Hendrik Wüst fordert beim Thema Asylpolitik neue Wege. Der Kölner Kabarettist Jürgen Becker hält dagegen.
Wüst bei Maischberger zu Migration„Wir laufen sehenden Auges in eine totale Überforderung dieses Landes hinein“
„Wirtschaft, Migration, Ukraine – Union erhöht Druck auf Ampel“ – zu diesem Thema diskutierten am Dienstagabend verschiedene Gäste bei Sandra Maischberger in deren gleichnamigen TV-Talk. Gekommen waren unter anderem der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst (CDU), sowie der Kölner Kabarettist Jürgen Becker.
Eines der zentralen Themen, zu denen sich Wüst sich im Einzelgespräch mit der Moderatorin ausführlich äußerte, war vor dem am Mittwoch stattfindenden Asyl-Gipfel in Berlin die viel debattierte Migrationspolitik. Kommunen seien bei der Unterbringung von Asylbewerbern an einer Belastungsgrenze angekommen, mahnte er.
„Maischberger“: Hendrik Wüst mahnt beim Thema Asylpolitik: „Unsere Systeme ächzen“
„Noch so ein Jahr on top, immer noch mehr Menschen obendrauf, wird uns an die Grenzen dessen bringen, was überhaupt noch geht“, sagte der NRW-Ministerpräsident in der ARD-Sendung „Maischberger“. Nach dem großen Flüchtlingszugang 2023 sei davon auszugehen, dass es auch dieses Jahr so weitergehe. „Aber unsere Systeme ächzen“, sagte der CDU-Politiker. „Knapp die Hälfte der Menschen, die zu uns kommen, haben kein dauerhaftes Recht, hier zu sein.“
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Der Flüchtlingsdruck werde über „Jahre und Jahrzehnte hoch bleiben“, man müsse deswegen jetzt handeln. Asylverfahren in Drittstaaten müsse man in Betracht ziehen, sonst laufe man „sehenden Auges in eine totale Überforderung dieses Landes hinein“, so Hendrik Wüst.
In Deutschland stellten im vergangenen Jahr rund 329.000 Menschen einen Erstantrag auf Asyl – etwa 50 Prozent mehr als 2022. Die mehr als eine Million Flüchtlinge aus der Ukraine, die seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 nach Deutschland kamen, sind darin nicht erfasst, da sie kein Asyl beantragen müssen.
Hendirk Wüst kritisiert bei Maischberger fehlende Umsetzung vereinbarter Maßnahmen
Wüst kritisierte, ein Großteil der Verabredungen des letzten Bund-Länder-Treffens im November sei nicht oder nicht mit ordentlicher Wirkung umgesetzt worden. Er nannte etwa Migrations- und Rückführungsabkommen. Das Bundesgesetz für verbesserte Rückführungen sei „ziemliche Kosmetik“.
Wüst nahm die Bundesregierung in die Pflicht, dort fehle der Wille, Änderungen zu beschließen beziehungsweise umzusetzen. „Es geht nicht, heißt am Ende nur: Es bleibt, wie es ist. Wir laufen in eine Situation der Überforderung rein, die Extremisten werden stärker und jährlich ertrinken Menschen im Mittelmeer.“
Kölner Jürgen Becker fordert mehr Struktur beim Thema Migration
Der Kölner Jürgen Becker hatte zuvor in der Gesprächsrunde bemängelt, dass in der Debatte die zunehmenden Probleme in der Welt oft ausgeblendet würden. Migration könne man nicht „einstellen wie einen Dimmer“, sagte der Kabarettist zu der diskutierten Obergrenze für Geflüchtete. Die Welt verändere sich extrem, es gäbe immer mehr Menschen, „die müssen umziehen“. „Da müssen wir uns drum kümmern“, machte Becker unmissverständlich klar.
Der 64-Jährige forderte, dass die UNO ein Expertenteam zusammenstelle, dass beispielsweise Dürre und Wassermangel frühzeitig erkenne und im Zweifel entscheide, „was man diesen Menschen anbieten“ könne und „wo noch Platz“ sei.
Friedrich Merz oder Hendrik Wüst? Gäste bei Maischberger äußern sich zur K-Frage
Einigkeit herrschte in der Runde über die Frage, ob Wüst für die Union als Kanzlerkandidat geeigneter sei, als CDU-Chef Friedrich Merz. Mit einem eindeutigen „Ja“ antwortete Becker auf eine entsprechende Frage von Sandra Maischberger. Merz sei „nicht kalkulierbar“.
Auch Sänger Howard Carpendale, sowie Yasmine M’Barek (Redakteurin von“ Zeit Online“) und der Chefredakteur von Table.Media, Michael Bröcker, äußerten sich ähnlich.
Wüst selber gab sich in der K-Frage diplomatisch. Merz bezeichnete er als „pointierten Redner“ in seiner Funktion „als Oppositionsführer“. Das sei seine Aufgabe, die er „großartig“ mache. Außerdem habe er die Partei wieder zusammengeführt. Die CDU wolle wieder regieren, da schaue man natürlich auch darauf, „wer hat gute Chancen“. Das werde man sich alles in Ruhe anschauen und dann zu einer Entscheidung kommen.
Zur AfD äußerte sich Wüst bei Maischberger unmissverständlich und bezeichnete die Partei als Nazi-Partei. „Wer gibt denn in dieser Partei den Ton an?“, fragte Wüst in Anspielung auf Björn Höcke „und seine Spießgesellen“. Höcke bezeichnete er als „brandgefährlich“. In der AfD seien „eine ganze Menge Leute dabei, die sich gedanklich mit den Nazis nicht viel tun.“ Wer denke und spreche wie ein Nazi, den dürfe man auch als solchen bezeichnen. (mit dpa)