Mit dem Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals untermauert Leverkusen einmal mehr Titelambitionen. Dabei ist ein neuer Faktor im Spiel.
Dritter Last-Minute SiegLeverkusen zeigt ungewohnte Eigenschaften unterm Bayer-Kreuz
Durch den 3:2-Erfolg im Viertelfinale des DFB-Pokals gegen den VfB Stuttgart ist Bayer 04 Leverkusen erstmals seit 2020 wieder ins Halbfinale eingezogen. Mit dem Sieg in letzter Minute bestätigte die Elf von Bayer-04-Trainer Xabi Alonso einen beeindruckenden Trend: Erneut entschied die Werkself ein enges Spiel für sich – und wieder in den letzten Minuten.
Drei Siege in der Nachspielzeit
Das Spiel in Augsburg zum Jahresauftakt Anfang Januar entschied Exequiel Palacios mit seinem Treffer in der 94. Minute zum 1:0-Endstand. Eine Woche später in Leipzig gewann Leverkusen durch Piero Hincapies Tor in der 92. Minute 3:2. Nun das Viertelfinale gegen Stuttgart: Nach Flanke von Florian Wirtz köpfte Jonathan Tah den Ball über die Linie, in der 90. Minute. Die Werkself entschied damit drei der fünf vergangenen Spiele in den letzten Minuten, zwei davon gegen Spitzenmannschaften, gegen Leipzig und Stuttgart. Gute Voraussetzungen für das Duell mit dem FC Bayern am Samstag (18.30 Uhr/WOW). Dass und vor allem wie solche Partien gewonnen werden, nährt bei Fans und Spielern der Werkself die Hoffnung auf einen Titel-Coup in dieser Saison. „So eine Mentalitätssache gibt uns einen Schub, auch für das Spiel gegen die Bayern“, beschrieb Robert Andrich, Torschütze zum 1:1-Ausgleich, die Wirkung des Last-Minute-Treffers.
Bayer-Abwehrchef Tah ist die dabei die Verkörperung dessen, was Leverkusen aktuell so erfolgreich macht: Wille und Überzeugung. „Ich wollte den Ball unbedingt haben. Als die Flanke von Florian Wirtz dann reinkam, dachte ich mir nur: Du machst den jetzt rein, egal wie, mit voller Überzeugung“, beschrieb Tah nachdem Spiel.
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Rückschläge beeindrucken kaum
Die Siegermentalität, die Trainer Alonso, aber auch Zugänge wie Granit Xhaka oder Alejandro Grimaldo in den Verein integrieren, spiegelt sich auf dem Spielfeld wider. Mit „Herz, Glaube und Kampf“ spiele seine Mannschaft, beschreibt Trainer Alonso: „Das ist die DNA unserer Mannschaft. Ich freue mich, dass wir mit Herz gewinnen, alles versuchen, bis zum letzten Moment. Wir besprechen nicht, was wir in der Nachspielzeit tun, es ist immer schwer zu planen, was da auf dem Platz passiert. Aber die Überzeugung, die Mentalität, Spiele zu gewinnen, ist in unserem Kopf. Auch in den schlechten Momenten im Spiel gegen Stuttgart.“
Trotz zwischenzeitlicher Rückstände wie gleich zweimal in Leipzig oder gegen Stuttgart liefert die Werkself weiterhin ihr dominantes Spiel. Mit Erfolg. Zwar ist Spielglück ein Teilfaktor, aber nicht der ausschlaggebende. Es ist kein Zufall, dass Leverkusen in den letzten Minuten noch entscheidende Chancen hat, sondern vielmehr das Ergebnis aus Überzeugung und Zielstrebigkeit vor dem Tor. Beleg dafür ist auch Florian Wirtz, der schwer in die Partie gegen Stuttgart fand, nach dem Seitenwechsel aber aufdrehte und mit Biss in den Zweikämpfen und herausragenden Torvorlagen die Stuttgarter Defensive vor arge Probleme stellte.
Bayer 04 zeigt Kampfgeist
Die Leverkusener waren jedoch im Spiel nicht vollends souverän. Gegen mutig und taktisch herausragend eingestellte Stuttgarter musste die Werkself andere Qualitäten auf dem Rasen zeigen. Die vielzitierte „Spielkontrolle“, die Alonso stets predigt, gab es nicht. Kampfgeist war gefragt. Der VfB gewann fast 60 Prozent der Zweikämpfe und bremste Leverkusen damit deutlich ein. Alonso sprach nicht umsonst von der besten Mannschaft, die sich in der laufenden Saison bislang in Leverkusen vorgestellt hatte. Dennoch gewannen die Rheinländer. Einmal wegen Wirtz' spielerischer Klasse. Größtenteils aber durch Kampfgeist und ihre Mentalität, nicht aufzugeben.
Eigenschaften, mit denen man Bayer 04 Leverkusen eher nicht verband. In der Vergangenheit spielte die Werkself häufig schönen Fußball, jedoch allzu oft ohne Ertrag. Der letzte Titel ist 30 Jahre her, zum Bundesligameister konnte sich der Verein noch nie krönen. Stand die Werkself kurz davor, verlor man mit Pech, oder es folgten Einbrüche in der Saison, die andere Teams ausnutzten. Wie im Jahr 2002, als man nicht nur im Finale des DFB-Pokals und der Champions-League verlor, sondern auch die Meisterschaft im letzten Moment herschenkte. Doch das ist derzeit nicht absehbar, obgleich noch nichts gewonnen ist. Die Mannschaft ist gefestigt und lässt sich auch von Rückschlägen nicht beeindrucken. 30 Pflichtspiele in Serie hat Leverkusen nicht verloren.
Das Spiel gegen die Bayern wird die Meisterschaft noch nicht entscheiden. Aber es ist eine weitere Bewährungsprobe. Über ein erneutes entscheidendes Tor in der Nachspielzeit würden sich die Bayer-Verantwortlichen am Samstag wohl nicht beschweren.