Köln – Die Kölnerin Dagmar K. hat es satt: Die Mülleimer im Beethovenpark seien in letzter Zeit ständig überfüllt. „Inzwischen verteilt sich der Unrat um die Mülleimer herum und auch auf den Wiesen im ganzen Park“, beschreibt sie die Situation in einer E-Mail an Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Die 56-Jährige wohnt seit mehr als 20 Jahren in Köln nahe des Beethovenparks und geht dort regelmäßig joggen. Dabei seien ihr schon immer überfüllte Mülleimer aufgefallen, insbesondere am Wochenende. Der Lockdown habe die Situation aber weiter verschärft. Da Restaurants derzeit nur noch Liefer- oder Abholservice anbieten können, quellten die Mülleimer mit Pizzakartons und Plastikvepackungen über. Das Resultat: Die Besucher der Grünanlagen wüssten nicht mehr, wohin mit ihrem Müll und stellten ihn in der Not neben die vollen Mülleimer. Die Leute seien gewillt, ihren Müll richtig zu entsorgen, das Angebot fehle jedoch. Die Politik will nun Abhilfe schaffen.
Dass in der Zeit des Lockdowns mit dem zusätzlichen Online-Bestellungen und den hygienischeren Einwegverpackungen mehr Müll anfalle, sei unvermeidbar, sagt Arndt Klocke, Vize-Fraktionschef der Grünen im Landtag. Darauf müsse die Abfallwirtschaft einstellen, zusätzliche Müllcontainer aufstellen und verstärkt leeren und abfahren: „Sonst droht Köln in den nächsten Wochen zunehmend zu vermüllen“, befürchtet Klocke.
Höhere Taktung an sonnigen Wochenenden
Probleme mit dem To-go-Müll werden mittlerweile aus vielen Kommunen in NRW gemeldet. Wenn ein sonniges Wochenende bevorstehe, sollte „die Taktung zur Leerung öffentlicher Abfalleimer verdichtet werden“, verlangt auch Henning Höne, kommunalpolitischer Sprecher der FDP im Landtag. André Stinka, Vize-Chef der SPD-Landtagsfraktion, fordert die Städte auf, sich ein Beispiel an Hamburg zu nehmen: Dort würden sogenannte „,Waste Watcher“ eingesetzt - die Stadtreinigung in der Hansestadt habe ehemaligen Langzeitarbeitslosen mit dem Job eine Perspektive geboten.
Das Problem mit dem To-go-Müll hat unterdessen auch NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser auf den Plan gerufen. „Corona hat leider zu einer Renaissance der Einwegverpackung geführt“, sagte die CDU-Politikerin. Achtlos entsorgter Plastikmüll habe in einer modernen und verantwortungsvollen Gesellschaft aber nichts verloren: „Wer plant, sich bei einem Ausflug oder Spaziergang etwas To-go zu kaufen, sollte seinen eigenen Mehrwegbecher oder -teller im Gepäck haben“, ermahnt Heinen-Esser.
Illegale Müllentsorgung konsequent ahnden
Sie fordert die Städte auf, Verstöße konsequent zu ahnden: „Für die illegale Müllentsorgung, etwa ein achtloses Wegwerfen von Plastik- und Papiermüll, empfiehlt der Bußgeldkatalog den Kommunen ein Bußgeld in Höhe von mindestens 100 Euro.“ Um den Verpackungsmüll nachhaltig zu reduzieren, sei die Einführung eines Pflichtpfands auf Einwegverpackungen erforderlich. Christian Untrieser, Verbraucherschutz-Experte der CDU, appelliert an die Eigenverantwortung der Bürger. „Man kann seinen Pizzakarton auch mit nach Hause nehmen, anstatt ihn auf die Grünfläche zu werfen.“
Die beiden Kölnerinnen Anna und Maren sehen sich in der Verantwortung – und favorisieren deshalb die Pfandbecher von Recup. Das System ist laut Beschreibung auf der Webseite von Recup einfach: „To-go-Getränk im Recup statt im Einwegbecher bestellen, 1 Euro Pfand hinterlegen. Getränk unterwegs, überall und wo Du willst genießen. Becher deutschlandweit bei allen Recup-Partnern zurückgeben und 1Euro Pfand zurückbekommen.“ Mittlerweile sei es jedoch schwieriger, die Pfandbecher wieder abzugeben, finden Anna und Maren. Die Anzahl der Partner von Recup in Köln sei ihrer Einschätzung nach in den letzten Monaten gesunken.
Eigene Mehrwegbecher in Corona-Zeiten unbeliebt
Auch bei der Mitnahme von eignen Mehrwegbechern haben die beiden Kölnerinnen schlechte Erfahrungen gemacht. In Zusammenhang mit der Corona-Pandemie war die Benutzung von eigenen Bechern bei vielen Bäckern und Cafés zumindest zwischenzeitlich nicht mehr erlaubt. Trotz aller guten Vorsätze kleben die Minzblätter des Getränks, das die beiden in der Sonne genießen, am Deckel eines Pappbechers. Der Ausflug zum Aachener Weiher fand spontan nach der Arbeit statt, einen Mehrwegbecher hatten sie nicht dabei.
Auch Sergen Keskin fallen regelmäßig die überfüllten Mülleimer in der Stadt auf. „Es regt mich sehr auf, weil ich weiß, dass ich auch Teil des Problems bin.“ Wenn der nächstgelegene Mülleimer voll ist, sucht er weiter, bis er einen leeren findet. Das sei aber nicht immer einfach – Und manchmal lande die Papiertüte vom Imbiss dann eben neben der Tonne.
Größere Mülltonnen gefordert
Dagmar K. fordert in ihrer Wutmail an Reker, dass die Mülleimer in den Grünflächen der Stadt insbesondere während „angekündigter Schön-Wetter-Phasen“ häufiger geleert sowie größere Mülltonnen aufgestellt werden. So wie es jetzt aussehe, sei es „schlimm und ärgerlich“. Dabei sieht sie die Stadt in der Verantwortung: Die attraktive Gestaltung der Grünflächen ist ihrer Meinung nach „das Mindeste, was die Stadt in der Zeit des Lockdowns tun kann“. Ein Sprecher der Stadt verweist auf Nachfrage jedoch auf die Zuständigkeit der Abfallwirtschaftsbetriebe Köln (AWB).
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Cordula Beckmann, Sprecherin der AWB, weist die Vorwürfe der Untätigkeit zurück. Im vergangenen Light-Lockdown habe die AWB mit sogenannten Eventtonnen an stark frequentierten Punkten reagiert, diese seien aber aufgrund der Schließung der Geschäfte wieder abgebaut worden. Um überfüllte Mülleimer in Parks und am Rhein zu vermeiden, stelle die AWB aktuell wieder große Picknickbehälter auf. Entgegen der Annahme von Dagmar K. reagiere die AWB auch durchaus auf Schön-Wetter-Phasen: „Je nach Wetterlage sensibilisieren wir unsere Mitarbeiter, sodass wir bei anhaltendem guten Wetter und Bedarf mehr Personal in den Grünanlagen einsetzen.“
Die gerade am Wochenende und in den Kölner Parks überfüllten Mülleimer zeichnen ein anderes Bild. Dagmar K. hofft, dass ihre E-Mail an das Büro der Oberbürgermeisterin eine Veränderung herbeiführt. Bisher habe sie lediglich die Antwort erhalten, dass man sich um das Problem kümmere.