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Johannes Brahms' Requiem in KölnMakelloser Vortrag zweier miteinander verschmolzener Chöre

Lesezeit 2 Minuten
Cristian Macelaru verbeugt sich beim Schlussapplaus.

Cristian Măcelaru, Chefdirigent des WDR-Sinfonieorchester in der Kölner Philharmonie.

Die Rundfunkchöre von WDR und NDR führten mit dem WDR-Sinfonieorchester in der Philharmonie „Ein deutsches Requiem“ auf.

Wenn sich zwei Chöre zusammenschließen, dann entsteht nicht selten ein Kollektiv, das eher durch schiere Größe beeindruckt als durch klangliche Präsenz. Bei den Rundfunkanstalten sieht das mittlerweile anders aus: Der NDR-Chor ist in den letzten Jahren zu einem Vokalensemble zusammengeschrumpft, das viele oratorische Werke nur noch mit Kooperationspartnern realisieren kann. Bevorzugt tut es das mit dem WDR-Rundfunkchor - so wie nun bei einer sehr gelungenen und bewegenden Produktion von Johannes Brahms’ „Ein deutsches Requiem“ in der Kölner Philharmonie.

Den gut 60 Stimmen umfassenden Klangkörper hatte NDR-Chorchef Klaas Stok mit äußerster sprachlicher Präzision und klanglicher Geschlossenheit präpariert. Schon die eröffnenden Verse „Selig sind die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden“ waren im makellos koordinierten Übergang der Silben, in den sanften Schwellwirkungen, in der Stabilität der Phrasierung so suggestiv gestaltet, als rede da eine einzige, in transzendente Höhen gehobene Stimme. Dass dieser Klang nicht aus der Tiefe des Podiums drang, sondern aus den rückwärtigen Publikumsblöcken frontal in den Saal flutete, trug zu diesem Eindruck nicht unerheblich bei.

Andrè Schuen ließ die Figur des Propheten in all ihrer Autorität aufscheinen

Der Chor hat in dem 75 Minuten dauernden Großwerk den Löwenanteil; und wo immer er hervortrat, im lapidaren Unisono („Denn alles Fleisch es ist wie Gras“) oder in altmeisterlicher Polyphonie („Herr du bist würdig“), hing man an den Lippen der Sängerinnen und Sänger, die bis zum Schluss hoch konzentriert und ohne stimmliche Ermüdung bei der Sache waren. Die gnadenlos hohen und freiliegenden Einsätze der Soprane und Bässe im Schlusssatz („Selig sind die Toten“) machten das eindrucksvoll deutlich.

Von hoher künstlerischer Kompetenz zeugten auch die solistischen Beiträge: So gedrängt, gesammelt und gespannt formte der Bariton Andrè Schuen seinen Part, dass hinter der biblischen Textbotschaft die Figur des Propheten in all ihrer unbeugsamen Autorität aufschien. Bei der Sopranistin Christiane Karg störte allenfalls eine leichte Unruhe im Timbre; die weiten Bögen des „Ihr habt nun Traurigkeit“ entfalteten in ihrem mühelosen Atemfluss eine schwebende, unmittelbar berührende Qualität.

Das WDR-Sinfonieorchester agierte unter Leitung seines Chefdirigenten Cristian Măcelaru am Freitagabend nicht mit letzter Einsatzpräzision, aber mit einer Körperlichkeit des Klangs, die den organischen Bau des Vokalparts schlüssig ins Instrumentale übertrug. Der Maestro hatte dem Chorwerk die zweite Kammersinfonie des Brahms-Bewunderers Arnold Schönberg vorangestellt - in einer Darstellung, die grundsätzlich nach Rundung und Geschlossenheit strebte, zugleich aber die vom Komponisten dezidiert vorgeschriebene Hierarchie der Haupt- und Nebenstimmen akribisch befolgte.