Düsseldorf – Jetzt kann der Landtagswahlkampf Fahrt aufnehmen: CDU und SPD haben am Wochenende ihre Spitzenkandidaten für den Urnengang am 15. Mai offiziell gekürt. Die CDU wählte ihren Parteichef Hendrik Wüst bei der Landesvertreterversammlung in Essen mit 99,1 Prozent der Stimmen zu Ihrer Nummer eins. Der 46-jährige erhielt bei 235 abgegebenen Stimmen 233 Ja- und zwei Nein-Stimmen.
Thomas Kutschaty, Fraktions- und Parteivorsitzender der SPD, konnte ebenfalls eine überwältigende Mehrheit hinter sich versammeln. Bei einem digitalen Landesparteitag entfielen auf ihn 96,8 Prozent der Stimmen. Beide Parteien setzten damit ein Signal von großer Geschlossenheit.
Parteien wählten Reservelisten
Zusätzlich zur Wahl der Spitzenkandidaten beschlossen CDU und SPD auch ihre Reservelisten. Je nach Wahlausgang ermöglich die Reserveliste auch Politikern, die ihren Wahlkreis nicht direkt gewonnen haben, den Einzug in den Landtag. Die Reihenfolge auf der Reserveliste spiegelt daher auch eine interne Rangordnung wieder. Um die Platzierungen kommt es im Vorfeld deshalb meist zu harten Diskussionen zwischen den Bezirks- bzw. Regionalvorsitzenden, die den Entwurf der Liste aushandeln.
Hendrik Wüst zeigte sich mit der hohen Frauenquote bei der CDU zufrieden. „Wir haben so viele Frauen auf den ersten 20 aussichtsreichsten Plätzen wie noch nie“, sagte der Ministerpräsident von NRW. Hinter Wüst folgt auf Platz zwei NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach, der Ambitionen auf die Nachfolge des früheren Ministerpräsidenten Armin Laschet nachgesagt wurden. Im vergangenen Jahr fehlte ihr allerdings das nötige Landtagsmandat, um gegen Wüst ins Rennen zu gehen. Nun scheint ihr Einzug ins Parlament gesichert.
Florian Braun rutschte nach hinten
Auf Platz sechs der CDU-Liste wurde NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser gewählt, die bislang nicht dem Landtag angehört. Einen Sitz im Parlament sollen künftig auch NRW-Innenminister Herbert Reul (Platz 4) und Staatskanzleichef Nathanael Liminski (Platz 12 ) bekommen. Wie weit die Liste „zieht“, hängt vom Abschneiden der Parteien ab. Als Faustregel gilt: Beim Wahlsieger kommen deutlich weniger Bewerber als beim Zweitplatzierten über die Liste zum Zug.
Bei der Union hatte die Entscheidung, alle Regierungsmitglieder mit vorderen Listenplätzen auszustatten, zum Teil auch für Unmut gesorgt. So rutschten die Kölner Landtagsabgeordneten wegen des Votums für Heinen-Esser und Liminski weit nach hinten. So musste sich der Politiker Florian Braun mit Platz 25 begnügen. Der Kölner CDU-Parteichef Bernd Petelkau verzichtete auf einen Listenplatz.
Umbruch in der SPD-Fraktion
Während die CDU nach der Landtagswahl ganz überwiegend mit ihrem etablierten Personal weiter macht, steht die SPD vor einem Umbruch. Die frühere NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft verlässt das Parlament, auch Ex-Innenminister Ralf Jäger beendet sein Engagement im Landtag.
Die Fraktion muss einen enormen Kompetenzverlust kompensieren, da auch zahlreiche Fachpolitiker, die alte Hasen in der Landespolitik sind, nicht erneut kandidieren. So tritt der Innenexperte Hans-Willi Körfges, der den Untersuchungsausschuss zur Kölner Silvesternacht leitete, nicht mehr an. Auch die frühere Fraktionsgeschäftsführerin Britta Altenkamp macht ihren Platz frei. Beide gehörten dem Parlament seit 2000 an.
SPD will „das Morgen zurückgewinnen"
Thomas Kutschaty zeigte sich zuverlässig, dass seine Partei den Generationswechsel gut verkraften wird. „Ganz NRW spiegelt sich auf dieser Liste wieder“, sagte der Spitzenkandidat dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Kandidaten seien zwischen 21 und 68 Jahre alt. „Vom Berufskraftfahrer, Heizungsbauer, Ärztin, Schlosser, Försterin hin zur Karnevalistin - wir sind mitten aus dem Leben“, sagte Kutschaty. Mit diesem Team wolle er „das Morgen für NRW zurückgewinnen.“
Imagevideo zeigt Wüst in seiner Heimat
Die CDU präsentierte in Essen erstmals das neue Logo des „Team Wüst“, mit dem die Union in den Wahlkampf ziehen will. Ein Image-Video zeigte den Ministerpräsidenten im Freizeitlook in seiner Heimatstadt Rhede.
„Ich möchte dieses Land jeden Tag ein bisschen besser machen und ich habe versprochen, mir für die Menschen in Nordrhein-Westfalen und Bein auszureißen“, sagte Wüst in dem Streifen. In seiner Rede zog der Ministerpräsident eine positive Bilanz der Schwarz-Gelben Regierungszeit: „NRW ist dank unserer Null-Toleranz-Strategie sicherer geworden. Wir haben Chancen für Kinder und Jugendliche geschaffen. Eine besondere Erfolgsgeschichte sind dabei unsere 60 Talentschulen für gerechtere Bildungschancen.“
Wüst kündigt kurzen Wahlkampf an
NRW wird seit 2017 von einer schwarz-gelben Koalition regiert. Wüst hatte das Amt des NRW-Ministerpräsidenten Ende Oktober übernommen, nachdem sein Vorgänger Armin Laschet als Unionskanzlerkandidat bei der Bundestagswahl gescheitert war.
Mit der Zustimmung von 99,1 Prozent erzielte der Ministerpräsident das beste Ergebnis eines Spitzenkandidaten der NRW-CDU seit dem Jahr 2000. Wüst kündigte einen kurzen, aber intensiven Wahlkampf nach Ostern an. „Die Menschen erwarten von uns, dass wir sie raus aus der Pandemie bringen. Für Wahlkampf haben sie in diesen Wochen kein Verständnis.“
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SPD-Herausforderer Kutschaty bezeichnete das Votum für ihn als „Traumergebnis“: „Jetzt bin ich aber auch heiß, jetzt will ich raus und gemeinsam mit euch Wahlkampf machen, um die Menschen in Nordrhein-Westfalen überzeugen“, sagt Kutschaty. Der frühere NRW-Justizminister wurde von Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützt, die Grußworte an die Delegierten richteten.
Scholz erklärte, das bevölkerungsreichste Bundesland müsse genauso wie Deutschland „anders regiert“ werden und brauche einen Aufbruch. Umfragen zufolge liegen CDU und SPD in NRW derzeit etwa gleichauf.