Bernd Petelkau ist nur noch CDU-Fraktionschef. Im Interview verrät er, was er bald beruflich macht und welche Rolle das Auto in Köln spielt.
„Eindeutig ja“CDU-Fraktionschef Petelkau will wieder in den Kölner Stadtrat und sein Amt behalten
Herr Petelkau, die Verwaltung arbeitet gerade am Doppelhaushalt und versucht in Zeiten knapper Kassen zu sparen. Was kann die Stadt Köln sich noch leisten?
Bernd Petelkau Wir haben 2015 Kassensturz gemacht, als wir mit den Grünen in ein Bündnis gegangen sind und Verantwortung für die Stadt übernommen haben: Der Sanierungs- und Erweiterungsstau lag damals bei rund 20 Milliarden Euro. Bis Ende nächsten Jahres werden wir rund acht Milliarden Euro geschafft haben, es verbleiben weitere zwölf Milliarden Euro. Höchste Priorität hat es, diesen Sanierungsstau abzuarbeiten, weil es nur teurer wird, wenn wir ihn weiter nach hinten verschieben. Unter anderem beim Schulbau geben wir mittlerweile pro Jahr rund 400 bis 500 Millionen Euro aus, um die Schulen fit für die Zukunft zu machen. Ein Problem bleibt allerdings der Verkehrssektor.
Warum?
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Weil viele unserer Brücken, Straßen, Tunnel und Rad- und Fußwege marode sind. Das kann man jeden Tag sehen. Ähnlich ist es bei den städtischen Gebäuden wie den Kultur- und Verwaltungsgebäuden. Das müssen wir erst abarbeiten, bevor wir über neue Projekte sprechen, die man gerne hätte – das ist schlicht aktuell finanziell nicht darstellbar. Aber wir müssen im Einzelfall abwägen, was kostengünstiger ist: Sanierung oder Neubau.
So ein Großbauprojekt wie die Historische Mitte inklusiver zweier Neubauten am Dom käme also nicht mehr in Frage? Die CDU war doch immer dafür.
Dabei handelt es sich um eine Ersatzinvestition für eine Sanierung des Studienhauses des Römisch-Germanischen Museums. Das wird garantiert nicht bei den prognostizierten bis zu 24,2 Millionen Euro bleiben, sondern dürfte bei 50 bis 100 Millionen Euro liegen.
Für die Idee, das Stadtmuseum wieder im Zeughaus unterzubringen, können Sie sich nicht erwärmen?
Das Zeughaus für einen Museumsbetrieb herzurichten, dürfte zwischen 150 und 200 Millionen Euro kosten. Ein reines Verwaltungsgebäude im Zeughaus wäre deutlich günstiger. Vor diesem Hintergrund muss man die Historische Mitte betrachten. Sich gegen den Neubau am Roncalliplatz auszusprechen, kann dementsprechend sogar teurer sein. Aber wir müssen erstmal abwarten, was die Kirche als Partner der Historischen Mitte mit ihrem Kurienhaus am Dom machen will.
Trotz der knappen Finanzen will die CDU den langen Tunnel auf der Ost-West-Achse, der viel Geld kosten wird.
Das ist ein Projekt, für das die Stadt Köln nur zehn Prozent zahlen muss.
Es dürfte sich um die größte Entscheidung dieser Ratsperiode zwischen 2020 und 2025 handeln. Im Bündnis mit Grünen und Volt gibt es keine einhellige Meinung. Würden Sie dieses kostspielige Projekt für Generationen auch mit einer ganz knappen Mehrheit auf den Weg bringen?
Wichtig ist, dass sowohl die ober- als auch die unterirdische Ausbauvariante förderfähig sind. Jetzt geht es darum, eine Mehrheit zu finden. In anderen Städten unterstützen Grüne U-Bahn-Projekte, ich frage mich, warum das in Köln nicht geht.
46 von 91 Stimmen wären eine für Sie akzeptable Mehrheit?
Ja.
Auch mit Stimmen der AfD?
Das möchte ich nicht haben. CDU, SPD, FDP und Oberbürgermeisterin Henriette Reker haben 45 Stimmen.
Fehlt also noch eine Stimme.
Wir hoffen, diese noch zu bekommen. Eine mögliche Mehrheit gegen den Tunnel ist ebenso abhängig von der AfD. Wir streben keine Mehrheit mit der AfD an.
Wäre eine Geheimwahl eine Option? Dann wüsste man nicht, wer zustimmt, möglicherweise gibt es Abweichler bei den Grünen.
Mein Ziel wäre ein klares Bekenntnis des Stadtrates.
Bislang galten höhere Steuern mehr oder minder als ausgeschlossen. Bleibt das so?
Unser Ziel ist es, dass es dabei bis zum Ende der Wahlperiode 2025 bleibt. Wir werden damit auch in den Wahlkampf gehen. Bei der Grundsteuer plädiere ich dafür, dass wir die Option nutzen, die uns das Land NRW einräumt. Das heißt, dass wir getrennte Grundsteuerhebesätze für gewerbliche und Wohnimmobilien einführen, damit es zu keiner überproportionalen Belastung von Wohnimmobilienbesitzern und damit auch den Mietern kommt.
Wie bewerten Sie die Arbeit im Bündnis mit Grünen und Volt? Vor allem bei der Verkehrspolitik kracht es häufig.
