Das Klinikum Leverkusen sieht sich für die Zukunft gut aufgestellt und verlässt nach Jahren wohl 2024 wieder die roten Zahlen.
Für 121 Millionen EuroWelche Pläne das Klinikum Leverkusen für seine Erweiterung hat
Das Klinikum Leverkusen ist schon jetzt eines der größten der Region zwischen Köln und Düsseldorf. 750 Betten, 2500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und perspektivisch wird der Maximalversorger weiter wachsen. Im Gespräch mit dem „Leverkusener Anzeiger“ stellten Dr. Anja Mitrenga-Theusinger, medizinische Geschäftsführerin, und André Schumann, kaufmännischer Geschäftsführer, jetzt vor, wohin sich das Klinikum in den kommenden zehn Jahren entwickeln soll.
„Der alte Bebauungsplan ist überarbeitungswürdig“, formuliert Schumann es noch recht vorsichtig. Was die Klinikleitung vorhat, klingt aber nach einer ordentlichen Überarbeitung. Denn zukünftig werde der Bedarf nach Betten im Klinikum noch steigen, sagen die Geschäftsführer. Mindestens 150 neue Betten versprechen sich die beiden von den geplanten Änderungen. Das Jahr 2019, was man als Jahr vor der Pandemie in der Branche oft als Referenzwert heranziehe, habe man im vergangenen Jahr schon übertroffen, sagt Schumann.
Leverkusen: Notfallambulanz ist zu klein
Die Zentrale Notfallambulanz (ZNA) sei deutlich zu klein. Rund 55 000 Patientinnen und Patienten versorge das Klinikum im Jahr, und damit mehr als die Unikliniken jeweils in Köln und Düsseldorf. Deshalb soll den Vorstellungen des Klinikums nach statt der aktuellen ZNA ein neues Bettenhaus entstehen. Die neue ZNA soll dann anstelle des bisherigen Gebäudeteils F gebaut werden. Derzeit sind dort 50 Betten untergebracht. Nach dem Umbau zum neuen Gebäudeteil T könnte im Erdgeschoss die neue ZNA sitzen, inklusive Garagen für fünf bis acht Rettungswagen. In der ersten Etage sei ein ambulantes OP-Zentrum möglich.
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3900 Quadratmeter hätte die neue Notfallambulanz. Jetzt hat der aus den 50- oder 60-Jahren stammende Gebäudeteil F etwa 1200 Quadratmeter. Die Erweiterung sei auch notwendig, weil die bestehenden Räume nicht tief genug seien.
Ebenfalls erweitert werden soll die Bettenstation im Gebäudeteil A. Eine weitere Idee: Wo derzeit die Restaurantterrasse liegt, könnte der neue Haupteingang liegen – mit einem Wendehammer von 24 Metern Länge davor. Auch für Busse. Nur so könne man wirkliche Barrierefreiheit bis zum Eingang gewährleisten. Denn die Verkehrsführung beziehungsweise die Zuwege treiben die Klinikführung derzeit um. Der einzige Zuweg erfolgt über die Straße Am Gesundheitshaus. Für Patienten, Mitarbeiter, Notfallfahrzeuge und Logistik. Das wolle man ändern. Über diese Straße sollen den Plänen nach nur noch Patienten und Mitarbeiter zum Klinikum kommen.
RTW und Lkw sollen demnächst über die nordwestliche Seite aufs Klinikumsgelände kommen. Hinter dem derzeitigen Verwaltungsgebäude, dem Hochhaus, liegt eine Baustraße, die im Westen an die Gustav-Heinemann-Straße anknüpft. Schumann und Mitrenga-Theusinger wollen so auch verhindern, dass die schweren Fahrzeuge über die Paracelsusstraße, also durch ein Wohngebiet, fahren. Die neue Zufahrtsstraße soll einspurig sein. „So müssen wir nicht einen Baum fällen“, glaubt Schumann. Bei einer zweispurigen Straße sehe das anders aus. Vor allem, da sind die beiden Geschäftsführer deutlich, sei eine Erschließungsstraße zu wenig.
Gegen diese Pläne gab es in den zuständigen Ausschüssen bereits Kritik. Weil diese Straße durch das Landschaftsschutzgebiet Unteres Dhünntal führt, lehnt der Naturschutzbeirat diese Pläne ab. Die Klimaliste und Opladen Plus nahmen diese Kritik in einer Bauausschusssitzung im Juni auf, CDU, SPD, Grüne und FDP folgten der Argumentation des Klinikums, nach der der aktuelle B-Plan nicht genügend Raum für Veränderungen biete. „Wir dürfen an manchen Stellen nicht mal eine Fluchttreppe anbauen“, sagt Schumann und meint vor allem die B-Plan-Grenze im Süden des Geländes. An vier Stellen soll der Bebauungsplan deshalb erweitert werden.
