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„Ich danke Euch!“Grüne Delegierte stimmen für den Koalitionsvertrag

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Der Moment der Entscheidung in Bielefeld: Mona Neubaur und ihr Co-Vorsitzender Felix Banszak fallen sich in die Arme..

Bielefeld – Mona Neubaur ist überwältigt. Als das Ergebnis verkündet wird, fällt sie ihrem Co-Vorsitzenden Felix Banaszak in die Arme. Soeben haben 85 Prozent der Delegierten dem Koalitionsvertrag mit der CDU zugestimmt. Das ist mehr, als Partei-Insider erwartet hatten. „Ich danke Euch“, ruft die Spitzenkandidatin der NRW-Grünen in den Saal. Das gute Ergebnis stärkt ihre Position in der künftigen Koalition mit der CDU.

Der Tag in Bielefeld startet unbequem für Neubaur. Um kurz vor elf Uhr ist die Stimmung vor der Stadthalle in Bielefeld aufgeheizt. Die Delegierten der NRW-Grünen müssen sich den Weg zum Eingang durch Demonstranten bahnen. „Wer hat uns verraten? Christdemokraten. Wer hilft mit dabei? Die Grüne Partei“, skandieren Mitglieder der Umweltschutzbewegung „Extinction Rebellion“. Als die Aktivisten Neubauer erblicken, wird es besonders laut. „Ich will meine Zweitstimme zurück. Ihr seit die FDP auf Fahrrädern“, rufen Mitglieder der Mahnwache Lützerath.

Massivität der Proteste überraschte Mitglieder

Dass es Proteste gegen den Koalitionsvertrag geben würde, war vielen Teilnehmern des Parteitags klar. Aber die Massivität überrascht doch viele Delegierte. „Das ist nicht schön“, sagt eine Grüne Ratsfrau aus Duisburg. „Aber da müssen wir jetzt durch.“

So sieht es auch Mona Neubaur. Es wäre wenig souverän, den Protest zu ignorieren. Bevor der Parteitag beginnt, tritt sie selbstbewusst vor die Halle und stellt sich der Kritik der Klimaschützer. „Ich komme aus Lützerath. Was wird jetzt aus uns?“, fragt Dorfbewohner Fred die Spitzengrüne. Neubaur antwortet ohne Umschweife. „Es wäre vermessen, Versprechungen zu machen“, erklärt die künftige Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Energie und Klimaschutz. Die rechtliche Lage sei kompliziert. „Das ist nicht easy peasy. Aber kein Grund, nichts zu machen.“ Sie werde sich in den Verhandlungen mit RWE mit aller Kraft für den Erhalt von Lützerath einsetzen, verspricht Neubaur. Das stellt Fred zwar nicht zufrieden, aber er respektiert Neubaurs Offenheit.

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Geschafft: Mit 85 Prozent haben die Delegierten für den Koalitionsvertrag gestimmt.

Langer Beifall für Neubaur

Der Parteitag beginnt schließlich mit Verspätung. Als Neubaur die Bühne betritt stehen die Delegierten auf und spenden langen Beifall. Ein Zuspruch, der der Spitzenkandidatin gut tut und zu Tränen rührt. „Das ist ein Moment, wo ihr mich sehr menschlich erlebt“, sagt die Politikerin aus Düsseldorf. Dann hält sie Ihr Plädoyer für den Koalitionsvertrag. Die Verhandlungen hätten oft bis in den frühen Morgen gedauert, berichtet Neubaur zu Beginn ihrer 30-minütigen Rede. „Wir haben hart gerungen. Der Vertrag wird die Zukunft in NRW verbessern“, sagte Neubaur.

