Köln/Dormagen – Nach Kritik des Dormagener Pfarrers Klaus Koltermann an Kardinal Rainer Woelki droht das Erzbistum Köln dem Geistlichen mit dienstrechtlichen Konsequenzen. Nach Weihnachten hatte Koltermann in einem Leserbrief unter anderem an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ dem Kardinal vorgeworfen, jede „Glaubwürdigkeit verspielt“ zu haben, als er in der Christmette im Dom nicht für eigene Fehler im Umgang mit dem Missbrauchsskandal um Verzeihung bat, sondern nur für die an ihm geübte Kritik.
Als erster Pfarrer im Erzbistum stellte Koltermann sich offen hinter Rücktrittsforderungen an den Kardinal. „Einerseits bin ich zum Gehorsam gegenüber dem Bischof verpflichtet. Andererseits kann ich es mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, zu schweigen“, sagte der Pfarrer seiner Heimatzeitung, der „Neuss-Grevenbroicher Zeitung“.
Personalchef kanzelt kritischen Pfarrer ab
Postwendend erhielt Koltermann per E-Mail vorab einen zweiseitigen Brief aus dem Kölner Generalvikariat mit Datum vom 30. Dezember. In Duz-Form schreibt Personalchef Mike Kolb, dass ein „öffentliches Eintreten gegen die Katholische Kirche, das Erzbistum Köln oder dessen Amtsträger nicht mit Deinen Loyalitätsobliegenheiten im seelsorglichen Dienst vereinbar“ sei.
Leserbrief
„Habe eine Bürde hinzugefügt“ - Kardinal Rainer Maria Woelki bittet in der Christmette um Verzeihung (28.12.)
Kardinal Woelki bittet um Verzeihung in der Christmette. Dies ist ein notwendiger, wenn nicht schon längst überfälliger Schritt, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Allerdings schleichen sich beim genaueren Hinhören seiner Worte und beim Betrachten der Bilder von seinem Auftreten Zweifel ein. Die Erstkommunionkinder lernen in der Hinführung zur Beichte den offenen und ehrlichen Umgang mit persönlicher Schuld. Nicht zuletzt geschieht dies über eine Gewissenserforschung und Reue. Dann wird der Wille zur Umkehr ausgesprochen. Leider kann ich in den Worten des Kardinals nichts dergleichen erkennen. Damit wurde nun noch restlich vorhandene Glaubwürdigkeit verspielt. Zugleich bereitet mir sein Auftreten in der Christmette - zum Ein- und Auszug in den Dom - erhebliches Kopfzerbrechen. Kein Tragen der allseits vorgeschriebenen Maske zum Schutz seiner Person oder zumindest der Mitfeiernden im Gottesdienst - gilt diese Vorgabe etwa nicht für den Kardinal? Ist es ein Versehen? Oder handelt es sich hier um eine Ignoranz den Mitchristen gegenüber, die symptomatisch für seinen Leitungsstil im Bistum steht? Auch eine Bischofsweihe gewährt keine Immunität gegen das Coronavirus.
PASTOR KLAUS KOLTERMANN SEELSORGEBEREICH DORMAGEN-NORD
Koltermanns Äußerungen könnten „Maßnahmen nach sich ziehen“. Kolb begründet dies mit „möglicherweise schwerwiegenden Verstößen“ Koltermanns gegen seine Dienstpflichten.
„Zur Aufklärung des vorgenannten Sachverhalts und vor Aufnahme des Vorgangs in Deine Personalakte“ verlangt Kolb mit Frist bis zum 8. Januar eine schriftliche Stellungnahme, die „ebenfalls zur Personalakte genommen“ werde. „Der Sachverhalt wird geprüft und entsprechend bewertet.“
Schon im November hatte der Kardinal veranlasst, dass der Düsseldorfer Pfarrer Ansgar Steinke nach einem Woelki-kritischen Interview im „Kölner Stadt-Anzeiger“ von Stadtdechant Frank Heidkamp zu einem Gespräch einbestellt wurde.
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ weist Koltermann in seiner Antwort an Kolb die gegen ihn erhobene „unbelegte“ Anschuldigung zurück, er habe sich mit seiner Kritik gegen die Kirche gewandt und ihr geschadet.
Er macht stattdessen die Sorgen von vielen Gläubigen um die Zukunft des Erzbistums geltend. Diese Sorgen werde er auch weiter ernst nehmen und ins Wort fassen. Als Gewissensentscheidung sei dies nicht disziplinär zu ahnden.
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Woelki sieht sich vonseiten der Kirchenbasis, aber auch von Mitbrüdern im Bischofsamt wegen eines unter Verschluss genommenen Missbrauchsgutachtens und wegen des Vorwurfs, den Missbrauchsfall eines mit ihm befreundeten Düsseldorfer Pfarrers nicht untersucht und nach Rom gemeldet zu haben, deutlicher Kritik ausgesetzt. Am Ende der Christmette am 24. Dezember sprach er in einem „persönlichen Wort“ von einer „Bürde“, die er den Gläubigen im Zusammenhang mit der Aufarbeitung sexualisierter Gewalt auferlegt habe.
Pfarrer vermisst „ehrlichen Umgang“ Woelkis mit eigener Schuld
„Was Sie in den letzten Tagen ... an der Kritik darüber und insbesondere auch an der Kritik an meiner Person ertragen mussten, für all dies bitte ich Sie um Verzeihung.“ An dieser Bitte meldete Koltermann Zweifel an. „Die Erstkommunionkinder lernen in der Hinführung zur Beichte den offenen und ehrlichen Umgang mit persönlicher Schuld. Nicht zuletzt geschieht dies über eine Gewissenserforschung und Reue. Dann wird der Wille zur Umkehr ausgesprochen. Leider kann ich in den Worten des Kardinals nichts dergleichen erkennen.“