezernenten Ascan Egerer öffentlich.
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An der Trankgasse steht infrage, ob Egerer gar ohne politischen Beschluss gehandelt hat – ein Vorwurf, den die CDU erhebt, weil die neuen Regeln eigentlich an den Umbau des Domsockels gebunden waren. Doch der verzögert sich, die Verkehrsführung kam trotzdem. Die CDU-Parteispitze lehnt Verkehrsversuche pauschal ab. Im Mehrheitsbündnis aus Grünen, CDU und Volt sind die Verkehrsversuche ein großer Konflikt.
Selbst Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) kritisiert bemerkenswert offen im „Kölner Stadt-Anzeiger“, wie ihre eigene Verwaltung die Verkehrsversuche umsetzt, sie sagt im März: „Verkehrsversuche sind daher richtig und wichtig, aber man darf sie nicht ad absurdum führen durch schlechte Durchführung und unzureichende Kommunikation.“ Es ist ein Satz, den Egerer aufmerksam gelesen haben dürfte.
Was passiert mit dem Anwohnerparken?
Vergleichsweise geräuschlos plant die Ratsmehrheit aus Grünen, CDU und Volt die im Bündnisvertrag festgeschriebene Erhöhung der Gebühren für Anwohnerparkausweise. Nach langen Verhandlungen präsentierte Egerer ein Modell, das der Rat dieses Jahr beschließen soll, damit es ab 1. Januar 2024 gilt. Die Erhöhung auf bis zu 390 Euro pro Jahr orientiert sich an der Autolänge.
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Es ist ein Kompromiss, den das Bündnis in den Vorab-Gesprächen mit der Verwaltung erzielte. Wohl auch, weil andere Städte wie Düsseldorf den Schritt zuvor gegangen sind. Doch seit dieser Woche ist offen, ob Kölns neue Gebühren überhaupt rechtlich erlaubt sind. Das Bundesverwaltungsgerichts hatte die Freiburger Satzung als nicht zulässig gekippt – unter anderem wegen der Orientierung an der Autolänge.
Zusätzlich zu den Verkehrsversuchen dominierten als Themen vor allem der mögliche Umzug des 1. FC Köln nach Marsdorf sowie die geplante Sanierung der städtischen Kliniken. Seit Jahren machen die Kliniken hunderte Millionen Euro Defizit. Zunächst haderte die SPD mit der Zusammenlegung aller Stationen in Merheim, sie hatte zuvor in Wahlkämpfen für den Erhalt des Krankenhauses Holweide gekämpft. Danach forderte die CDU mehr Zeit für eine Entscheidung.
Die Grünen waren nicht begeistert darüber, das Thema schieben zu müssen. Doch am Donnerstag beschloss der Rat nun die Konzentration auf einen Standort, die Zukunft von Holweide wird dennoch gesondert geprüft – wohl ein rein formaler Akt. Eine Restchance auf einen Verbund mit der Uniklinik besteht weiterhin, es ist und bleibt die Lieblingsvariante von Reker und dem gesamten Ratsbündnis.