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Geiselnahmen, ExplosionenMittwoch starten die Prozesse im Kölner Drogenkrieg

Lesezeit 4 Minuten
Sieben Angeklagte müssen sich in drei Prozessen ab Mittwoch verantworten (Archivbild).

Sieben Angeklagte müssen sich in drei Prozessen ab Mittwoch verantworten (Archivbild).

Der Raub von 350 Kilogramm Cannabis löste eine Welle der Gewalt aus. Nun verhandelt das Kölner Landgericht die Fälle. 

Am Abend des 21. Juni 2024 gab Aymen G. den entscheidenden Tipp. Damit verriet Aymen G. nicht nur seine Verbündeten, sondern löste eine Welle der Gewalt aus, die Köln und die Region monatelang beschäftigen sollte. Drei Unbekannten soll er verraten haben, dass an diesem Tag eine Lieferung von 700 Kilogramm Cannabis aus den Niederlanden eingetroffen ist, bestellt und gelagert von einer Kalker Drogenbande in einer Lagerhalle in Hürth. G. selber soll Teil der Drogenbande gewesen sein. Einen Tag später stürmen die Unbekannten, bewaffnet mit Maschinenpistolen, die Lagerhalle, fesseln die Bewacher der Drogen und rauben etwa die Hälfte des deponierten Marihuana.

Es folgten Geiselnahmen in Hürth und Rodenkirchen sowie mehrere Sprengstoffanschläge vor Hauseingängen unter anderem in Köln, Düsseldorf und Duisburg. Der mutmaßliche Chef der Bande, Samir A. (Name geändert), verfolgte damit offenbar das Ziel, Druck auszuüben, um die Drogen zurückzubekommen.

SEK beendete Geiselnahmen

Ab Mittwoch starten insgesamt drei Prozesse gegen sieben Angeklagte im Kontext des Kölner Drogenkriegs. Im ersten Verfahren sind neben Aymen G. zwei weitere Mitglieder der Drogenbande angeklagt. Im Wochentakt habe die Gruppierung neben Marihuana auch Kokain, Heroin und Ecstasy im Kilogrammbereich umgesetzt. Die Drogen seien unter anderem in den Niederlanden und in Marokko gekauft und deutschlandweit wieder verkauft worden, heißt es in der Anklage. Ab Mittwoch müssen sie sich vor dem Kölner Landgericht unter anderem wegen bewaffneten und bandenmäßigen Handbetreibens mit Cannabis und Verstöße gegen das Waffengesetz verantworten.

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Am Donnerstag startet der Prozess gegen Botan A. Der 30-Jährige soll an der Geiselnahme zweier Personen aus Bochum nach Köln-Rodenkirchen beteiligt gewesen sein. Ihm legt die Anklage Beihilfe zur Geiselnahme sowie einen Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last. Von den Bochumern verlangten die Entführer entweder das zuvor geraubte Cannabis oder einen Millionenbetrag.

Botan A. soll dabei geholfen haben, die beiden in eine Falle zu locken: Er habe 250.000 Euro Bargeld, Schusswaffen und Munition entgegengenommen und kurz darauf an eine dritte Person weitergegeben, heißt es in der Anklage. Im Anschluss sollen die Gegenstände dazu verwendet worden sein, die Bochumer unter dem Vorwand eines vermeintlichen Marihuanakaufs in ein Fahrzeug zu locken, so die Anklage. Im Laufe der Geiselnahme wurde insbesondere das männliche Opfer misshandelt, bevor ein Sondereinsatzkommando der Polizei die Entführung beendete.

Weitere Anklagen in Vorbereitung

Drei Niederländer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren müssen sich am Freitag wegen einer gemeinschaftlich begangenen Geiselnahme sowie gefährlicher Körperverletzung verantworten. Einem der Angeklagten wird zudem ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Last gelegt.

Sie sollen drei Tage nach dem Raub gegen Geld damit beauftragt worden sein, gewaltsam Informationen über den Verbleib der Drogen zu beschaffen. In der Lagerhalle in Hürth sollen sie fünf ehemalige Bewacher der Drogen gefesselt und misshandelt haben. So wollten sie herausfinden, wer hinter dem Raub der Drogen steckt. Auch diese Geiselnahme wurde schließlich von der Polizei beendet. Das Verfahren gegen die Niederländer wird bei einer Jugendkammer geführt.

Zumindest der Prozessauftakt am Mittwoch findet unter verschärften Sicherheitskontrollen statt, wie eine Sprecherin des Landgerichts bestätigte. Und die Verfahren werden nicht die einzigen sein, die in den kommenden Monaten am Landgericht anlaufen werden.

In dem Verfahrenskomplex wird inzwischen gegen über 40 Beschuldigte ermittelt, so Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. „Gegen 26 Beschuldigte sind Haftbefehle erlassen und verkündet worden. Hinzu kommt ein international ausgeschriebener Haftbefehl gegen einen niederländischen achtzehnjährigen Staatsangehörigen, der bereits in einer niederländischen Haftanstalt wegen einer anderen Tat einsitzt.“

Gemeint ist Elias M. (Name gändert). Anfang April spürte die Polizei ihn in den Niederlanden auf. Er soll im September den Brandanschlag auf das Bekleidungsgeschäft LFDY in der Ehrenstraße verübt haben. Weiterhin prüfen die Ermittler einen Zusammenhang mit dem Drogenkrieg. Sie gehen aber auch dem Verdacht nach, dass mit der Tat Geldforderungen durchgesetzt werden sollten, die sich gegen Personen aus dem Umfeld des Ladens richten sollen.

Mindestens sechs weitere Anklagen – unter anderem zum Tatkomplex der Geiselnahme in Rodenkirchen – seien in Vorbereitung, so Bremer. „Der Arbeitsaufwand ist weiterhin sehr hoch, zumal sich aus den Ermittlungen regelmäßig weitere Ermittlungsansätze ergeben“, so Bremer. Die Ermittlungen dauern daher weiter an. Ende Januar sagte Bremer: „Der hohe Personalaufwand in diesen Ermittlungen hat sich gelohnt. Wir können sagen, dass die wesentlichen Protagonisten im Fall der Entführungen in Untersuchungshaft sitzen.“ Darunter auch den mutmaßlichen Kopf der Drogenbande, Samir A.