Leverkusen – Die ersten Wochen mit einem Neugeborenen sind häufig mit Sorgen verbunden: Trinkt es genug? Funktioniert die Verdauung? Warum schreit es? Damit die aufregende erste Zeit nicht auch noch von finanziellen Sorgen überschattet wird, hat der Staat eigentlich vorgesorgt: Bis acht Wochen nach der Geburt zahlt die Krankenkasse Mutterschaftsgeld, das sich am vorherigen Netto-Gehalt orientiert, dazu gibt es vom Staat Eltern- und Kindergeld.
Alleinerziehende in Schwierigkeiten
Tanja Schulz allerdings bekommt aktuell kein Geld. Das Problem: Sie hat für ihre am 15. März geborene Tochter auch nach sechs Wochen noch keine Geburtsurkunde von der Stadt Leverkusen bekommen. „Um das Mutterschaftsgeld von der Krankenkasse zu beantragen, brauche ich diese aber“, sagt die junge Mutter. Und das bringt die Alleinerziehende in große Schwierigkeiten.
Die Stadtverwaltung gesteht ein, dass im verantwortlichen Standesamt derzeit noch „ein Rückstand aufgrund von zwischenzeitlichen Personalengpässen aufgearbeitet werden muss“. Normalerweise sollte die Bearbeitungszeit aber mittlerweile wieder deutlich unter sechs Wochen liegen. Länger dauere es nur, wenn die Unterlagen nicht vollständig ausgefüllt seien oder noch Auskünfte auswärtiger Ausländerbehörden zur Staatsangehörigkeit des Kindes abgewartet werden müssen.
Beides ist bei Tanja Schulz nicht der Fall, versichert sie. Und von anderen jungen Müttern hört sie auch, dass sie kein Einzelfall ist. Schon bei der Entbindung im Klinikum Leverkusen habe man ihr gesagt, dass die Bearbeitungszeit aktuell bei sechs bis sogar acht Wochen liege.
Keine Termine im Bürgerbüro
Die Alkenratherin hat schon zwei ältere Kinder. „Damals konnte man einfach zum Bürgerbüro gehen, eine Nummer ziehen und die Urkunde abholen“, erinnert sie sich. Ein Anruf bei der Stadt aber macht klar: Besuch nur mit Termin. Und für Geburtsurkunden gibt es keinen Termin, die werden automatisch zugeschickt. Irgendwann.
Das sei aber auch nicht so dramatisch, meint man in der Stadtverwaltung: „Hinsichtlich der Beantragung von Leistungen kann der Antrag gerne vorab gestellt werden, damit die Antragsfrist gewahrt wird. Wenn die Geburtsurkunde noch nicht ausgestellt werden konnte, so kann zunächst die Geburtsbescheinigung des Krankenhauses anerkannt werden.“ Die Original-Geburtsurkunde könne dann nachgereicht werden.
Da hat Tanja Schulz andere Erfahrungen gemacht: „Ich war bei der Krankenkasse mit den Unterlagen aus dem Krankenhaus und dem Mutterpass mit sämtlichen Informationen drin. Sie haben mir gesagt: Zur Auszahlung des Geldes brauchen wir ein Original der Geburtsurkunde.“ Ohne Urkunde keine Mutterschaftsgeld – und ohne Bescheinigung über das Mutterschaftsgeld lässt sich auch das Elterngeld nicht beantragen.
„Fühle mich allein gelassen“
„Ich kann verstehen, dass es mal zu Verzögerungen kommt“, sagt die Altenpflegerin. „Aber ich fühle mich allein gelassen.“ In diesem Monat bekommt sie noch einen kleinen Abschlag von ihrem Arbeitgeber. „Danach habe ich überhaupt kein Geld mehr.“ Immer teurere Lebensmittel, Windeln für das Baby, die Klassenfahrt des Älteren: „Da kommt man richtig in Schwierigkeiten.“ Und selbst wenn die Geburtsurkunde nun bald eintrifft, hören die Sorgen nicht auf. „Bei einer Bekannten von mir hat es dann vier Monate gedauert, bis der Elterngeldantrag durch war und das Geld ausgezahlt wurde“, erzählt Schulz.