Thema der Aktuellen Stunde im Kölner Stadtrat: die Angriffe auf Politikerinnen und Politiker, Zunahme von Gewalt oder Beleidigungen.
„Nicht bereit, das hinzunehmen“Kölner Ratspolitiker geeint gegen Hass und Hetze
Die Mitglieder des Kölner Stadtrats haben in Reaktion auf die jüngsten Angriffe auf Politikerinnen und Politiker sowie dem verschärften Klima gegenüber Einsatzkräften in ihrer Sitzung am Donnerstag eine Aktuelle Stunde abgehalten. Damit wollten sie ein Zeichen gegen Gewalt und Hetze setzen, hieß es im Antrag von Grünen, CDU, SPD, Linken, FDP und Volt. Auch die jüngsten Schmähplakate der Fans des 1. FC Köln gegen Oberbürgermeisterin Henriette Reker wurden thematisiert. Reker selbst fehlte im Rat, sie war zeitgleich zu Besuch im Vatikan.
Beleidigungen gehören schon zur Tagesordnung
Lino Hammer (Grüne) dankte den 400.000 Menschen in Köln, die sich ehrenamtlich engagieren würden, in der Kirche, im Karneval, oder im Umweltschutz. Deshalb sei es „umso schwerer zu ertragen, „dass ehrenamtliches Engagement teilweise wortwörtlich mit Füßen getreten wird“. Dabei gehörten Beleidigungen online oder auf der Straße mittlerweile zur Tagesordnung. Die aktuelle Anspannung in der Gesellschaft suche sich durch die Gewalt Ventile. „Doch wir sind nicht bereit, das hinzunehmen“, so Hammer. „Ich bin froh, dass es uns im Kölner Rat in weiten Teilen gelingt, hart in der Sache, aber fair im Umgang zu sein.“
Bernd Petelkau (CDU), verwies ebenfalls darauf, dass „wir Demokraten zusammenstehen müssen, um gemeinsam Antworten auf die Hetze zu geben“. Deshalb gehe es nicht nur darum, ein Zeichen zu setzen, sondern im Nachgang konkret Dinge zu forcieren, beispielsweise einen Ausbau der städtischen Respekt-Kampagne. Petelkau sagte: „Die strafrechtlichen Rahmenbedingungen sind da. Aber wir müssen sie härter anwenden.“ Wenn bestimmte Hetzformen auftauchten, müsste direkt die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden, denn: „Wir wollen nicht so enden wie in anderen europäischen Ländern, wo Ministerpräsidenten tätlich angegriffen werden, wie gerade erst in der Slowakei.“
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Auch Gewalt gegen Rettungsdienst und Feuerwehr nimmt zu
Christian Joisten (SPD) zeichnete den Weg von Angriffen auf Kommunalpolitikerinnen und -politiker vom Attentat auf Henriette Reker 2015, über die Ermordung von Walter Lübcke hin zum jüngsten Angriff auf Matthias Ecke, SPD-Kandidat für das Europaparlament. „Aber: Das ist nicht nur ein Phänomen der Politik“, so Joisten. „Auch Gewalttaten gegen Rettungsdienst und Feuerwehr nehmen zu.“ Auch die Verwaltung sei betroffen, wie die Tötung eines Vollstreckungsbeamten in Köln-Dünnwald 2019 gezeigt hätte. Vorbeugend müssten der „Respekt vor dem Gegenüber und die Diskursfähigkeit“ gerade bei Kindern und Jugendlichen gefördert werden.
Heiner Kockerbeck (Linke) machte darauf aufmerksam, dass „die Verrohung der Gesellschaft nicht vom Himmel fällt. Extrem rechte Akteure überschreiten die Grenzen bewusst immer wieder, damit die Gesellschaft sich an den rechtsextremen Sprachgebrauch gewöhnt.“ Björn Höcke sei gerade erst wegen der Verwendung einer SA-Parole in einer Rede verurteilt worden. Die Lächerlichmachung von sogenannter „Wokeness“ sei daher falsch: Vielmehr müsse das Bewusstsein dafür gestärkt werden, dass Sprache verletzen kann.
„Aggressives und widerliches Transparent“ im Stadion
Das zeige auch das „aggressive und widerliche Transparent im Stadion gegen Henriette Reker. Sexismus erstarkt.“ Kockerbeck rief daher alle dazu auf, am 1. Juni an der nächsten Demonstration von „Arsch huh“ und „Köln stellt sich quer“ teilzunehmen.
Chantal Schalla (FDP) führte die Zahl von bis zu acht angezeigten Taten gegen politisch Aktive pro Tag an. „Das sind keine isolierten Einzelfälle“, so Schalla. „Wir müssen uns nicht an Wahlkampfständen beleidigen lassen“, so die Ratsfrau. „Und wir sollten auch nicht tatenlos dabei zusehen, wenn Fußballfans unsere Oberbürgermeisterin sexistisch diffamieren.“
Jennifer Glashagen (Volt) berichtete von den persönlichen Auswirkungen der Gewalt gegen Kommunalpolitiker. „Meine Mutter ruft mich an und bittet mich, beim nächsten Mal nicht mehr anzutreten“, so die Fraktionsvorsitzende. Ihre Kinder lasse sie beim Wahlkampf mittlerweile zuhause – früher habe sie sie noch mitgenommen. Trotzdem warb Glashagen dafür, in eine Partei einzutreten und Demokratie mitzugestalten.
Für Unruhe im Saal sorgten die Ausführungen von AfD-Ratsherr Matthias Büschges, der vor allem von Anfeindungen gegen ihn und seine Fraktion berichtete. Er kritisierte den bei den Demokratie-Kundgebungen Anfang des Jahres viel gerufenen Satz: „Ganz Köln hasst die AfD“. Inga Feuser (Klimafreunde) sagte zu Büschges: „Es war klar, dass die AfD hier eine Täter-Opfer-Umkehr betreibt. Aber es ist ebenso klar, auf wen die politische Verrohung zurückgeht.“ So habe doch Alexander Gauland von der AfD den Ton gesetzt, als er sagte: „Wir werden sie jagen“.