Harald Rau ist als Sozialdezernent im Ratsbündnis nicht frei von Kritik. Doch die CDU hat Gründe, sich nicht gegen eine Wiederwahl zu stellen.
Spitzenjobs in KölnSozialdezernent dank Grünen vor neuer Amtszeit – Kein Gegenwind von CDU
Der Kölner Sozial- und Gesundheitsdezernent Harald Rau kann sich Hoffnungen auf eine zweite Amtszeit machen. Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ist die Tendenz der Grünen, die maßgeblich über die Besetzung des Dezernats entscheiden, eine weitere Amtszeit mit Rau zu bestreiten. Die Entscheidung steht demnach intern bevor, offiziell kommuniziert ist allerdings noch nichts. Innerhalb der Grünen-Ratsfraktion müssen noch entsprechende Absprachen getroffen werden.
Wie alle anderen Dezernenten muss Rau von der Mehrheit des Stadtrats bestätigt werden, um für bis zu weitere acht Jahre im Amt zu bleiben. Sein Vertrag läuft bis Ende Juli. Das Vorschlagsrecht der Grünen für seinen Posten ist im Bündnisvertrag zwischen Grünen, CDU und Volt geregelt. CDU-Fraktionschef Bernd Petelkau kündigte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber bereits an, er werde Rau keine Steine in den Weg legen. „Die Besetzung ist ausschließlich die Sache der Grünen-Fraktion“, sagte Petelkau. „Dass wir mitstimmen, wenn die Grünen ihn für eine weitere Amtszeit vorschlagen, ist selbstverständlich. Alles andere würde zum Bruch des Bündnisses führen“, betonte Petelkau. Er selbst sei bislang noch nicht über den Stand der Personalie informiert worden.
Grüne und CDU: Streit um die Stadtspitze unerwünscht
Auch der Vertrag von Stadtdirektorin Andrea Blome läuft aus, auch über ihre Zukunft wird im Lauf des Jahres entschieden. Hier hat die CDU das Vorschlagsrecht. Petelkaus Aussagen sind vor diesem Hintergrund machtpolitisch zu deuten: Der Preis für die Zustimmung zur Verlängerung von Rau ist für die Grünen, dass die CDU freie Hand bei der Entscheidung über Blomes Zukunft oder einen möglichen neuen Stadtdirektor hat.
Alles zum Thema Stadtrat Köln
- Kung Fu im Weihnachtspullover SPD-Politiker tritt in Kneipe auf AfD-Mann ein – Rassistische Rede als Auslöser?
- Jahresrückblick 285 Millionen Euro großes Finanzloch versetzt Leverkusen in Schockstarre
- Hebesätze So hat der Stadtrat Frechen zur Grundsteuer entschieden
- Keine weitere Belastung Stadtrat beschließt niedrigeren Hebesatz für Grundsteuer in Köln
- Müllgebühren, Hänneschen, Kliniken Diese Entscheidungen hat der Kölner Stadtrat getroffen
- Fähre Kölner Stadtrat sichert Verbindung von Leverkusen-Hitdorf nach Langel für ein Jahr
- Kölner Taxi-Gewerbe kämpft um Existenz „Einen Preiskampf gegen Uber können wir nicht gewinnen“
Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ präferiert Junior-Partner Volt in beiden Fällen eigentlich eine Neubesetzung, ist jeweils nicht vollends zufrieden und wünscht sich neuen Schwung im Stadtvorstand. Ein Vorschlagsrecht für Volt gibt es allerdings nicht. Offiziell äußert sich die Fraktionsspitze zu dem Thema bislang zurückhaltend: „Unser Anliegen ist es, die bestmögliche Entscheidung im Sinne der Kölnerinnen und Kölner zu treffen“, sagte Volt-Fraktionschefin Jennifer Glashagen über die beiden Personalien, die gewisse Parallelen aufweisen.
Rau und Blome sind älter als 60 Jahre und könnten vor dem Ende ihrer zweiten Amtszeit in den Ruhestand gehen. Kein unwesentlicher Faktor, denn normalerweise wollen die Parteien ihre Besetzungen möglichst langfristig sicherstellen. Zudem standen Rau und Blome beide zuletzt in der Kritik. Blome unter anderem infolge eines Prüfberichts, der erhebliche Sicherheitslücken und fragwürdige Zahlungen des Ordnungsamtes im Straßenkarneval aufgedeckt hatte.
