Christian Kellers Winter-Neuzugänge haben den Absteiger noch nicht weitergebracht. Dabei hatte der Klub genügend Vorlauf und Geld.
Im engen AufstiegsrennenSchmied und Rondic – Winter-Transfers sind noch keine Hilfe für den 1. FC Köln

Joel Schmied (.l.) und Imad Rondic wechselten in der vergangenen Transferperiode zum 1. FC Köln.
Copyright: IMAGO/DeFodi Images
Sicher, der Zeitraum für eine Bewertung mag kurz sein. Und bei allem Verständnis dafür, dass Neuzugänge aus dem Ausland sich meistens erst in der neuen Umgebung akklimatisieren müssen und dass sich ein Vorgesetzter fast immer schützend vor einen Spieler stellt, verblüffte Christian Keller nach der 0:1-Niederlage des 1. FC Köln beim Karlsruher SC dann doch mit seiner Einschätzung.
Man habe Stürmer Imad Rondic in der abgelaufenen Transferperiode „nicht als Soforthilfe“ verpflichtet, sondern darum, um eine „weitere Option“ zu haben, entgegnete der Sport-Geschäftsführer des 1. FC Köln. In der prekären Situation des Klubs klang das für viele geradezu euphemistisch. Problematisch wird es dann, wenn die personellen Probleme der Mannschaft nicht kleiner, sondern eher größer werden und auch die weiteren Neuzugänge die Mannschaft des Bundesliga-Absteigers bisher zumindest nicht nach vorne bringen konnten…
Beinahe 18 Monate hatten Keller und seine Mitstreiter Zeit, die Winter-Transferphase bestmöglich vorzubereiten. Hinter dem FC lag bekanntlich eine selbst verschuldete Transfersperre und ein Abstieg, jetzt durfte man endlich wieder auf dem Markt mitmischen. Es galt dabei, die Wahrscheinlichkeit auf den Bundesliga-Aufstieg zu erhöhen. Die direkte Rückkehr ins Oberhaus ist das Ziel, eine Verpflichtung für den 142.000 Mitglieder großen Klub, der nicht nur den Kader mit dem höchsten Gesamtmarktwert in der 2. Bundesliga hat, sondern aller Voraussicht nach auch den von den Personalkosten her teuersten.
Alles zum Thema Christian Keller
- Liveblog zum Nachlesen Prinz René I. erreicht Ziel in der Altstadt – Rosenmontagszug offiziell beendet
- Nach 0:1 in Karlsruhe Beim 1. FC Köln muss sich etwas ändern
- Bitteres 0:1 in Karlsruhe hat Folgen FC fällt aus den Aufstiegsrängen
- Nach Derby-Choreografie FC will auf Wutbrief des Innenministers reagieren – Oliver Seeck antwortet „Leverkusen-Fan“ Reul
- Wegen Derby-Choreografie Reul schickt Keller Wutbrief – DFB ermittelt gegen FC
- 2. Fußball-Bundesliga Messer-Banner: Minister schreibt Wutbrief an 1. FC Köln
- Lesermeinungen zur Derby-Choreografie Messer-Transparent beim 1. FC Köln? „Nä, Effzeh: Su nit!“
Finanziell hatte der FC in diesem Winter einen gewissen finanziellen Spielraum, für Zweitliga-Verhältnisse sogar einen enormen. Der Klub hat sich nach großen Anstrengungen konsolidiert und konnte eben ein Jahr lang nichts auf dem Transfermarkt ausgeben. Zudem hatte er einen Abgang zu verzeichnen, der eine stattliche Ablösesumme in die Kasse spülte. Beim großen Torwarttalent Jonas Urbig, der beim FC eigentlich mal eine Ära prägen sollte, hatte man sich in eine Sackgasse manövriert, aus der es am Ende dann aber einen für alle Beteiligten noch guten Ausweg gab. Der 21-jährige Euskirchener wechselte Ende Januar zum FC Bayern München, alleine die Basisablöse soll rund sieben Millionen Euro betragen.
