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Schmähbanner gegen Kölns OBSo will die Polizei die Täter aus der Südkurve überführen

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf die Südkurve beim Heimspiel des 1. FC Köln gegen Union Berlin am 11. Mai 2024.

Blick auf die Südkurve beim Heimspiel des 1. FC Köln gegen Union Berlin am 11. Mai 2024.

Ultra-Anhänger, die das Transparent in der Südkurve hochgehalten haben, sind auf den Videobildern gut zu erkennen.

Eine halbe Woche nach dem Eklat beim Heimspiel gegen Union Berlin laufen die Ermittlungen der Polizei weiter auf Hochtouren. Gesucht werden diejenigen, die für das geschmacklose Banner gegen Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) verantwortlich sind. Die Ermittler verfolgen verschiedene Ansätze. Hier sind die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

Wer hat das Schmähplakat erstellt?

Das ist noch immer unklar. Das Plakat war unterzeichnet vom Ultra-Verein „Horde 1996“, was auf die „Wilde Horde“ als Urheber hinweist. Gegen einen Verein könne aber nicht ermittelt werden, nur gegen Einzelpersonen, betont Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn. Es komme nun also darauf an, eine „individualisierte Schuld“ festzustellen und eine oder mehrere Personen „belegbar in Mitverantwortung zu ziehen“. Auf dem mehrere Quadratmeter großen Transparent stand: „Henriette ist zwar keine Gilf, aber wir ficken sie trotzdem.“ Gilf ist ein vulgärer Ausdruck und eine englische Abkürzung für eine Großmutter, mit der man gerne Geschlechtsverkehr hätte. Hintergrund ist ein seit Jahre schwelender Konflikt zwischen dem 1. FC Köln und der Kölner Politik um den geplanten Ausbau des Geißbockheims im Grüngürtel.

Welche Möglichkeiten haben Polizei und Staatsanwaltschaft jetzt, den Urheber und weitere Verantwortliche zu identifizieren?

Mehrere. Zum einen will die Polizei herausfinden, welche Person letztlich dafür gesorgt hat, dass das Plakat am Samstag während des Spiels nach einigen Minuten wieder eingerollt wurde. Denn derjenige müsse eine Art „Herrschaftsgewalt“ in der Südkurve besitzen, sagt Willuhn. Der Impuls, das Transparent einzupacken, soll von Verantwortlichen des 1. FC Köln ausgegangen sein, heißt es. Aber mit wem haben die Vereinsvertreter geredet? Wer war ihre Kontaktperson in die „Wilde Horde“? Was weiß derjenige über das Plakat? Und inwiefern kann derjenige dafür verantwortlich gemacht werden? Ein weiterer Ermittlungsansatz ist die Videobeobachtung im Stadion.

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Wie funktioniert die Videobeobachtung im Stadion? Wer wird gefilmt?

Hochauflösende Kameras filmen nahezu jeden Zuschauerbereich im Stadion. Die Livebilder verfolgt die Polizei aus ihrer Befehlsstelle auf der Ost-Geraden. Fällt den Beamten etwas Verdächtiges auf, können sie die Bilder heranzoomen, auch Aufzeichnungen sind möglich. Zurzeit wertet die Polizei Fotos und Videos derjenigen aus, die das Schmähplakat gehalten haben. Personen sollen darauf gut zu erkennen sein. Die wenigsten haben sich die Mühe gemacht, sich zu vermummen.

Oberstaatsanwalt Willuhn bezeichnet das als ein „Phänomen der Szene“ und als Zeichen dafür, dass viele Ultras die Südkurve längst als „rechtsfreien Raum betrachten, in dem sie die Regeln selbst bestimmen“. Ob diejenigen, die das Plakat bloß festgehalten haben, am Ende auch strafrechtlich verantwortlich gemacht werden können, ist allerdings fraglich.

Wer hat das Banner ins Stadion gebracht? Und wie?

Dies ist für die Frage nach der strafrechtlichen Verantwortung mindestens genauso interessant. Klar scheint zu sein, dass das Transparent hineingeschmuggelt wurde. „Es wurde jedenfalls wohl nicht erst im Stadion hergestellt“, sagt Willuhn. Auch war das Banner zu schwer und unhandlich, um es einfach unbemerkt durch den Zaun stecken oder darüber in den Umlauf des Stadions werfen zu können. Wer also hat dabei geholfen? Wer ist Mitwisser? Für die Ermittler sind das entscheidende Fragen. Bislang ist das Transparent übrigens nicht wieder aufgetaucht. Als Beweismittel ist es allerdings auch nicht vonnöten, weil die entscheidenden Szenen gefilmt wurden.

Welche Strafen drohen den Tätern?

Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat Strafanzeige gestellt. Bei dem Inhalt des Plakates handelt es sich laut Staatsanwaltschaft mindestens um eine Beleidigung, die mit Geldstrafe oder bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft werden kann. Möglicherweise auch deutlich härter, falls Paragraf 188 Strafgesetzbuch zur Anwendung käme: Beleidigung, üble Nachrede oder Verleumdung einer Person des politischen Lebens. Dann drohen bis zu drei Jahre Haft oder empfindliche Geldstrafen.