Das Rechnungsprüfungsamt hat untersucht, warum es kein Vorkaufsrecht für das Technische Rathaus gibt, obwohl der Rat der Stadt Köln das beschlossen hatte.
PrüfungsberichtFehlende Kaufoption bei Stadthaus in Deutz bedeutet „materiellen Schaden“ für Stadt Köln
Für die Stadt Köln sollte es 1995 ein attraktives Geschäft werden: Ein Investor baut ein neues Technisches Rathaus in Deutz, die Stadt mietet es für 30 Jahre und erhält eine Kaufoption, um den Gebäudekomplex danach für 206,5 Millionen Euro zu kaufen. Die Mietverträge für das Westgebäude und das Ostgebäude laufen am 21. Januar 2029 beziehungsweise am 28. Februar 2029 aus – doch eine Kaufoption existiert wie berichtet nicht, obwohl der Stadtrat genau das 1995 beschlossen hatte.
Der Stadt entgeht damit die Möglichkeit, das Technische Rathaus für einen vergleichsweise günstigen Betrag zu erwerben und es weiter zu nutzen. Der derzeitige Eigentümer hatte das Gebäudeensemble neben der Lanxess-Arena vor vier Jahren für 500 Millionen Euro gekauft.
Prüfung im Auftrag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker
Das Rechnungsprüfungsamt hat den Vorgang im Auftrag von Oberbürgermeisterin Henriette Reker untersucht und ist zu dem Schluss gekommen, dass von einem „materiellen Schaden“ für die Stadt auszugehen sei. Eine genaue Schadenshöhe lasse sich jedoch nicht beziffern. Das geht nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ aus dem Prüfbericht hervor.
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Das zuständige Notariat hatte den Rechnungsprüfern mitgeteilt, dass es zwar einen Entwurf gab, der ein Ankaufsrecht beinhaltete. Es sei jedoch nicht zur Beurkundung gekommen, da der damalige Eigentümer steuerliche Bedenken geäußert habe. „Sollte sich der Hinweis im Rahmen der folgenden Ermittlungen durch entsprechende Dokumentationen festigen, ist von schwerwiegenden Verfehlungen der handelnden Mitarbeitenden der Stadt Köln auszugehen“, heißt es in dem Prüfbericht. Mit dem Wegfall der Kaufoption sei die gesamte Maßnahme für die Stadt Köln nicht mehr wirtschaftlich gewesen.
Die Frage nach der Kaufoption hatte im Mai 2023 die FDP-Ratsfraktion gestellt, weil sich die Stadtverwaltung damals vom Stadtrat absegnen lassen wollte, den Mietvertrag für das Ostgebäude kündigen zu dürfen. Geschäftsführer Ulrich Breite wollte wissen, warum die Stadt nicht ihr Vorkaufsrecht nutzen wollte – dabei kam heraus, dass die Stadt eine solche Vereinbarung niemals geschlossen hatte.
Das Rechnungsprüfungsamt stellte allerdings fest, dass die fehlende Kaufoption innerhalb der Verwaltung zuvor bereits viermal thematisiert wurde und demnach auch weithin bekannt sein musste. Demnach war schon im Jahr 2008 klar, dass die Stadt kein notarielles Vorkaufsrecht besitzt. Ein Aktenvermerk belegt, dass dies bei der Umstellung auf das Neue Kommunale Finanzmanagement festgestellt wurde.
Im Jahr 2012 gab es dazu einen internen Mailverkehr der Kämmerei. Den Rechnungsprüfern liegt außerdem eine E-Mail aus dem Jahr 2016 vor, aus der hervorgeht, dass nicht mehr von einem Bestehen des Vorkaufsrechts ausgegangen wird. Damals hatte es eine Anfrage aus dem Stadtrat bezüglich eines Ankaufs des Stadthauses gegeben. Im Januar 2017 gab es schließlich eine Anfrage des Zentralen Raummangements an die städtische Gebäudewirtschaft. „Im Kontext diverser raumorganisatorischer Fragestellungen bittet die Oberbürgermeisterin um Mitteilung, ob die Stadt Köln beim Stadthaus Deutz ein Vorkaufsrecht hatte und wenn ja, warum dieses nicht ausgeübt wurde“, wird aus einer E-Mail zitiert. Die Gebäudewirtschaft habe daraufhin mitgeteilt, dass „seitens der Stadt Köln kein Vorkaufsrecht vereinbart“ worden sei.
Politiker im Kölner Stadtrat erhielten keine Informationen
Die Politiker im Stadtrat erhielten dazu jedoch in keinem der vier Fälle eine Information. Es sei „nicht nachvollziehbar, dass den politischen Gremien nicht zeitnah und in aller Deutlichkeit durch die Verwaltung mitgeteilt wurde, dass das ursprünglich beabsichtigte Vorkaufsrecht“ niemals vertraglich festgeschrieben und beurkundet wurde, heißt es in dem Prüfbericht.
Auf Grundlage dieser Information hätte die Politik über eine eigens für den Kauf des Technischen Rathauses eingerichtete Rücklage entscheiden können. Denn obwohl es gar keine Kaufoption gab, hatte die Stadt zwei Fonds einrichten lassen, um das Gebäude nach Ablauf des Mietvertrags erwerben zu können. Beide haben in den vergangenen Jahren allerdings wieder beträchtlich an Wert verloren. Insgesamt liegt der Wert demnach bei 84,8 Millionen Euro, Ende 2021 waren es noch rund 98 Millionen Euro. Bei einer frühzeitigen Information der Politik wäre eine anderweitige Entscheidung über den Einsatz des Geldes möglich gewesen, resümieren die Rechnungsprüfer.
Stadt Köln zahlt 557 Millionen Euro Miete
Der Prüfbericht offenbart darüber hinaus, dass in der Rückschau von überhöhten Mietzahlungen ausgegangen werden muss. So habe die Mietvereinbarung nicht den für die Stadt Köln üblichen Standards entsprochen. Die Stadt wird nach 30 Jahren insgesamt rund 557 Millionen Euro Miete bezahlt haben. Das damalige Hauptamt hatte 1995 keine Einwände erhoben – unter der Bedingung des späteren Ankaufsrechts.
Die Stadt hatte sich zudem dazu verpflichtet, weit über das normale Maß hinaus gehende Verpflichtungen einzugehen, um die Gebäude instandzuhalten. Eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hatte das zwar damals als wirtschaftlich gewertet – aber auch in diesem Fall galt die Annahme, dass die Stadt später eine Kaufoption besitzen würde. „Nachdem feststand, dass das Ankaufsrecht nicht realisiert wird, ist auch dieser Aspekt nicht mehr als wirtschaftlich anzusehen“, schließen die Rechnungsprüfer.