Eine stattliche Summe, die die Spielräume vergrößerte. Sechs Millionen Euro zahlten die Kölner für Rondic (rund 1,5 Mio. Euro, Lodz), Rechtsverteidiger Jusuf Gazibegovic (zwei Mio. Euro, Sturm Graz), Innenverteidiger Joel Schmied (2,5 Mio. Euro, Sion) und Ersatztorhüter Anthony Racioppi (Leihe, Hull). Mit nur einer Ausnahme hat die Konkurrenz diese Mittel nicht. Klammert man einmal den Sonderfall 1. FC Nürnberg mit dem Spieler Stefanos Tzimas aus (der „Club“ zog beim Stürmer eine Kaufoption über 18 Millionen Euro, verkaufte ihn dann aber umgehend für 25 Millionen Euro weiter nach Brighton, um ihn wiederum vom Premier-League-Klub bis Saisonende auszuleihen), gaben im Winter die weiteren 16 Vereine im Schnitt 410.000 Euro für Neuverpflichtungen aus. Und für die Summe ist wesentlich der Hamburger SV verantwortlich, der rund 4,8 Millionen Euro für die Talente Alexander Rossing-Lelesiit und Aboubaka Soumahoro überwiesen haben soll.
1. FC Köln: Transfer-Bemühungen liefen nicht nach Wunsch
Doch von Anfang an lief es bei den Kölner Bemühungen auf dem Transfermarkt nicht nach Wunsch. Im Trainingslager in Andalusien war mit Rechtsverteidiger Gazibegovic (Vertrag offenbar bis 2028) erst ein Neuzugang dabei. „Ich bin nicht zufrieden“, gab Keller während der Tage von Estepona zu, „aber mein Wunschzustand, den ich vor jeder Transferperiode habe, dass zum ersten Training alle geplanten Neuzugänge da sind, den werde ich selten erfüllen können“, führte der umstrittene Sportchef an, dessen Transferbilanz in nunmehr fast dreijähriger Tätigkeit beim FC ohnehin keine ruhmreiche ist.
Schmied (Vertrag bis 2029) kam nach schwierigen Verhandlungen mit Sion dann Mitte Januar, Racioppi Ende Januar ans Geißbockheim. Und Rondic (Vertrag bis 2029) wurde sogar erst am 3. Februar verpflichtet – dem letzten Tag des geöffneten Transferfensters. Die Kölner hatten sich bei der Stürmersuche, der oberste Priorität gegolten hatte, zuvor einige Absagen eingehandelt. Der lange favorisierte Stürmer Ivan Prtajin musste doch bei Union Berlin bleiben, bei Kandidaten wie Luca Kjerrumgaard (Odense) sagte der Klub wegen astronomischer Ablöse-Forderungen selbst ab. Rondic kam dann auf den letzten Drücker und für Außenstehende überraschend zum FC. Und Keller stattete den 26-jährigen Bosnier gleich mit einem Vertrag über viereinhalb Jahre Laufzeit aus.
Zwischenfazit fällt bis dato ernüchternd aus
Doch das Zwischenfazit der Neuzugänge nach acht Pflichtspielen fällt zumindest bisher ernüchternd aus. Keeper Racioppi mal ausgenommen, der als Nummer zwei ohne Einsatz noch nicht zu bewerten ist, konnte bis dato keiner von ihnen die Mannschaft weiterbringen. Schmied spielte zwar mit Ausnahme seines Elfmeter-Blackouts gegen Düsseldorf zumindest meistens solide. Der Schweizer war auf Anhieb für den nach seiner Kopfverletzung nicht einsatzfähigen Julian Pauli in die Mannschaft gekommen. Ob er auch einen fitten Pauli verdrängt hätte, lässt sich nicht sagen, ist aber jetzt obsolet.

