Politikerinnen und Politiker in Köln arbeiten in der Regel ehrenamtlich. Diese Tätigkeit mit einem festen Job unter einen Hut zu bekommen, ist in einer Millionenstadt wie Köln gar nicht so einfach.
Politik als EhrenamtNur ein Fraktionschef ist im Kölner Stadtrat bei seiner Fraktion angestellt
SPD-Politiker Christian Joisten ist der einzige Fraktionschef im Kölner Stadtrat, der bei seiner Fraktion angestellt ist. Das hat eine Abfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ bei den acht Fraktionen ergeben. Von einer Fraktion spricht man ab einer Größe von drei Ratsmitgliedern, dazu zählen Grüne (26 Mitglieder), CDU (20), SPD (19), Linke (6), FDP (5), Volt (4), Volt (4), AfD (4) und die sogenannte Fraktion als Gremium der Satire-Partei „Die Partei“ (4).
Einzig Grünen-Fraktionschefin Christiane Martin hat demnach einen Honorarvertrag mit der Fraktion, sie ist also zumindest in einem Vertragsverhältnis. Üblicherweise haben die Fraktionen ihre Geschäftsführer angestellt, entweder in Voll- oder Teilzeit, sie wickeln den Alltag der politischen Arbeit ab.
Joisten ist seit diesem Herbst Teilzeit bei der 19-köpfigen SPD-Fraktion angestellt und damit de facto Berufspolitiker. Diese ungewöhnliche Lösung ist die Antwort der Sozialdemokraten auf die Frage, wie ihr prominentester Politiker ein ehrenamtliches Mandat übernimmt und trotzdem ein Einkommen hat, das seinem Verdienst im Job nahekommt.
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Denn Politiker in Köln arbeiten ehrenamtlich, die Fraktionschefs beispielsweise der drei großen Fraktionen Grünen, CDU und SPD erhalten 1560 Euro monatlich als Pauschale plus Sitzungsgeld und Vergütungen in den Aufsichtsräten der städtischen Unternehmen, beispielsweise der Stadtwerke.
Politisches Ehrenamt verlangt viel ab
Für fünf Jahre werden Ratsmitglieder gewählt und vor allem für die Vorsitzenden der jeweiligen Fraktionen, insbesondere der großen, stellt sich die Frage: Sind politisches Ehrenamt und Job vereinbar, zumal in einer Millionenstadt mit einem jährlichen Haushalt von 5,5 Milliarden Euro? Und was passiert, wenn man nach fünf Jahren nicht mehr gewählt wird?
In der SPD darf nur der Ratsfraktionschef ein Doppelmandat in Stadtrat und Landtag haben, denn in Düsseldorf erhalten die Politiker 12.379,14 Euro monatlich und können so die Arbeit im Rat mitfinanzieren. Doch Joisten hat im Mai den Einzug in den Landtag verpasst. Weiter Vollzeit als Leiter für Kundenbeziehungen zu arbeiten und gleichzeitig das Amt des Fraktionschefs auszuüben, wollte sein Arbeitgeber nicht mehr und ist laut Joisten zeitlich nicht möglich. Künftig arbeitet er nur noch einen Tag bei seinem Arbeitgeber.
Auch Christiane Martin sagt: „Eine Stadt wie Köln fast nur mit Ehrenamtlichen zu regieren, finde ich schwierig.“ Laut eigener Aussage arbeitet sie weiter als selbstständige Texterin, das macht demnach rund zehn Prozent ihrer Arbeitszeit aus. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau war bis Mai im Landtag, flog aber raus, er erhält aktuell noch ein anteiliges Übergangsgeld. Im nächsten Jahr will Petelkau einen neuen Job antreten.
Kölner Stadtrat: Linken-Fraktionschefin arbeitet im Jobcenter
Andere Beispiele sind Güldane Tokyürek (Linke) und Ralph Sterck (FDP), sie erhalten monatlich als Pauschale jeweils 1040 Euro, weil die Fraktionen nicht mehr als acht Mitglieder haben. Tokyürek arbeitet Vollzeit im Jobcenter Mönchengladbach, sie sagt: „Die Doppelbelastung verlangt mir viel ab. Aber ich kann nicht reduzieren, ich werde ja nicht ewig Ratsmitglied sein.“ Sterck arbeitet als Referatsleiter im NRW-Wirtschaftsministerium, er sagt: „Es ist ein Spagat. Ich könnte sicher mehr für Köln tun, wenn ich mehr Zeit hätte.“
Stephan Boyens (AfD) arbeitet als Diplom-Kaufmann bei der Rhein-Energie, Karina Syndicus (Die Fraktion) ist als Künstlerin aktiv und Jennifer Glashagen (Volt) ist Leiterin im Wohnbereich der Eingliederungshilfe und aktuell in Mutterschutz.