Jahresausklang mit 2G+Das sind die besten Jazz-Konzerte in Köln im Dezember
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Köln – Wer improvisieren will, sagte Joe Lovano, muss tief graben – und Erfahrungen sammeln. Dass dazu auch leidige Corona-Erfahrungen gehören, konnte der Saxofonist natürlich nicht wissen, doch wer hätte überhaupt ahnen können, dass man zum Jahresende nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Konzertbetrieb immer noch improvisieren muss? Aktuell sollen die für Dezember angekündigten Jazz-Konzerte noch vor Publikum stattfinden, mit 2G-Nachweis oder nach 2Gplus-Regelung.
Trotz neuer allgemeiner Verunsicherung: Es war ein gutes Jahr für den Jazz in Köln. Erstmals fand mit der Cologne Jazzweek ein regional wie international aufgestelltes Jazzfestival statt, hinzu kamen Reihen und Einzelkonzerte von teils herausragender Qualität. An viele dieser Ereignisse erinnert der Jazz-Kalender der Fotografen Gerhard Richter und Peter Tümmers: 54 Fotos porträtieren stimmungsreich Jazzerinnen und Jazzer der Kölner Szene, darunter Pianist Rainer Böhm im King Georg oder Trompeterin Heidi Bayer im Großen Sartory-Saal, wo sie mit dem Subway Jazz Orchester unter Leitung von Maria Schneider spielte.
Jazz-Kalender von Gerhard Richter und Peter Tümmers
Das Kalender-Titelbild ziert ein Foto vom Innenhof der Tischlerei Lohre, wo im Sommer Pianist Clemens Orth mit Band auftrat. Es war eines der letzten Konzerte, das Patrik Becker vor seinem Tod kuratierte. Inzwischen steht fest, dass Beckers Reihe Real Live Jazz an zwei neuen Orten fortgeführt wird: im MB Café mit feinen Duo-Aufritten sowie im Kino Filmhaus nach dem Motto „Jazz goes Cinema“. Dort spielt zur Premiere (5.12.) das Trio Mengamo mit Sebastian Scobel (Keyboards), Philipp Brämswig (Gitarre) und Thomas Sauerborn (Schlagzeug), im nächsten Jahr (9.1.) geht es weiter mit Matthew Halpin‘s Earwax Control.
Neues gibt es auch im Stadtgarten: Schlagzeuger Jonas Burgwinkel startet mit der Konzertreihe „Jonas & JAKI“ (1.12.), bei der er die Kölner Szene mit internationalen Jazz-Stars vernetzt. Zum Auftakt kommt mit Gitarrist Lionel Loueke ein „Heavyweight“, um mit Burgwinkel und Roger Kintopf (Bass), vor allem aber mit Theresia Philipp zu spielen. Die Saxofonistin wurde soeben mit dem WDR-Jazzpreis 2022 in der Kategorie „Komposition“ ausgezeichnet, und wie berechtigt diese Ehrung ist, bewies sie beim jüngsten Klaeng-Festival, wo sie als Artist in Residence gleich zwei vorzügliche Konzerte spielte, darunter mit „Aint’I“ eine oratorische Großkomposition um gesellschaftspolitisch relevante Fragen.
Viele interessante Jazz-Konzerte im Dezember
Beteiligt daran war auch Posaunistin Shannon Barnett, die im Loft (2.12.) das neue Album „Bad Lover“ ihres fulminanten Quartetts mit Stefan Karl Schmid (Tenorsaxofon), David Helm (Bass) und Fabian Arends (Schlagzeug) präsentiert. Shannon Barnett ist derzeit eine der markantesten Jazz-Persönlichkeiten in Köln, zudem Professorin an der Hochschule für Musik und Tanz, wo sie dieser Tage einen neuen Kollegen begrüßen konnte: Pianist, Komponist und Arrangeur Florian Ross bereichert ab dem Wintersemester den Lehrkörper als Professor für Jazz Komposition/Arrangement.
Der Dezember ist prall gefüllt mit interessanten Konzerten. So spielen im Subway Mitglieder des Subway Jazz Orchestra zwei Konzerte der Reihe „Small Series“ (1./15.12.), während die Big Band selbst zum Konzert „European Composers“ einlädt (8.12.). Tamara Lukasheva hebt im Jaki mit Laurent Derache und Calvin Lennig ein neues Projekt aus der Taufe (20.12.), und im Stadtgarten schlägt das Fuchsthone Orchestra mit „Reloaded #3“ ein weiteres Kapitel seines aufregenden Langzeit-Kreativprozesses auf (11.12.).
Sophie Hunger kommt ins Carlswerk Victoria
Das Alexander Schlippenbach Trio tritt zur „Winterreise“ (8.12.) im Loft an, wohin es auch die Offene Jazz Haus Schule mit ihrem Winterfestival zieht (18./19.12.), im Alten Pfandhaus klingt das Jahr mit einem ganz besonderen Konzert aus: Nachdem hier Ende 2019 das letzte Konzert der verstorbenen Gitarristin Susan Weinert stattfand, kehrt Bassist Martin Weinert mit einem neuen „Rainbow Trio“ zurück, zu dem neben Pianist Sebastian Voltz auch Heidi Bayer gehört.
Zwei „Großereignisse“ gibt es auch noch: Die Schweizer Sängerin Sophie Hunger kommt ins Carlswerk Victoria (6.12.), und das seit 15 Jahren bestehende Pablo Held Trio konzertiert am 22.12. in der Philharmonie – im zweiten Teil mit Gitarren-Legende Ralph Towner.
Abschließend ein vorweihnachtlicher CD-Tipp: Bassist Florian Rynkowski präsentiert mit „Mementum“ (Klaeng Records) unheilige Kirchenmusik, so sakral wie jazzig, so feingeistig wie spirituell. Konzipiert als Musik für Kirchenräume, wurde das Album im Deutschlandfunk Kammermusiksaal Köln aufgenommen, eine Klangreise zwischen Meditation und pulsierender Jazz-Improvisation. Mit dabei sind ein Gamben-Trio sowie Stefan Karl Schmid, Leonhard Huhn und Janning Trumann. Nicht nur als Posaunist, Mitbegründer des Subway Jazz Orchestra, Vorstand der Kölner Jazz Konferenz, sondern vor allem als maßgeblicher Organisator und Leiter der Cologne Jazzweek hat Trumann dem Jazz-Jahr etliche Glanzlichter aufgesetzt und verdient dafür den inoffiziellen Titel „Kölner Jazz-Persönlichkeit des Jahres“.
Hinweis„Jazz in Köln. Ein Jazzkalender von Peter Tümmers und Gerhard Richter. 24 x 17 cm quer, Spiralbindung. 24,00 EUR. Bezug: gerhard@richterkoeln.de