Braucht laut FC-Trainer Gerhard Struber noch Zeit: Neuzugang Jusuf Gazibegovic
Copyright: IMAGO/Kirchner-Media
Von Gazibegovic, vom FC als absolute Verstärkung tituliert, hatte man sich bis dato deutlich mehr versprochen. Ein Upgrade zu Eigengewächs Jan Thielmann ist er auf dieser Position jedenfalls nicht. Der Rechtsverteidiger benötige noch „Zeit“, sagte Kölns Trainer Gerhard Struber am Sonntag bei „Sky Austria“, und diese bekäme er auch. „Jusuf wird da reinwachsen“, zeigte sich der Kölner Coach überzeugt. Doch Gazibegovic müsse sich erst an die neuen Abläufe in einer Fünferkette noch anpassen. Aber das werde man in „absehbarer Zeit gut hinbekommen“, so Struber, der zu bedenken gab: „Es ist natürlich etwas anderes, wenn du jetzt vor 50.000 Fans spielst und erwartet wird, dass wir zu Hause sowieso jedes Spiel gewinnen.“
Über Rondic, der bisher nur in Polen und Tschechien gespielt hatte, könnte man das sicherlich genauso sagen. Beim FC fremdelt der Angreifer, dem es offenbar an Tempo fehlt, zudem noch mit der Spielweise. Folglich wirkt er bis dato eher wie ein Fremdkörper.
Dabei wäre vor allem ein treffsicherer Stürmer für den FC dringend notwendig. Die Kölner haben in diesem Jahr erst fünf Tore in sieben Zweitliga-Partien erzielt. Der FC tut sich ungemein schwer, vorne gefährlich zu werden; von den ersten zehn Mannschaften in der Tabelle kommt nur Hannover (31 Tore) auf weniger Treffer als das Struber-Team (37).
Ändert Trainer Struber erneut seine Grundordnung?
Das hat nicht nur, aber auch damit zu tun, dass mit Tim Lemperle (wechselt nach der Saison ablösefrei zur TSG Hoffenheim) der in der Hinrunde lange Zeit beste Torjäger des FC bereits seit Anfang Dezember der Mannschaft verletzungsbedingt fehlt und Routinier Mark Uth auch in dieser Saison den Kölnern weiter keine Hilfe ist. Der von Verletzungen heimgesuchte Porzer stand insgesamt erst 37 Minuten auf dem Platz. Luca Waldschmidt gibt weiterhin Rätsel auf und kann die in ihn gesetzten Erwartungen jedenfalls nicht erfüllen. Steffen Tigges hat sein letztes Tor im Mai 2024 erzielt. Der junge Damion Downs (neun Liga-Tore) spielte zwar stark auf, doch der 20-Jährige kann die fehlende Offensivschwäche nicht alleine kompensieren. Und jetzt fällt in Linton Maina auch noch der in dieser Saison formstärkste Kölner Offensivspieler verletzungsbedingt mehrere Wochen aus.
Weil die Probleme offensichtlich waren und weitere Verletzungen nie ausgeschlossen werden können, sollten die Neuen wie Rondic eigentlich sofort weiterhelfen, um das Ziel Aufstieg nicht zu gefährden. Doch bis dato war eher der Wunsch der Vater von Kellers Gedanken.
Das Gute aus Kölner Sicht: Obwohl der FC nach der bereits siebten Saisonniederlage auf Platz fünf zurückgefallen ist, ist bei noch zehn ausstehenden Spielen weiter alles drin. Etliche Konkurrenten haben ebenfalls größere Probleme, kein Team konnte sich absetzen, in der Liga geht es sagenhaft eng zu. Womöglich ändert Struber am kommenden Samstag (13 Uhr) beim Vorletzten Ulm wieder seine Herangehensweise und seine Grundordnung. Davon könnten vielleicht dann auch die Neuen wie Gazibegovic oder Rondic profitieren – so zumindest die Hoffnung.