Rau als Kölner Sozialdezernent in der Kritik, in der Pandemie geschätzt
Für Harald Rau war es ebenso ein schwieriges Jahr 2023, er wurde zwischenzeitlich zur Feindfigur einiger Ehrenamtler und Betroffener, als er das Wohnprojekt „Obdachlose mit Zukunft“ (OMZ) in Deutz kurzfristig und früher als geplant stoppen ließ. Auch seine Rolle im Kuratorium der Stiftung des Porzer Krankenhauses hatte Fragen aufgeworfen. Hier war im Sommer plötzlich binnen weniger Tage eine Zahlung von neun Millionen Euro durch die Stadt an das Krankenhaus notwendig, das ansonsten in eine Insolvenz gelaufen wäre. Das Thema erwischte den Stadtrat kalt, inzwischen wurden weitere Millionen notwendig.
Nicht gut kam zudem seine erfolglose Kandidatur als Oberbürgermeister in Offenburg im Jahr 2018 an, die für manch einen politischen Gegner belegte, dass Rau gedanklich nicht in Köln beheimatet ist. Aber auch, wer es gut meint mit Rau, sagt: So etwas darf es nicht nochmal geben. Im Sozialbereich sind einige Fachpolitiker unzufrieden mit seinem Auftreten, halten es für wenig leidenschaftlich. Der Drogenkonsumraum am Neumarkt wird viel langsamer ausgeweitet als erhofft.
Besser bewertete der Stadtrat Raus Arbeit in der Corona-Pandemie. Das Gesundheitsamt wurde unter dem damaligen Leiter Johannes Nießen binnen weniger Monate grundlegend umstrukturiert, es führte Studien durch und Methoden ein, die deutschlandweit beachtet wurden. Auch wenn Nießen mehr Bekanntheit erlangte, lag die Verantwortung stets bei Rau. Geschätzt wird Raus kommunikative Art und seine professionelle Zuverlässigkeit, für die sein Dezernat in der Pandemie auch von den Kliniken und der Ärzteschaft immer wieder gelobt worden ist. Auch bei der Aufnahme ukrainischer Geflüchteter ist es Raus Ämtern insgesamt gut gelungen, schnell funktionierende Strukturen aufzubauen.
Harald Rau: „Ich werde immer wirksamer in meinen Themen“
Er selbst würde gerne weitermachen. „Ich habe großes Interesse an einer weiteren Amtszeit und würde mich über eine Wiederwahl freuen“, sagte er dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Er fühle sich auch über die Grünen hinaus „durchaus unterstützt“. „Ich merke, dass ich nach den ersten Jahren jetzt immer wirksamer in meinen Themen werde. Ich habe die Verbindung zwischen politischen Anliegen und Verwaltungshandeln inzwischen verinnerlicht und weiß, wie ich die von mir verantworteten Themen, das Soziale, die Gesundheit und das Wohnen, für Köln gestalten kann“, sagte er.
Sein Dezernat habe ein modernes Management etabliert und in der Pandemie „haben wir organisatorisch große Schritte nach vorne gemacht“, so Rau weiter. „Wir haben in dieser Krise im Gesundheitsamt und ganz aktuell zur Umsetzung der Wohngeldnovelle im Wohnungsamt in kurzer Zeit viele Stellen besetzen können. Ich fühle uns auf einem guten Weg, bin mir dabei auch der großen Herausforderungen und vieler weiterbestehender Notlagen bewusst“, sagte er.
Rau wäre zum Start seiner zweiten Amtszeit im August 62 Jahre alt. Von der Rente sei er gedanklich weit entfernt: „Insgesamt kann ich mir gut vorstellen, die acht Jahre einer zweiten Amtszeit voll zu machen und auch über die übliche Renteneintrittsgrenze hinaus zu arbeiten. Die Rente ist etwas, was mich derzeit überhaupt nicht beschäftigt.“ Auch Blome kündigte bereits an, für eine Wiederwahl „zur Verfügung“ zu stehen.