Das Hamburger Landgericht hat Vosgerau nur in einem Punkt Recht gegeben. Wird er seinen Privatdozent-Titel verlieren? Das sagt eine unabhängige Juristin.
Uni Köln entscheidet baldKölner Jurist scheitert weitgehend mit Klage gegen Correctiv-Recherche
Der Jurist und Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, Privatdozent der Universität zu Köln, ist gerichtlich gegen die Correctiv-Recherche über das Geheimtreffen rechter Funktionäre in Potsdam vorgegangen. Die Kölner Kanzlei von Medienrechtler Ralf Höcker vertritt Vosgerau in der Angelegenheit. Das Landgericht Hamburg hat nun bekannt gegeben, dass der Unterlassungsantrag von Vosgerau nur zum Teil erfolgreich gewesen sei.
Auf X schreibt Höcker: Das Landgericht Hamburg „verbietet die Falschbehauptung von Correctiv über unseren Mandanten. Die nach unserer Auffassung sinnentstellend gekürzte Wiedergabe zweier Aussagen hält das Gericht dagegen noch für vertretbar“.
Man könne mit Wahlbeschwerden vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg haben, soll Vosgerau auf Nachfrage eines Teilnehmers beim Potsdamer Treffen gesagt haben, sofern man diese massenhaft einreiche. „Je mehr mitmachten, stimmt er zu, umso höher die Erfolgswahrscheinlichkeit“, heißt es im Correctiv-Artikel.
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Diese Passage muss Correctiv nun ändern. „Mit seinem Antrag hat Vosgerau geltend gemacht, ein massenhaftes Vorgehen gerade nicht befürwortet zu haben. Der Erfolg einer Wahlprüfungsbeschwerde hänge nicht davon ab, wie oft sie eingereicht werde, sondern davon, wie gut sie begründet sei“, schreibt das Hamburger Landgericht.
Gericht beanstandet Passage zu fehlender Erinnerung nicht
Gescheitert hingegen ist Vosgerau mit dem Versuch, gegen Passagen vorzugehen, in denen Correctiv ihn zu den Themen Ausbürgerung von Staatsbürgern und Wählerinnen türkischer Herkunft wiedergibt. Folgender Absatz des Correctiv-Textes ist laut Gericht nicht zu beanstanden:„Der Verfassungsrechtler spricht über Briefwahlen, es geht um Prozesse, um das Wahlgeheimnis, um seine Bedenken in Bezug auf junge Wählerinnen türkischer Herkunft, die sich keine unabhängige Meinung bilden könnten. Auf CORRECTIV-Fragen hin bestätigt er diesen Satz später. An die Sache mit der Ausbürgerungsidee von Staatsbürgern in Sellners Vortrag will er sich aber nicht erinnern können.“
Universität Köln debattiert, ob Vosgerau Privatdozent bleibt
An der Universität zu Köln befasst sich eine Kommission unterdessen weiterhin damit, ob Vosgerau wegen der Teilnahme beim rechten Geheimtreffen in Potsdam der Privatdozent-Titel entzogen werden kann. Die Uni hat auch sieben Wochen später noch keine Entscheidung getroffen. Diese solle aber „voraussichtlich im Mai“ fallen, sagt nun eine Unisprecherin auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Die mit der Entscheidungsfindung befasste Kommission „wird eine Empfehlung an den zuständigen Habilitationsausschuss beschließen. Der Ausschuss tagt drei Mal im Semester“, heißt es. Erstmals war der Ausschuss, der sich aus allen Juraprofessorinnen und Professoren der Fakultät zusammensetzt, Ende Januar in der Sache zusammengekommen.
Mit Blick auf das laufende Verfahren könnten laut Unisprecherin keine Einblicke in Argumentationslinien gegeben werden. Allgemein kann man sagen, dass „die Lehrbefugnis widerrufen werden kann, wenn die/der Habilitierte ohne wichtigen Grund zwei Jahre keine Lehrtätigkeit ausgeübt hat, oder wenn sie/er durch ihr/sein Verhalten das Ansehen oder das Vertrauen, das die Stellung erfordert, verletzt.“
Da es sich bei einem Titelentzug „um einen Eingriff in die Grundrechte des Betroffenen handelt, muss er entsprechend begründet werden“. Es gelte zu bedenken, dass die Entscheidung der juristischen Fakultät „einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung standhalten sollte“, heißt es weiter.
Dem Juristen Vosgerau sei zudem die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben worden, die er bis Ende Februar einreichen soll. Laut Unisprecherin habe Vosgerau noch keine vorgelegt.
Kölner Juristin: Titel-Entzug von Vosgerau ist unwahrscheinlich
Eine auf Hochschulrecht spezialisierte Juristin aus dem Kölner Raum, die aufgrund der politischen Brisanz des Falls namentlich nicht genannt werden möchte, geht nicht davon aus, dass Vosgerau der Titel entzogen werden kann. „Ich halte das für ausgeschlossen“, so die Juristin. „Es muss einen inhaltlichen Zusammenhang geben zwischen der akademischen Bezeichnung und dem in Rede stehenden Verhalten“. Einen juristischen Tatbestand sehe sie nicht. „Es ist nicht verboten, zu einem Treffen zu gehen.“
Vosgerau, CDU-Mitglied, ist schon seit 2018 nicht mehr in der Lehre aktiv. Auf seiner Homepage weist er dennoch prominent auf seine Zugehörigkeit zur Uni Köln hin.
Die Kernvorwürfe der Correctiv-Recherche, beim Geheimtreffen sei über die massenhafte Vertreibung von Menschen mit Migrationsgeschichte debattiert worden, hat Vosgerau juristisch nicht angefochten.