Der Spiegel des Kölner Künstlers ist eine neue Attraktion im Düsseldorfer Landtag.
Bitte nicht anfassenNRW-Landtag will Gerhard Richters Spiegel vor Patschehänden schützen
Wenn in wenigen Tagen der Landtag zusammentritt, können die Politiker vor dem Plenarsaal noch mal die Krawatte richten oder den Kragen checken: Neben dem Eingang hängt jetzt nämlich ein 2,20 Meter mal 2,20 Meter großer Spiegel. Ein Werk des weltbekannten Kölner Künstlers Gerhard Richter (92). Einziges Problem: Niemand soll den Spiegel anfassen.
Man kennt das von zu Hause: Auf einem Spiegel sieht man jeden Fingerabdruck. Geschweige denn die Hand des Kindes, das mal besonders nah ran wollte. Als der Richter-Spiegel jüngst bei der „Parlamentsnacht“ enthüllt wurde, stellte der Landtag daher erst mal eine Absperrung auf – und die blieb zunächst.
Laut Landtag wird gerade geprüft, ob und wie man künftig das „Spiegelbild“ (so der offizielle Titel) vor Patschehändchen schützt. Denkbar sei eine dauerhafte Absperrung. Die könnte etwas netter aussehen als bisher, zum Beispiel eine dicke Kordel.
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Es wäre das erste Mal, dass Politiker und Besucher bei Kunst im Landtag auf Abstand gehalten werden. Andere Werke – wie ein monumentales Nagelbild von Günther Uecker gleich nebenan – hängen einfach so an der Wand. Gleichwohl der Uecker ebenfalls einen beträchtlichen Wert hat.
Der Spiegel ist eine Dauerleihgabe des Künstlers
Gerhard Richter zählt, so sollte man wissen, zu den wichtigsten und teuersten lebenden Künstlern der Welt. Bei Auktionen gehen seine Werke regelmäßig für mehr als 20 Millionen Euro weg. Den besagten Spiegel hat der Kölner (1961 aus der DDR geflohen) extra für den Landtag gestaltet und dem Parlament als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt.
Richter war allerdings wichtig, wo der Spiegel hängt. Eben da, wo jeder Abgeordnete vorbeikommt: „Beim Betreten des Plenarsaals wird man künftig auf eine Selbstbefragung treffen: Man erblickt sich im Spiegel. Demokratie und Verantwortung werden in einem stillen Werk thematisiert, das zum Innehalten einlädt“, analysierte Prof. Thomas Sternberg, Präsident der Kunststiftung NRW, das Werk.
Kunststiftungspräsident Sternberg: „Demokratie und Verantwortung werden in einem stillen Werk thematisiert, das zum Innehalten einlädt“
Es ist nicht der erste Spiegel Richters, sondern er reiht sich ein in eine ganze Gruppe von Werken. Die wurde 1981 mit einer Ausstellung in der Düsseldorfer Kunsthalle begründet. Außer dort sind noch weitere Spiegel unter anderem in der Neuen Nationalgalerie Berlin und in der Städtischen Galerie im Lenbachhaus in München zu finden.
Für den Landtag ist das „Spiegelbild“ eins der bedeutendsten Werke. Insgesamt gehören zur Kunstsammlung des Hauses 800 Werke, von denen aber nur ein Bruchteil dauerhaft zu sehen ist (unter anderem sogar in der Kantine). Auch rund um das Haus gibt es mehrere Skulpturen und einen Brunnen von „Zero“-Künstler Heinz Mack.
An dem Mack-Werk mit Blick auf den Rhein wurden schon vor langer Zeit Schilder angebracht, dass man nicht draufgehen soll und dass kein Trinkwasser drin ist.
Ob am Ende ein „Bitte nicht berühren“-Schild bei Richters „Spiegelbild“ reicht, ist fraglich. Ein Landtagssprecher sagte zur Pflege des Werks: „Wie und wie oft das Werk gereinigt werden muss, ist nicht prognostizierbar. Anlassbezogen wird die Reinigung erfolgen.“