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Ohne die SPD geht nichtsBefürwortern des Kölner U-Bahn-Tunnels könnte eine einzige Stimme fehlen

Lesezeit 4 Minuten
14.04.2024
Köln:
Testfahrten mit 90-m-Langzügen auf der Ost-West-Achse zwischen Bahnhof Deutz/Messe und Neumarkt.
Foto: Martina Goyert

Die KVB simulierte im April 2024 bei Testfahrten mit 90-Meter-Langzügen die Belastung für den Verkehr.

Die Tunnel-Befürworter im Stadtrat, CDU und FDP, haben auch dann noch keine Mehrheit, wenn sie die SPD auf ihre Seite ziehen.

Es sieht danach aus, als komme nicht nur den 19 Mitgliedern der SPD-Ratsfraktion im Stadtrat beim politischen Streit um die Frage, ob der Ausbau der Ost-West-Achse in der unterirdischen oder oberirdischen Variante beschlossen wird, die entscheidende Rolle zu. Dass vor der letzten Ratssitzung des Jahres am Donnerstag, 12. Dezember, noch ein Kompromiss gefunden wird, auf den sich alle großen Fraktionen verständigen können, ist äußerst unwahrscheinlich. Die Hoffnung von Oberbürgermeisterin Henriette Reker nach einer breiten Mehrheit wird sich nach jetzigem Stand wohl nicht erfüllen. Sie macht sich für die Tunnel-Lösung stark. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie viele Stimmen sind für die Mehrheit erforderlich?

Der Stadtrat hat 90 Mitglieder, also 46. Die U-Bahn-Befürworter (CDU, FDP) kämen mithilfe der SPD und einschließlich der Stimme der Oberbürgermeisterin nur auf 45 und wären davon abhängig, wie sich die AfD oder Die Partei verhalten.

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Wie ist die Gemengelage bei den Tunnel-Gegnern?

Die Grünen, mit 26 Sitzen die stärkste Fraktion, haben nach Informationen unserer Zeitung für eine modifizierte oberirdische Ausbauvariante Volt (vier Sitze), die Linke (sechs Sitze), die Ratsgruppe Gut/Klima-Freunde (zwei Sitze) und den Ratsherrn Thor Zimmermann gewinnen können. Die Veränderungen zielen auf eine weitere Reduzierung des Autoverkehrs in der Innenstadt ab.

Der gemeinsame Antrag enthält auch eine langfristige Perspektive für den Bau einer weiteren Ost-West-Verbindung, die dem von der SPD-Fraktion geforderten Plan der Untertunnelung des Rheins Rechnung trägt und der Grundstein für eine echte Metro-Linie sein könnte, deren Trassenführung aber völlig offenbleibt. Ziel dieser zweiten Ost-West-Achse sollen eine deutliche Erweiterung des KVB-Netzes und ein dichteres Stadtbahnnetz sein. Nur mit den Stimmen der 19 Mitgliedern der SPD-Fraktion ließe sich dieses Konzept durchbringen, will man nicht auf die sieben Stimmen von AfD (vier Mandate) und Die Partei (drei Sitze) angewiesen sein.

Wie sehen die Pläne der U-Bahn-Befürworter aus?

Die sind von der FDP-Fraktion vom Grundsatz schon präsentiert worden und werden auch einige Modifizierungen enthalten. Danach soll die U-Bahn stadtauswärts erst hinter der Kreuzung Aachener Straße/Universitätsstraße an die Oberfläche kommen, die unterirdische Anbindung der Universität soll vorsorglich mitgedacht werden. Der Ausbau wäre aber Zukunftsmusik.

Der unterirdische Abzweig der Linie 9, die vom Neumarkt kommend erst am Mauritiussteinweg aus dem Tunnel käme, ist vom Tisch. Sie soll weiterhin als Straßenbahn von der Deutzer Brücke kommend Richtung Sülz oberirdisch fahren. Die SPD-Forderung nach einer Untertunnelung des Rheins wird in die langfristige Planung aufgenommen. Für diese Variante sind CDU (20 Sitze) und FDP (fünf) ebenfalls auf die Unterstützung der SPD angewiesen. Sie allein reicht für eine Tunnel-Mehrheit aber nicht.

Selbst mit der Stimme der Oberbürgermeisterin käme das Bündnis nur auf 45. Es fehlt also eine Stimme. Auf die Unterstützung der AfD oder der Gruppierung Die Partei wollen sich die U-Bahn-Befürworter natürlich nicht einlassen.

Der FDP-Plan soll auch die Vision einer großen U-Bahnlösung für Köln enthalten. Die Liberalen sind optimistisch, die Grünen mit ihrem Gesamtpaket doch noch auf ihre Seite ziehen zu können. Das käme dann Rekers Wunschvorstellung von einer breiten Mehrheit ziemlich nahe.

Und was sagt die so heftig umworbene SPD-Fraktion?

Im Juli hatte sich Fraktionschef Christian Joisten für eine Doppellösung starkgemacht. Sie spricht sich für einen langen U-Bahn-Tunnel aus, der in Deutz beginnt und unter dem Rhein bis zum Aachener Weiher führt. Dort sollen die Stadtbahn-Linien 1 und 9 fahren, während die Linie 7 oberirdisch auf dem alten Linienweg nach Sülz fährt. Auf den Tunnelabzweig zwischen Neumarkt und Rudolfplatz nach Sülz kann so verzichtet werden.

Wird die Entscheidung noch in diesem Jahr fallen?

Das ist völlig offen. Dazu müsste es vorab wohl noch eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses geben.

Welche Fördersummen kann Köln erwarten?

Auf Basis der bisherigen Schätzungen, der Tunnel würde danach 1,06 Milliarden Euro, die oberirdische Variante 193 Millionen kosten, hat die Stadtverwaltung berechnet, dass die Stadt bei der bestmöglichen Förderung bei der U-Bahn-Variante mindestens 20 Prozent selbst zahlen müsste. Der Eigenanteil bei der oberirdischen Lösung beträgt mindestens 26,8 Prozent. Inwieweit die grundsätzlich zuwendungsfähigen Kosten am Ende aber auch anerkannt werden, stehe im Voraus nicht fest. „Zudem liegt die sogenannte reale Förderquote bezogen auf die Gesamtkosten des Vorhabens nach Abschluss der Maßnahme aufgrund von Änderungen im Projektverlauf erfahrungsgemäß niedriger“, heißt es in den Unterlagen des Kriterienkatalogs.

Was sagen die U-Bahn-Gegner, die sich in einem Bündnis zusammengeschlossen haben?

Das Kölner Bündnis für Verkehrswende hält den 2,7 Kilometer langen Tunnel grundsätzlich nicht für förderfähig und verweist auf ein in ihrem Auftrag erstelltes Gutachten, nach dem sich die berechneten kürzeren Reisezeiten einer U-Bahn durch lange Umsteigewege in den Stationen nicht halten lassen und den Fahrzeitvorteil auffressen. Der Gutachter kommt zu dem Schluss, dass die U-Bahnvariante damit beim Kosten-Nutzen-Faktor an der kritischen Marke von 1,0 kratzt und damit nicht mehr förderfähig ist. Die oberirdische Lösung liege hingegen deutlich jenseits des bisherigen Werts von 1,3.