Köln – Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen am 15. Mai beginnt für die Parteien und ihre Spitzenkandidaten die heiße Phase des Wahlkampfs. CDU und SPD liefern sich in den Umfragen weiterhin ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Umfrageinstitute sehen beide Parteien bei etwa 30 Prozent der Stimmen. An dritter Stelle folgen die Grünen, deren Stimmenanteil in den Umfragen um die 15-Prozent-Marke schwankt.
Da kommt es für die Spitzenkandidaten der drei Parteien – Hendrik Wüst (CDU), Thomas Kutschaty (SPD) und Mona Neubaur (Grüne) – darauf an, sich in den Fragen, die die Menschen in NRW bewegen, zu positionieren, Unterschiede zu den Mitbewerbern herauszuarbeiten, sich angesichts des Krieges in Europa natürlich auch zu allen Fragen, die mit der Ukraine, Russland, der Energieversorgung und den nach NRW geflüchteten Ukrainern zu tun haben, zu äußern.
Kohle-Verstromung: Wüst lässt sich Hintertür offen
In der Debatte um die künftige Energieversorgung beharrte Ministerpräsident Wüst auf dem Ausstieg aus der Kohleverstromung im Jahr 2030, ließ sich im Gespräch mit dem WDR aber eine Hintertür offen. „Kraftwerke sollten in Reserve gehalten werden, um sie notfalls nutzen zu können“, sagte der NRW-Regierungschef dem WDR-Morgenmagazin.
Der 46-jährige Wüst betonte, dass im kommenden Winter „kalte Wohnungen keine Option“ seien. Es gelte stattdessen zu schauen, wo in der Industrie ein Abschalten am wenigsten Auswirkungen haben würde. Wüst reagierte damit auch auf Äußerungen von Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley, der gefordert hatte, Gas – falls nötig, – zunächst Privathaushalten und erst danach Industriebetrieben abzuschalten.
Kutschaty positioniert sich gegen Schröder
Das Thema Energielieferungen aus Russland treibt seit Beginn des Krieges CDU wie SPD um. Allerdings muss sich die SPD da immer wieder aufs Neue vor allem mit einer extrem polarisierenden Personalie auseinandersetzen: mit Alt-Kanzler Gerhard Schröder und dessen weiterhin offen zur Schau getragenem Verständnis für den Aggressor, Russlands Staatspräsident Wladimir Putin, sowie Schröders Jobs als Aufsichtsratschef des russischen Mineralöl- und Gaskonzerns Rosneft und des Ostsee-Pipeline-Unternehmens Nord Stream AG.
Der SPD-Spitzenkandidat Kutschaty positionierte sich dazu im Interview mit dem „Tagesspiegel“ mit der Aussage, Schröder sei für ihn „kein prominenter Sozialdemokrat mehr. Er hat sich entschieden, Geschäftsmann an der Seite von Wladimir Putin zu sein“, so der 53-Jährige weiter.
Kutschaty fordert Auseinandersetzung mit Russland-Politik seiner Partei
Kutschaty verwies aber darauf, dass es ein Parteiordnungsverfahren gegen Schröder gebe. Er warb außerdem dafür, dass sich seine Partei kritisch mit ihrer Russland-Politik der vergangenen 20 Jahre auseinandersetzt. Das hatte Bundeskanzler Olaf Scholz vor wenigen Tagen im Interview mit dem „Spiegel“ noch abgelehnt und politischen Gegnern „Verleumdung“ der SPD-Russland-Politik vorgeworfen.
Der SPD-Spitzenkandidat reagierte damit auch auf Angriffe aus der Landes-CDU. Wüst hatte vor wenigen Tagen in Düsseldorf gesagt, auch die NRW-SPD habe ein „Russland-Problem“. Mit Blick auf den Umgang der Bundesregierung mit den extrem gestiegenen Energiekosten für Privathaushalte stellte sich Kutschaty hinter die Forderung mehrerer Sozialverbände, die Mehrwertsteuer für bestimmte Produkte befristet auf null Prozent zu senken: „Ich bin dafür, sehr genau zu prüfen, ob man die Umsatzsteuer auf Grundnahrungsmittel entsprechend senken kann.“
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Die Spitzenkandidatin der Grünen, Mona Neubaur, nutzt die aktuelle Debatte über die Energieversorgung vor allem, um das urgrüne Thema des Umbaus der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit und möglichst zügiger Klimaneutralität voranzutreiben. Neubaur keilt via Twitter gegen die schwarz-gelbe Regierung aus: „Klimaschutzpolitisch waren die vergangenen fünf Jahre verlorene Jahre für Nordrhein-Westfalen“, und fordert, Deutschland müsse so schnell wie möglich mit einem „maximalen Erneuerbaren-Booster“ von Russland energieunabhängig werden, um dessen Kriegsökonomie zu beenden.
NRW-Kandidaten mit Zeichen der Einigkeit
Bei allem Wahlkampfgetöse war zum Tag der Arbeit fast allen Parteien im Landtag und der Linkspartei, die wieder in den Landtag einziehen möchte, offenbar auch ein Zeichen der Einigkeit wichtig. Die Spitzenkandidaten von CDU, SPD, Grünen sowie FDP-NRW-Parteichef Joachim Stamp und Linkspartei-Landeschef Jules El-Khatib kamen alle zur zentralen DGB-Maikundgebung nach Dortmund.
Wüst, Kutschaty und Neubaur trugen gemeinsam mit der DGB-Vorsitzenden für NRW, Anja Weber, ein Transparent des Gewerkschaftsbundes mit der vielsagenden Aufschrift: „Gemeinsam Zukunft gestalten“.
In zwei Wochen wird klar sein, wer von den dreien diese Aufgabe in NRW übernehmen kann.