In der anschließenden Debatte gibt es vor allem von der Grünen Jugend heftige Kritik. Der Koalitionsvertrag sei eine „historische Peinlichkeit“, sagt Alba de Curtis aus Münster. Die CDU könne ihre Sparpolitik fortsetzen. Die Mietpreisbremse fehle ebenso wie ein Bekenntnis zum Tarifvertrag Entlastung in der Pflege. Im Bereich Klimaschutz gebe es 125 Prüftaufträge. „Wir wissen doch wo wir stehen. Was gibt es da noch zu prüfen“, fragt die Politikerin uns Münster.

Kritik am CDU-geführten Landwirtschaftsbereich

Der Umweltpolitiker Norwich Rüße kritisiert, dass der Landwirtschaftsbereich künftig von der CDU geführt werden soll und nicht mehr dem Umweltbereich zugehört. Der Politier aus dem Münsterland hatte in einem Brandbrief seine Verärgerung über die Zerschlagung des bisherigen Ressorts zum Ausbruch gebracht. Es sei ein großer Fehler gewesen, „der CDU diesen Traum zu erfüllen“, beklagt Rüße. Insgesamt sei der Koalitionsvertrag aber zustimmungsfähig.

Auch der Verkehrsexperte Arndt Klocke wirbt für das Bündnis mit der CDU. Er hatte gehofft, Verkehrsminister werden zu können, ging aber bei Ämterverteilung leer aus. Man habe bei den Koalitionsverhandlungen viel erreicht, sagt der Politiker aus Köln. Das Kapitel zur Verkehrspolitik trage eine grüne Handschrift. „Beim Straßenbau gilt jetzt Erhalt vor Neubau“, ruft Klocke unter Beifall in den Saal. Der frühere Partei- und Fraktionschef will sich künftig neuen Politikfeldern widmen.

Künftiger Justizminister für mehr Pädagogen im Jugendstrafvollzug

Der künftige NRW-Justizminister Benjamin Limbach, bislang in der Partei weitgehend unbekannt, bekommt viel Beifall für seine erste Rede bei einem Landespartei. Er will den Strafvollzug „familiensensibler“ machen und im Jugendstrafvollzug mehr Pädagogen einsetzen. Die Einführung einer Schwerpunktstrafanwaltschaft für Umweltkriminalität si ein richtiger Schritt, sagte Limbach. Er sei sprachlos gewesen, als er von Neubaur gebeten worden sei, das Justizressort zu übernehmen. „Das passiert einem Drittgeborenen selten“, witzelt der Politiker aus Bonn.

„Wandel durch Verantwortung“, lautet das Motto des Parteitags. Schulexpertin Sigrid Beer attackiert die Kritiker des Koalitionsvertrags. Wer denke, in einer Ampel-Koalition mit der FDP hätte man mehr heraushandeln können, glaube auch „an den Osterhasen und an den Weihnachtsmann.“ Einfach „Nein“ zu sagen, ohne Alternativen zu benennen, sei „unterkomplex“, erklärt die Politikerin aus Paderborn unter großem Applaus.

Große Zufriedenheit mit dem Votum

Nach der Abstimmung herrscht große Zufriedenheit mit dem Votum für den Koalitionsvertrag. „Es ist wunderbar, das zu erleben“, sagt der frühere Fraktionschef Reiner Priggen, dem politischen Mentor von Mona Neubaur, im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. „Jetzt haben wir eine gute Grundlage, um regieren. Da steckt viel Vernunft drin. Ich glaube nicht, dass wir eine Quäl-Koalition erleben werden.“

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Die Anzahl der Nein-Stimmen entspricht ungefähr dem Anteil der Grünen Jugend unter den Delegierten, die schon im Vorfeld erklärt hatte, dem Papier nicht zu unterstützen. Die Chefin der Jugendorganisation hielt vor der Abstimmung noch eine Gegenrede. Da auch die NRW-CDU bei ihrem Parteitag in Bonn grünes Licht für Schwarz-Grün gab, ist nun der Weg für die Regierungsbildung frei. Am Dienstag soll CDU-Landeschef Hendrik Wüst im Düsseldorfer Landtag erneut zum Ministerpräsidenten gewählt werden.