Der Taxistand, der sich derzeit vor der Notaufnahme befinde, soll vor den neuen Eingang wandern, die Bushaltestellen seien zu weit weg. Schumann und Mitrenga schwebt vor, eine neue Haltestelle irgendwo unmittelbar am neuen Wendehammer für Busse einzurichten, also wieder nahe dem Eingang.
Zu den weiteren Plänen gehört eine Aufstockung des Palliativgebäudes, Garagen für zwei Notfalleinsatzfahrzeuge der Feuerwehr im Gebäude der alten Pflegeschule im nordwestlichen Teil des Areals und eine Kita dort, wo einst die Tagesklinik für Onkologie lag. Die ist bereits seit Anfang des Jahres ins Ärztehaus umgezogen. Gespräche mit der Awo als Betreiberin der Kita liefen bereits.
Erstmals wieder kein Defizit für Klinikum
121 Millionen Euro auf zehn Jahre verteilt soll das alles kosten. Schumann und Mitrenga erhoffen sich, dass vor allem das Land die Kosten übernimmt. Denn das stellt insgesamt 2,5 Milliarden Euro zur Verfügung, um Bauprojekte für die Krankenhausplanung umzusetzen. Das Ministerium hatte dem Klinikum im ersten Anhörungsverfahren mehrere Leistungen nicht mehr zugesprochen: die Endoprothetik für Hüfte und Knie inklusive Revisionsendoprothetik sowie die Thoraxchirurgie und die Ösophaguschirurgie.
Bis Mitte August will die Klinikleitung das Ministerium noch überzeugen, diese Bewertung anzupassen. „Das Ministerium läuft gerade ein bisschen Gefahr, zu überdrehen“, sagt Mitrenga-Theusinger in Bezug auf nicht zugesprochene Leistungen im gesamten Bundesland, nicht nur für das Klinikum. Solche „krassen Kürzungen“ habe man in der Szene nicht erwartet, auch wenn sie, die auch in der Ärztekammer aktiv ist, betont, dass das Ministerium nach wie vor alle Hebel in der Hand halte. Und man müsse die Bewertung im Gesamtzusammenhang sehen. Schließlich habe das Klinikum als Maximalversorger auch 30 Leistungsgruppen angemeldet.
Etwa 200 Operationen für Hüfte oder Knie (Endoprothetik) nehme das Klinikum vor, dazu kommen etwa 150 Notfalloperationen an der Hüfte. Die kämen in den Berechnungen des Ministeriums allerdings nicht vor. Die beiden Geschäftsführer sind unter anderem deshalb guter Dinge, dass das Ministerium noch seine Bewertungen anpasse. Oder auch, weil zum Beispiel ein OP-Roboter, den das Klinikum noch nicht so lange habe, in die Bewertung nicht eingeflossen sei. Und in der Region zwischen Gummersbach, Köln, Düren, Aachen und Bonn hätten nur drei Kliniken einen solchen Roboter.
Sowohl Mitrenga als auch Schumann befürworten grundsätzlich den Ansatz der Krankenhausreform. Zentralisieren und Spezialisieren sei der richtige Ansatz. Aber: Bei einem Maximalversorger wie dem Klinikum stelle sich die Angelegenheit noch mal anders dar. Als „stark wachsender, überregionaler Versorger“ müsse man auch „komplexe, multimorbide Patienten" versorgen. Also solche, die möglicherweise sich nicht nur einer Hüft-OP unterziehen müssen und wieder nach Hause gehen, sondern solche, die infolge von anderen Erkrankungen oder des Alters weiter behandelt werden müssten. Das könnten kleinere Häuser nicht leisten. Deshalb sei es wichtig, die Angebote beim Maximalversorger aufrechtzuerhalten. Schumann formuliert es so: „Qualität hat auch was mit Masse zu tun.“
Eine erfreuliche Nachricht konnten die Geschäftsführer vermelden: Man plane für das laufende Geschäftsjahr 2024 mit einer schwarzen 0, erstmals seit fünf Jahren wieder. Auch wenn man die Endoprothetik verlieren würde, würde das das Klinikum nicht in wirtschaftliche Schieflage bringen. Zu groß sei die Nachfrage vor allem in der Kardiologie und der Urologie.