AboAbonnieren

Mordprozess am LandgerichtBurscheider ersticht im Verfolgungswahn den eigenen Vater

Lesezeit 3 Minuten

In diesem Haus zwischen Friedrich-Goetze- und Weiherstraße geschah im Juni 2019 in Burscheid die Messerattacke, bei der ein 70-Jähriger ums Leben kam.

  1. Am Landgericht in Köln startete am Dienstag ein Mordprozess. Die Tat hatte sich jahrelang angebahnt.
  2. Der angeklagte Sohn sagte am ersten Verhandlungstag aus. Er glaubte, seine Eltern hätten versucht, ihn zu vergiften.

Burscheid – Die türkische Armee, die deutsche Polizei und sogar den Geheimdienst in Berlin nennt Tarik U. (Name geändert) dem Richter als seine Auftraggeber. Der 45-jährige Burscheider ist vor dem Kölner Landgericht angeklagt, seinen Vater am 27. Juni vergangenen Jahres vor seinem Haus nahe der Friedrich-Goetze-Straße ermordet zu haben. Er glaubte, sich vor Verfolgern wehren zu müssen. Seine Mutter hätte bereits versucht, ihn mit Tee und Bohnensuppe zu vergiften.

Tatsächlich scheint keinesfalls, wie Tarik U. wähnt, die Mafia hinter ihm her zu sein. Weniger spektakulär, umso trauriger erscheint die Wahrheit hinter der Tat: Dem Angeklagten ist schon vor 15 Jahren eine chronifizierte Psychose diagnostiziert worden.

Seine Frau hat ihn mit beiden Kindern verlassen

Seine Eltern und damalige Ehefrau brachten ihn immer wieder zu Ärzten, doch die verordneten Tabletten hat er nach eigener Aussage nie regelmäßig genommen. Nachdem ihn seine Frau mit den gemeinsamen beiden Kindern verlassen hatte, lebte er in einer Wohnung im Haus seiner Eltern. Im Erdgeschoss kochten sie häufig für ihn und halfen hin und wieder mit Geld aus.

Doch Tarik U. ist noch immer überzeugt davon, seine Eltern hätten „Geld kassiert“ und wären gegen ihn „angeheuert worden.“ Von wem, ist niemandem klar, doch das ist der Grund, wieso der mutmaßliche Täter seinen Vater damals zur Rede stellte. Anscheinend als Beweis für seine Unschuld hatte der 70-Jährige ihm daraufhin seine Geldbörse gezeigt, in der sich nur wenige Scheine befanden, und seinem Sohn das Geld angeboten. Zwischen Blutlachen fand es die Polizei später an der Haustüre.

Mit dem Küchenmesser immer wieder zugestochen

Doch Tarik U. war aus seinem paranoiden Zustand wohl nicht herauszuholen. Er zog ein 16 Zentimeter langes Küchenmesser aus seiner Hosentasche und stach es seinem Vater in den Oberkörper, schilderte der Angeklagte am Dienstag nüchtern.

Erfolglos habe der Vater versucht, sich mit einem Regenschirm, der im Hausflur gestanden hatte, zu wehren. Von mehreren Stichen getroffen, habe er es geschafft, auf die Straße zu fliehen. Der Sohn sei ihm aber gefolgt und habe erst aufgehört, zuzustechen, als er sicher gehen konnte, dass der Vater nicht mehr aufstehen würde. Das blutige Messer räumte er in seine Spülmaschine, bevor er verhaftet wurde.

Das könnte Sie auch interessieren:

An dem Opfer, das blutend auf der Friedrich-Goetze-Straße lag, fuhr zufällig ein Arbeitskollege von Tarik U. vorbei. Der Zeuge stoppte sofort und leistete Erste Hilfe – vergeblich. Der 70-Jährige, sagte der Kollege aus, konnte seine Augen nicht mehr aufhalten, rief nur noch den Namen seines Sohnes. Er verstarb anschließend im Klinikum Leverkusen.

Eine Familientragödie

Dieser erste Zeuge war überrascht von dem, was er nach dem 27. Juni alles über Tarik U., den er nur als Mechatroniker kannte, lernte. Selbstgespräche hätte er zwar häufiger mitbekommen, aber von den zahlreichen zahlreichen Einsätzen der Polizei, die mehrfach gewalttätige Streitereien in der Familie auflösen musste, erfuhr er erst später. Der Fall wirkt wie eine Tragödie, die sich durch die Weigerung des Angeklagten, eine Behandlung anzunehmen, über Jahre hin anbahnte. Der eigene Bruder sitzt Tarik U. nun vor der fünften Großen Strafkammer des Landgerichts als Nebenkläger gegenüber.

„Man darf eigentlich nicht töten, aber im Auftrag musste man das manchmal“, sagte Tarik U. vor dem Schwurgericht aus. Sein Vater sei ein Satanist gewesen, gab der Angeklagte an, ohne genauer beschreiben zu können, was er damit meint. Bereut der Angeklagte den von ihm nicht nur zugegebenen, sondern ausführlich geschilderten Mord? Nur, weil er jetzt in einer Klinik sitzen müsse, antwortete er.

Der Prozess wird in einer Woche fortgesetzt.