In vielen Themenfeldern arbeiten wir sehr gut zusammen, beispielsweise bei der Schulpolitik oder bei der Digitalisierung. Ja, bei der Verkehrspolitik haben wir unterschiedliche Haltungen, gerade in der Frage, wie die Stadtteile außerhalb der Innenstadt angebunden werden. Dort besteht ein größerer Dissens in der Frage, wie schnell wir diese Anbindung vollziehen und ob es mit oder ohne Auto geht.
Wir glauben, dass der Ausbau des ÖPNV nicht in der nötigen Geschwindigkeit und mit dem aktuell verfügbaren Geld gelingt. Deshalb brauchen die Menschen das Auto – auch in der Innenstadt. Dass das Auto generell etwas in den Hintergrund tritt und sich der Verkehrsmix ändert, ist keine Frage. Und viele Verkehrsthemen entscheiden wir gemeinsam, es sind nur einzelne, wenn auch prominente Themen, die für Konflikte sorgen, beispielsweise auf der Trankgasse. Aber wir versuchen weiter, tragfähige Kompromisse zu finden.
Die achtjährige Amtszeit von Ordnungsdezernentin und Stadtdirektorin Andrea Blome endet zum Jahresende. Sie ist 2017 auf Vorschlag der CDU nach Köln gewechselt. Schlagen Sie sie erneut zur Wahl vor?
Das werden wir nach der Sommerpause intensiv beraten.
Im Kooperationsvertrag heißt es zur Funktion der Stadtdirektorin, dass dazu frühzeitig eine Abstimmung der drei Bündnispartner stattfinden soll. Wenn Sie Frau Blome wieder vorschlagen: Bleibt Sie dann auch Stadtdirektorin? Laut des Vertrages ist das kein Automatismus.
Das ist eine Interpretationsfrage, wir werden dazu Gespräche nach der Sommerpause führen.
Sie selbst sind seit einem Jahr nicht mehr Parteichef, die Kölner CDU hat Sie nach elf Jahren abgewählt. Karl Mandl ist der neue Vorsitzende. Wie war das erste Jahr nur noch als Fraktionschef?
Ich konzentriere mich auf die Arbeit als Fraktionschef, die mir sehr viel Freude bereitet. Als Fraktion versuchen wir, mit der Partei professionell zusammenzuarbeiten, an der ein oder anderen Stelle gibt es sicher noch Abstimmungsbedarf. Ich glaube weiterhin, dass es Synergieeffekte gibt, wenn Partei- und Fraktionsvorsitz in einer Hand liegen. Aber die Partei hat anders entschieden und das respektiere ich natürlich.
Die neue Parteiführung hat sich vor allem die Finanzen angeschaut, unter Ihrem Vorsitz wurden jahrelang Hunderte Mitglieder nicht angemahnt, ihre ausstehenden Beiträge zu bezahlen. Warum?
Das ist eine Angelegenheit der Partei, nicht der Fraktion.
Ist es vorstellbar, dass Sie bei einer Vorstandswahl 2025 nochmal als Parteichef kandidieren?
Das Thema steht zurzeit nicht zur Debatte.
Und wie sieht das mit Ihrem Amt im Stadtrat aus? Wollen Sie bei der Wahl im Herbst 2025 für den Rat kandidieren?
Ich würde mich freuen, wenn die Partei und die Wählerinnen und Wähler mir das Vertrauen aussprechen würden.
Also ja?
Eindeutig: Ja.
Rechnen Sie mit Gegenkandidaten in Ihrem CDU-Ortsverband oder Stadtbezirk?
Daran wird sich sicher zeigen, ob Brücken gebaut wurden und die Partei geeint in den Wahlkampf zieht.
Sie sind seit 2014 Fraktionschef im Stadtrat. Wenn Sie antreten, wollen Sie doch wieder Fraktionschef werden, oder?
Ich würde mich auf jeden Fall freuen, wenn ich der neuen Fraktion angehören würde und sie mir das Vertrauen als Fraktionsvorsitzendem ausspricht.
Sie sind seit 2022 nicht mehr im Landtag, vorher waren Sie Berufspolitiker, aktuell sind Sie ohne Job. Sind Sie finanziell abhängig von einem Ratsmandat inklusive der damit verbundenen lukrativen Aufsichtsratsmandate?
Nein.
Streben Sie einen neuen Job an?
Ich werde meine langjährige berufliche Erfahrung in einer Beratungsgesellschaft einbringen.
Sie haben früher für Banken gearbeitet. Wäre das mit Ihren Aufsichtsratsmandaten, beispielsweise bei der Rhein-Energie oder den Stadtwerken, vereinbar oder würde es zu Interessenskonflikten führen?
Es ist selbstverständlich, keine Beratungsmandate in Köln anzunehmen.
Zur Person:
Bernd Petelkau, Jahrgang 1965, ist seit 2014 Fraktionschef der Kölner CDU im Stadtrat. Von 2015 an arbeitete die CDU mit den Grünen im Minderheitenbündnis im Rat, ab 2021 mit Volt in einem Dreier-Mehrheitsbündnis.
Von 2012 bis 2023 war Petelkau auch Parteichef der Kölner CDU, bevor Karl Mandl ihn im März 2023 ablöste. Mandl gehörte zur Petelkau-kritischen Initiative „Zukunft Jetzt“, die mittlerweile aufgelöst ist.
Petelkau saß von 2017 bis 2022 im Landtag und war Berufspolitiker, doch dann flog er aus dem Landtag. Der gelernte Diplom-Kaufmann ist seitdem ohne Job. Das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat ist ein Ehrenamt, bringt über die festgelegten Vergütungsregeln aber etwa 2000 Euro im Monat.