- Corona-bedingt kehrt auch bis zum Ende der Saison 2019/20 der normale Spielbetrieb im Staatenhaus nicht wieder.
- Einige Produktionen mussten gestrichen werden, darunter die Wiederaufnahmen von „Turandot“ und Zimmermanns „Soldaten“.
- Die Stimmung ist, so Intendantin Birgit Meyer, trotzdem nicht schlecht: „Die Reise geht nach vorne, wir haben es geschafft, das Haus am Laufen zu halten."
Köln – Verzweiflungsausbrüche, Heulkrämpfe, Selbstmordversuche in ihrem Haus? Nein, mit all dem kann Kölns Opernintendantin Birgit Meyer nicht dienen. Indes lässt sie, die jetzt zusammen mit ihrem Team die Agenda der kommenden Saison vorstellte, keinen Zweifel daran, dass wenige Tage nach der „Troubadour“-Premiere am 8. März harte Zeiten für die Kölner Oper anbrachen: „Da war klar, dass wir zunächst bis zum 19. April schließen mussten.“ Jetzt ist fast Mitte Juni.
Einige Produktionen wurden gestrichen
Corona-bedingt kehrt auch bis zum Ende der Saison 2019/20 der normale Spielbetrieb im Staatenhaus nicht wieder: Die Produktionen „Béatrice et Bénédict“, „Miranda“ und „Die Reise nach Reims“ wurden gestrichen, darüber hinaus entfielen Wiederaufnahmen wie die von „Turandot“ und – besonders schmerzvoll – Zimmermanns „Soldaten“.
Die Stimmung ist, sagt Meyer, trotzdem nicht schlecht: „Die Reise geht nach vorne, wir haben es geschafft, das Haus am Laufen zu halten, kehren guten Gewissens zu ersten kleinen Vorstellungen zurück.“
Damit sind sowohl mobile Ständchen vor Pflegeeinrichtungen gemeint als auch – aktuell – kleinere Formate mit jeweils rund hundert Zuhörern im Staatenhaus, etwa der von Eike Ecker inszenierte Abend „Nachtzug“ mit Martin Koch und Rainer Mühlbach.
Von Mozart zu Benjamin
Kölner Opernpremieren der Spielzeit 2020/21:
„Die Zauberflöte“ ( 3. Oktober 2012)
„Written on Skin“ (22. November)
„Die tote Stadt“ (4. Dezember)„Der Sturm“ (21. Februar 2021)
„Upload“ (16. April)
„Il Barbiere di Siviglia“ (2. Mai)
„Faust“ („Margarethe“) (23. Mai)
„Mazeltov, Rachel’e“ (4. Juni)
„Cardillac“ (13. Juni)
Volker Rhein, der Technische Direktor der Oper, hat in Kooperation mit dem Gesundheitsamt dafür gesorgt, dass alle das „corona-kompatibel“ ablaufen kann. Und die ausgefallenen großen Produktionen? Sie – darunter Berlioz’ „Béatrice et Bénédict“ mit François-Xavier Roth am Pult – sollen in der Spielzeit 21/22 nachgeholt werden.
Auch die freien Mitarbeiter hätte es, wie zu hören ist, schlimmer treffen können: „Alle Gagen unter tausend Euro konnten“, sagt Meyer, „zu 70 Prozent ausbezahlt werden“. Geld sei durch Kurzarbeit und durch Ausgabenreduktion hereingekommen.
Verluste seien unvermeidlich
Schließlich seien die Einnahmen auch zu Normalzeiten im Interim nie so hoch gewesen, wie sie es im Haus am Offenbachplatz gewesen wären. Geholfen habe auch die so nicht erwartete Höhe der Einnahmen „vor Corona“ – „wir hatten ja 93 Prozent Auslastung“.
Das könnte Sie auch interessieren:
Sicher seien bei einem bei 250 liegenden Deckel der Besucherzahl Verluste unausweichlich, aber – so Chefdramaturg Georg Kehren – „die Regeln ändern sich ja auch nahezu stündlich“. Insgesamt helfe die Interimserfahrung der Oper in diesen Tagen, auf Aktuelles flexibel zu reagieren.“ Im übrigen glaubt Meyer, dass „die Welt im September anders aussieht“.
Und wenn nicht? Man sei, wird geantwortet, auf den „best case“ (normaler Spielbetrieb) und den „worst case“ (neuer Lockdown) und sämtliche Zwischenstufen vorbereitet. Getrennt habe man sich von einigen „nicht corona-tauglichen Wiederaufnahmen“, ansonsten werde eine Agenda vorgehalten, bei der man auf Lockerungen wie Verschärfungen der Bestimmungen reagieren könne.
Neuproduktionen auf Corona-Bedingungen ausgerichtet
Neuproduktionen wie „Die Zauberflöte“ seien an Corona ausgerichtet – Rhein spricht in diesem Zusammenhang von einem „Einbau von Rückfallebenen“. Der Chor könne auf, aber auch hinter der Bühne singen. Mit der Inszenierung der sängerisch weitgehend aus dem Ensemble bestrittenen Mozart-Oper ist Kölns früherer Opernintendant Michael Hampe betraut – dem 85-jährigen wird damit ein Herzenswunsch erfüllt.
Ist dem Konvolut der neun Premieren eine leitende Idee zu entnehmen? Ja, sagt Kehren, „es geht immer wieder um die Frage nach dem Menschsein unter den Bedingungen der Moderne, aktuell im Zeichen von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz.“ Diese Themen behandelt zentral „Upload“, die zur Uraufführung anstehende Oper des Niederländers Michel van der Aa, der auch inszeniert (es spielt das in Köln beheimatet Ensemble Musikfabrik).
Das Thema „Mensch und Moderne“ spielt selbstredend eine große Rolle auch in zwei zentralen Opern der 20er Jahre, Korngolds „Toter Stadt“ (vor genau hundert Jahren in Köln uraufgeführt) und Hindemiths „Cardillac“. Die „Tote Stadt“ bringt eine Wiederbegegnung mit der Regisseurin Tatjana Gürbaca, in „Cardillac“ singt der große Bo Skovhus die Titelpartie.
George Benjamins Oper „Written on Skin“
Zweites Gegenwartswerk ist George Benjamins 2012 uraufgeführte Oper „Written on Skin“, ein dringender Wunsch von GMD Roth, der auch dirigiert. Roth leitet weiter die Aufführungen von Gounods „Faust“ (Regie: Johannes Erath) in der in Deutschland unbekannten Dialogfassung von 1859 und mit neu entdecktem musikalischem Material.
Rossinis „Barbier“ ist unter George Petrou in einer Commedia dell’arte -nahen Inszenierung der legendären Ruth Berghaus zu erleben, die noch nie außerhalb der Berliner Staatsoper zu sehen war. Kleinere Produktionen wie das Pasticcio „Der Sturm“ mit Musik von Purcell und und der von Christian von Götz konzipierte „jüdische“ Musiktheaterabend „Mazeltov, Rachel’e“ (mit Dalia Schaechter) runden den Spielplan ab.
Kinderoper mit zwei neuen Produktionen
Die Kinderoper unter Brigitta Gillessen, die das NRW-Kulturministerium in der kommenden Spielzeit im Rahmen seines Programms „Neue Wege“ fördert, wartet mit zwei neuen Produktionen auf: Wagners „Ring“ kommt mit der „Götterdämmerung“ an sein Ende (der komplette Kinder-„Ring“ geht auf Reisen nach Südkorea), und zur deutschen Erstaufführung gelangt Iván Eröds „Pünktchen und Anton“ nach dem gleichnamigen Kinderbuch von Erich Kästner.