Auf der Ost-West-Achse soll die Linie 1 der Kölner Verkehrs-Betriebe in Zukunft mit Langzügen fahren. Doch es gibt eine Hürde.
Verordnung des BundesWären in Köln 90 Meter lange KVB-Bahnen überhaupt erlaubt?
Die Entscheidung, dass die Stadtbahnzüge der Linie 1 in Zukunft auf der Ost-West-Achse 90 Meter lang sein werden, ist bereits gefallen. So soll die Kapazität auf der beliebten Strecke vergrößert werden – 50 Prozent mehr Passagiere als bislang lassen sich so befördern.
Die Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) haben dafür bereits 62 neue Niederflurbahnen bestellt. Sie sind durchgängig 60 Meter lang, während derzeit Fahrzeuge zum Einsatz kommen, die jeweils 30 Meter lang sind und aneinander gekoppelt werden. Um auf eine Länge von 90 Metern zu kommen, hat die KVB zusätzlich zu Testzwecken zwei 30 Meter lange Kurzbahnen mitbestellt, die an die 60-Meter-Bahnen angehängt werden sollen. Die Entscheidung, ob die 90-Meter-Bahnen auf der Ost-West-Achse im Abschnitt zwischen Heumarkt und Aachener Weiher in Zukunft unterirdisch oder oberirdisch fahren werden, soll der Stadtrat im Juni dieses Jahres treffen.
Höchstgrenze liegt bei 75 Metern
Eine oberirdische Lösung würde die KVB allerdings möglicherweise in die Bredouille bringen. Denn die Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (Bostrab) lässt 90-Meter-Bahnen auf der derzeitigen Trasse der Linie 1 offiziell überhaupt nicht zu. Es gilt eine Höchstgrenze von 75 Metern. „Züge, die am Straßenverkehr teilnehmen, dürfen nicht länger als 75 Meter sein und müssen für andere Verkehrsteilnehmer in ausreichendem Maß erkennbar sein“, heißt es in Paragraph 55.
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Tatsächlich nehmen die Stadtbahnen der Linie 1 am Straßenverkehr teil – und zwar exakt auf einem Teilabschnitt, der in Zukunft unterirdisch verlaufen würde, falls der Stadtrat eine Tunnellösung beschließen sollte: Auf der Richard-Wagner-Straße sowie auf der Aachener Straße zwischen Rudolfplatz und Brüsseler Straße teilen sich Stadtbahn und Straßenverkehr derzeit ein und denselben Bereich.
90 Meter lange Stadtbahnen wären nur dann erlaubt, wenn sie auf einer eigenen, abgetrennten Trasse unterwegs wären – so wie es bis zum Rudolfplatz und hinter der Brüsseler Straße der Fall ist. Eine Abtrennung neu einzurichten dürfte allerdings schwierig werden, da der Raum auf der Aachener Straße begrenzt ist und die umliegenden Wohn- und Geschäftshäuser weiterhin auch für den Lieferverkehr und die Anwohner erreichbar bleiben müssen.
KVB bestätigt Schwierigkeiten
Die KVB bestätigt auf Anfrage die Schwierigkeiten, die bei einem oberirdischen Ausbau entstehen würden. „Wir nehmen an, dass die Genehmigung für eine 90-Meter-Bahn, die in einem Tunnel fährt, sehr viel einfacher zu erreichen ist, da keine anderen Verkehrsteilnehmer zu berücksichtigen sind“, sagt eine Sprecherin. Bei einem straßenbündigen Bahnkörper müsse dagegen vermutlich nachgewiesen werden, dass die Belange Dritter – beispielsweise der Feuerwehr – ausreichend gewahrt werden.
Die Bezirksregierung Düsseldorf, die für die technische Aufsicht über sämtliche in Nordrhein-Westfalen beheimateten Straßenbahn- und O-Bus-Betriebe zuständig ist, müsste der KVB also eine Ausnahmegenehmigung erteilen. Das Unternehmen zeigt sich zwar zuversichtlich, eine solche erlangen zu können, falls sich der Stadtrat für die oberirdische Lösung entscheiden sollte. Doch eine Sicherheit gibt es nicht.
Die KVB hatte die neuen 90-Meter-Bahnen Mitte April getestet, indem drei 30 Meter lange Züge aneinander gekoppelt wurden. Sie fuhren an einem verkaufsoffenen Samstag zwei Stunden lang zwischen den Haltestellen Bahnhof Deutz/Messe und Neumarkt hin und her. So sollte sich jeder einen Eindruck davon verschaffen können, welche Auswirkungen Langzüge auf die Umgebung haben würden.
Kölner Stadtrat soll im Juni entscheiden
Wie sich der Stadtrat im Juni entscheiden wird, ist völlig unklar. Es wird wohl auf eine knappe Entscheidung für oder gegen den Bau eines U-Bahn-Tunnels hinauslaufen. Sollte der Stadtrat einen oberirdischen Ausbau beschließen, müssten die Bahnsteige zwischen Heumarkt und Aachener Straße verlängert werden. Der Autoverkehr würde bei dieser Variante teilweise umgelenkt werden. Ein Tunnelbau würde oben durch den Wegfall der Trasse viel Spielraum für eine Neugestaltung bieten – inklusive breiter Rad- und Fußgängerbereiche.
Die Tunnelgegner befürchten eine jahrzehntelange Großbaustelle in der Innenstadt und kritisieren, dass die Stadt dafür viel Geld ausgeben müsste. Die Tunnelbefürworter sehen eine einmalige Chance für die Entwicklung der Stadt und setzen darauf, dass sich Bund und Land an den Kosten für das Milliardenprojekt beteiligen werden.