- Kommunalpolitiker sein ist in Köln kein Beruf, sondern ein zeitaufwendiges Hobby. Das gilt besonders für den Stadtrat, der bei der Kommunalwahl am 13. September neu gewählt wird.
- Aber was muss man mitbringen, um Ratsmitglied werden zu können? Wie sind Ehrenamt und Beruf miteinander vereinbar? Was läuft gut, was schlecht?
- In unserer Serie stellen wir drei Kommunalpolitiker mit ganz unterschiedlichen Rats-Erfahrung vor. Diesmal: Jörg Frank, von den Grünen, der nach 31 Jahren nicht erneut kandidiert. Was nimmt er mit aus drei Jahrzehnten? Und was konnte er bewirken?
Köln – Er galt als einer der mächtigsten Männer im Kölner Stadtrat. Als Strippenzieher. Als Vertrauter von Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Doch nun verabschiedet sich das dienstälteste Ratsmitglied. Jörg Frank geht nach 31 Jahren in den politischen Ruhestand.
1984 wird Frank Mitglied bei den Grünen, die sich im Aufschwung befinden. Die Stimmung des Kalten Krieges, „die Restauration in Deutschland“ hätten ihn Anfang der 70er-Jahre stark berührt „und dazu geführt, sich als radikaler Linker für eine klassenlose Gesellschaft zu engagieren“, sagt der heute 65-Jährige. Er wird in Köln, seiner Heimatstadt, politisch aktiv, weil ihm zu dieser Zeit bewusst geworden sei, „dass es nicht ausreicht, zu demonstrieren, um politische Ziele durchzusetzen und schädliche Vorhaben zu bekämpfen“. Etwa den Bau der Stadtautobahn, für die Anfang der 80er Jahre ein Großteil des Inneren Grüngürtels geopfert werden sollte. Stattdessen entscheidet er sich, aktiv einzugreifen, „als Stachel im Fleisch für soziale und ökologische Veränderungen“. 1989 wird Frank in den Stadtrat gewählt.
Kölner OB-Wahl 2015 und Stadtwerke-Affäre waren zentral
Viele Jahre ist er dort erfolgreich, eines der wichtigsten Ereignisse ist die Kommunalwahl 2015. Bei der Bildung eines Wahlbündnisses mit CDU und FDP für die parteilose Henriette Reker gilt der damalige Fraktionsgeschäftsführer der Grünen als einer der Hauptakteure. Die erfolgreiche OB-Wahl sei einer der Höhepunkte in seiner politischen Karriere gewesen, sagt Jörg Frank. „Obwohl das Wochenende einen traumatischen Hintergrund hat.“ Denn einen Tag vor der Wahl wird Reker mit einem Messer attackiert und schwer verletzt. „Auch weil wir uns gut kennen, geht einem das sehr nah.“ Daher blicke er mit ambivalenten Gefühlen zurück. Einerseits die Freude, dass eine politische Strategie aufgegangen sei. Auf der anderen Seite wäre der Preis zu hoch gewesen, wenn sie den Angriff nicht überlebt hätte. „Diesen Samstag werde ich nie vergessen.“
Ebenso wie die Stadtwerke-Affäre vor zwei Jahren. Frank ist an dem geplanten Deal zugunsten des SPD-Politikers Martin Börschel beteiligt. Und wird daraufhin arbeitslos. Auf Drängen der Partei muss er sein Amt als bezahlter Fraktionsgeschäftsführer aufgeben – Lino Hammer wird sein Nachfolger, Frank bleibt jedoch ehrenamtliches Ratsmitglied. „Ich wollte damals die Position der Grünen im Stadtwerke-Konzern stärken“, sagt Frank.
Politik, nichts für zartbesaitete Seelen
Zudem habe es einen Mehrheitsentscheid in der Fraktion gegeben, behauptet er. Heute bezeichnet Frank die Klüngel-Affäre als „markanten politischen Fehler“. Am meisten störe es ihn, dass es Menschen gebe – auch bei den Grünen –, die glauben, dass er daraus materielle Vorteile habe ziehen wollen.
„Für uns Grüne war der neo-stalinistische Ruf nach Parteisäuberung von einigen prominenten grünen Mitgliedern nicht nur zutiefst unwürdig, sondern demokratisch ein No-Go“, sagt Frank, der mittlerweile hauptberuflich als Referatsleiter bei einer Stiftung tätig ist. Doch Politik sei eben ein hartes Pflaster und nichts für zartbesaitete Seelen. Mittlerweile habe er eine gewisse Distanz zu den Ereignissen gewonnen und blicke positiv auf seine Zeit im Rat zurück.
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Auch wenn diese von vielen politischen Konflikten geprägt gewesen sei. Etwa in Ratssitzungen und Ausschüssen, er selbst saß jahrelang im Wirtschafts- und Finanzausschuss sowie Vorsitzender des Liegenschaftsausschusses. „Ich gehöre zu denen, die bei unterschiedlichen Zielen auch hart streiten. Aber ich versuche immer, niemanden persönlich zu verletzen. Es muss um die bessere Lösung und einen akzeptablen Kompromiss gehen.“ Er sei einfach nicht der Typ fürs Kumpelhafte. „Die Dynamik der Demokratie lebt vom Unterschied und nicht vom Einheitsbrei.“
Mit der Kommunalwahl am Sonntag verabschiedet er sich aus dem Rat. „Nichts ist für ewig, und ich denke, dass es der richtige Zeitpunkt ist“, so Frank. Zumal er mit Blick auf alle Fraktionen den Eindruck habe, dass sich eine neue Generation etablieren wolle. Die werde es nicht unbedingt einfach haben, weil politisches Engagement nach wie vor ein Hobby sei. „Und das läuft nicht mit nur 15 Stunden in der Woche. Berufliches Vorankommen wird durch eine intensive Tätigkeit in der Kommunalpolitik nicht gerade einen Aufschwung erleben.“
Jörg Frank fordert professionellen Rat
Er selbst habe 2004 seine Arbeitszeit auf 80 Prozent reduziert, um mehr Zeit für die Politik zu haben. Doch das könnten sich nicht alle leisten, weswegen der Stadtrat noch nie ein Abbild der sozialen Schichten der Stadt gewesen sei. „Wenn man kommunale Selbstverwaltung und eine breite Teilhabe auf Dauer erhalten will, führt kein Weg daran vorbei, hier eine Veränderung herbeizuführen und den Rat zu professionalisieren.“ Das wünsche er sich für die Zukunft.
Eine Zukunft, in der er sich mit der neu gewonnenen Freizeit nicht entspannt zurücklehnen wird. Er bleibe der Stadtpolitik erhalten, nur eben außerhalb des Rates. Anfragen von Initiativen, die sich seine Unterstützung wünschen, lägen bereits auf dem Tisch.