Eine Expertin erklärt, wie es um frühkindliche Bildung vor dem Hintergrund der Kita-Krise steht und was langfristig verbessert werden muss.
Kita-KriseWas es braucht, um frühkindliche Bildung in NRW zu stärken
Die Bedeutung der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung hat in den letzten Jahrzehnten stark zugenommen. Heutzutage nutzen nahezu alle Kinder vor der Einschulung ein Betreuungsangebot, die Teilnahme der jüngeren Kinder hat erheblich zugenommen. Frühe Bildung umfasst den Bildungsbereich der Kinder von 0 bis 6 Jahren in Kindergrippen, Tagespflegen und Kindergärten. Frühkindliche Bildung ist auch ein Schwerpunkt der aktuelle Bildungsmesse Didacta, die vom 20. bis 24. Februar 2024 in Köln stattfindet. Aber viele Kitas in Köln und ganz Nordrhein-Westfalen befinden sich dauerhaft im Krisenmodus: Personal- und Platzmangel machen den Alltag der Erzieherinnen und Erzieher schwer. Was kann aus Expertensicht helfen?
Frühe Bildung: Grundstein für die individuelle Zukunft eines Kindes
„Frühe Bildung ist wichtig, weil sie den Grundstein für die Entwicklungsbiografie eines Kindes legt. Erzieherinnen und Erzieher haben die Möglichkeit, von Anfang an Einfluss zu nehmen und somit die Weichen für die individuelle Zukunft des Kindes zu stellen“, sagt Marion Lepold. Lepold ist Diplom-Sozialpädagogin, Leiterin der Abteilung „Frühe Bildung“ des Didacta-Ausschusses und Geschäftsführerin der „Qualität in Kitas Onlineakademie“. Sie stellt klar: In der frühen Bildung geht es nicht mehr nur darum, Kinder zu betreuen, während die Eltern arbeiten. Kindertagesstätten sind Bildungseinrichtungen, „die Aktivitäten dort bilden die Basis für die weitere Bildungskarriere“, sagt Lepold.
Kitakrise in NRW: Ein Weckruf für die frühe Bildung
Frühe Bildung könne seit längerem nicht überall in NRW gewährleistet werden, Lepold sagt: „Die aktuelle Kitakrise, gekennzeichnet durch Platz- und Personalmangel, war vorhersehbar. Bildungsexpertin Ilse Wehrmann hat bereits vor einem Jahrzehnt auf diese Entwicklung hingewiesen. Nun sind wir mitten in der Krise, weil wir es versäumt haben, langfristige Pläne und Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.“
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Als ersten Schritt sieht Lepold, diese als gesamtgesellschaftliches Thema zu betrachten. Konkret gehe es zuallererst darum, die finanzielle Situation zu klären, um Qualitätsstandards in Kitas zu sichern. „Aktuell gibt es in NRW massive Probleme in Bezug auf die Finanzierung dieses Bereichs. Diese müssen gelöst werden“, so die Bildungsexpertin.
Eine besondere Herausforderung ist der Spracherwerb. Nahezu jedes zweite Kind unter sechs Jahren hat in Deutschland inzwischen einen Migrations- oder Fluchthintergrund. Frühe Bildung bedeute für diese Kinder, in einem gemischten Umfeld ein gutes Miteinander zu erleben und zu lernen, erklärt Lepold.
„Es ist wichtig, dass diese Kinder die deutsche Sprache zusammen mit anderen Kindern lernen. Und: Wir haben nicht nur Kinder mit Migrationshintergrund, die Schwierigkeiten in der Sprachentwicklung haben.“ Sprachbildung gilt Experten als Schwerpunkt der frühkindlichen Bildung: „Die Sprache sehe ich als Querschnittsthema, das alle Bildungsbereiche durchzieht und daher besondere Beachtung verdient.“
Als probates Mittel, um dem Problem-Modus zu entkommen, sieht sie besonders die Aufwertung des Erzieherinnen-Berufs. Er müsse mehr Wertschätzung erfahren, um bei Berufsanfängern auf Interesse zu stoßen. Aber Lepold kritisiert auch die mediale Darstellung von Kitas. „Trotz der aktuellen Krise gibt es viele Kitas, in denen hervorragende Arbeit geleistet wird.“
Am Dienstag, dem 20. Februar 2024, wird Ministerpräsident Hendrik Wüst die Eröffnungsrede auf der Didacta Bildungsmesse in Köln halten. Die Didacta ist eine Publikumsmesse, auf der sich mehr als 700 Aussteller aus 60 Ländern präsentieren. Sie steht in diesem Jahr unter dem Motto „Bildung mit Zukunft – jetzt gestalten“. Tickets kosten 17 Euro.