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KorruptionsverdachtDiese Vorwürfe stehen gegen die Kölner CDU im Raum

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Dunkle Wolken über dem Kölner Dom.

Dunkle Wolken über dem Kölner Dom. Die CDU hat eine Selbstanzeige gestellt.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Spende eines Bauinvestors und dem Abstimmungsverhalten der Kölner CDU? Das will die Bundes-CDU prüfen.

Die Bundesgeschäftsstelle der CDU hat nach Informationen der „Zeit“ und des ARD-Politikmagazins „Kontraste“ eine Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung gestellt. Es soll demnach um eine möglicherweise illegale Spende des Düsseldorfer Projektentwicklers Gerchgroup an die Kölner CDU gehen. Das Unternehmen soll der Partei im Jahr 2017 50.000 Euro überwiesen haben.

Ein Sprecher der Bundes-CDU bestätigte die Selbstanzeige gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Mittwochmorgen, er teilte mit: „Die CDU Deutschlands hat am 28. September 2023 auf Wunsch und Hinweis des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen und des Kreisverbandes Köln prophylaktisch Selbstanzeige bei der Bundestagsverwaltung eingereicht.“

Kölner CDU sorgt sich, ob Spende legal war

Laut des Sprechers befürchtet der Vorstand der Kölner CDU, mit der Spende gegen das Parteiengesetz verstoßen zu haben, das soll nun die Bundestagsverwaltung prüfen. Im Parteiengesetz heißt es: „Von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen ausgeschlossen sind: Spenden, die der Partei erkennbar in Erwartung oder als Gegenleistung eines bestimmten wirtschaftlichen oder politischen Vorteils gewährt werden.“ Zuvor hatte die NRW-CDU das Thema aus Köln nach Berlin weitergeleitet.

Hat die Gerchgroup der CDU also die Summe gespendet in Erwartung, dass die Partei ihr großes Bauprojekt am Dom unterstützt und der Investor möglicherweise weniger Wohnungen bauen muss als vorgeschrieben? Die Gerchgroup baut 200 Meter südlich des Doms zwei neue Gebäudeblöcke mit Wohnungen, einem Hotel und Gewerbe. Das Projekt firmiert unter dem Namen „Laurenz-Carré“. Der Artikel der beiden Medien-Formate ist überschrieben mit „Korruptionsverdacht bei Kölner CDU“.

Kölner CDU-Politiker Ralph Elster verteidigt das Handeln

Der damalige CDU-Schatzmeister und jetzige Kölner Bürgermeister Ralph Elster teilte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ am Dienstagabend mit: „Wir haben im Zuge des Bundestagswahlkampfes eine Spende in der genannten Höhe von der Gerchgroup erhalten. Die Spende ist seinerzeit ordnungsgemäß erfasst worden und mit dem Rechenschaftsbericht der Kreispartei für das Jahr 2017 veröffentlicht worden. Die Spende ist damals wie andere Zuwendungen auch von dem von uns beauftragten Wirtschaftsprüfer geprüft und für ordnungsgemäß erklärt worden. Es gab selbstverständlich keine uns bekannte mit der Spende verknüpfte Erwartungshaltung.“

Aktuell ruht der Bau am Roncalliplatz, die Gerchgroup ist insolvent, auch wenn die untergeordneten Projektgesellschaften für das Kölner Projekt noch nicht insolvent sind. Die Gerchgroup wollte an der Stelle am liebsten auf den öffentlich geförderten Wohnbau verzichten, er gilt als wenig lukrativ wegen der festgelegten relativ niedrigen Mieten. Der Vorstandsvorsitzende Mathias Düsterdick hatte nach dem Kauf im Jahr 2017 der „Kölnischen Rundschau“ zum öffentlich geförderten Wohnungsbau gesagt: „Das stelle ich mir schwierig vor. Ich hoffe auf die Einsicht der Stadt, dass es dort nicht geeignet ist.“ Doch das Kooperative Baulandmodell schreibt an der Stelle wohl nur in Ausnahmefällen vor, dass auf mindestens 30 Prozent öffentlich geforderten Wohnraum verzichtet werden kann.

CDU stimmte auch mal gegen den Investor

Laut Bericht von „Zeit“ und „Kontraste“ ging die Spende im August 2017 ein, im September stimmten CDU und FDP gegen einen Antrag für eben jene 30 Prozent-Verpflichtung. Das geht aus dem Ratsinformationssystem der Stadt hervor. Allerdings gab es eine neue Wendung gut zwei Jahre später: Die Gerchgroup bot der Stadt an, auf dem Deutz-Areal im Mülheim im Gegenzug mehr Wohnungen dieser Art zu bauen, wenn sie darauf am Dom verzichten darf. Doch das lehnte der Stadtrat im März 2020 mehrheitlich ab, um keinen Präzedenzfall für andere Investoren zu schaffen. Auch die CDU stimmte damals gegen die Gerchgroup.

Ratsmitglied Elster teilte mit: „Alle im Kontext mit dem Vorhaben der Gerchgroup stehenden, relevanten und notwendigen Beschlüsse wurden einstimmig beziehungsweise mit einer großen, parteiübergreifenden Mehrheit beschlossen und auch so protokolliert. Es ist uns nicht bekannt, auf welchen konkreten und belegbaren Sachverhalt der Vorwurf einer nicht ordnungsgemäß behandelten Spende gestützt wird.“

Aktueller Schatzmeister will sich nicht äußern

Der Sprecher der Bundes-CDU teilte zu der Prüfung durch die Bundestagsverwaltung mit: „Die Prüfung ist bisher nicht abgeschlossen, weswegen wir über etwaige Konsequenzen derzeit keine Auskunft geben können.“

Aus dem Parteivorstand der CDU wurde die Selbstanzeige am späten Dienstagabend dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bestätigt. Parteichef Karl Mandl war am Dienstagabend nicht zu erreichen, sein Schatzmeister Sebastian Benz wollte sich dazu nicht äußern. Auch Gerchgroup-Vorstandsvorsitzender Mathias Düsterdick war am Dienstagabend kurzfristig telefonisch nicht zu erreichen.

Ein Fraktionsmitglied bezeichnete die Vorwürfe als „haltlos“, ein anderes Mitglied sprach davon, „kein gutes Gefühl“ zu haben. Der damalige Parteichef und jetzige Fraktionschef Bernd Petelkau war am Abend kurzfristig nicht erreichbar.

Aus Partei und Fraktion ist zu hören, dass die immer wieder neuen Vorwürfe Teil des immer noch ausgetragenen Lager-Streits in der Partei sind. Mandl und die innerparteiliche Opposition „Zukunft jetzt“ hatten Petelkau zwei Jahre lang verbal heftig attackiert, im zweiten Anlauf gewann „Zukunft jetzt“ im März die Wahl um den Parteivorsitz. Zuletzt hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ berichtet, dass die Partei über Jahre fehlende Mitgliedsbeiträge nicht angemahnt hat und hunderte Tausende Euro Schulden hat.